Da werden sich die Filmemacher freuen. Pünktlich zum Start ihrer Dokuserie „Kill Bitcoin“ auf Sky heute Abend, hat das US-Außenministerium eine Belohnung von fünf Millionen Dollar für Hinweise auf Ruja Ignatova ausgesetzt.
Wasshington. Die Belohnung für „Informationen zur Deutschen Ruja Ignatova“ stammt aus dem Programm zur transnationalen Bekämpfung des organisierten Verbrechens. Die fünf Millionen soll bekommen, wer Informationen über Ignatova besitzt, die zu ihrer Festnahme und oder Verurteilung führen.
Das Außenministerium führt in seinem Post vom Mittwoch aus, Ignatova werde gesucht, weil sie „an einem der größten Betrugsverbrechen der Welt“ aktiv beteiligt war. Im Oktober 2017 habe das Bezirks-Gericht im südlichen Distrikt von New York sie deshalb angeklagt. Wenige Tage später, am 25. Oktober 2017, flog sie nach Athen – und ist seither verschwunden.
Levy: Ignatova lebt
Der britische Anwalt Jonathan Levy erklärt in einer Mail an die NRWZ, er halte diese Aktion des US-Außenministeriums für „sehr signifikant“. Üblicherweise nutze die US-Regierung dieses Sonderprogramm, um nach gefährlichen Figuren der organisierten Kriminalität zu fahnden, die in Verbindung zur Mafia, russischen Oligarchen oder Narco-Terroristen stünden.
Die Belohnung, die auf Ruja Ignatova ausgesetzt sei, sei am oberen Ende der Möglichkeiten angesiedelt, schreibt Levy. „In derselben Höhe wie für den ‚Boss der Bosse‘ der russischen Mafia Semion Mogilevich“. Auch auf ihn sind fünf Millionen Dollar ausgesetzt.
„Das zeigt, sie (Ignatova) ist nicht nur am Leben, aber steht in Verbindung zu einer internationalen Mafia-Organisation, die eine weltweite Bedrohung darstellt“, schließt Levy.
Bartlett: „Kann funktionieren“
In der BBC hat Jamie Bartlett erklärt, das FBI versuche wahrscheinlich, „Leute aus Dr. Rujas Umgebung“ aus der Reserve zu locken und die FBI-Hotline anzurufen.
Mit 100.000 Dollar wäre das für Gang-Mitglieder oder Bodyguards viel zu riskant. „Aber fünf Millionen…“ In ein paar Wochen würden wir wissen, ob es funktioniert, meint Bartlett.
Bulgarien und USA wollen zusammenarbeiten
Ebenfalls am Mittwoch gab es in Sofia eine gemeinsame Pressekonferenz des US-Botschafters Kenneth Merten und des bulgarischen Generalstaatsanwalts Borislav Sarafov, wie Novinite berichtet.
Dort hätten die Verantwortlichen erläutert, wie die USA und Bulgarien die kriminellen Aktivitäten im Zusammenhang mit OneCoin gemeinsam untersuchen wollten. Welche konkreten Vorwürfe man gegen Ignatova erhebe, sei nicht erläutert worden, Fragen von Journalisten nicht zugelassen gewesen, so Novinite.
Beschlagnahmeaktionen angekündigt
Plamen Tonchev vom bulgarischen Nationalen Sicherheitsamt habe die Arbeit von OneCoin beleuchtet. Dabei habe er auf die Registrierung in Gibraltar verwiesen und die vielen Aktivitäten von OneCoin im mittleren und fernen Osten geschildert.
Er habe auch von den Bulgarischen Aktionen gegen OneCoin berichtet, etwa der Beschlagnahme von größeren illegalen Mitteln, und bevorstehenden Aktionen, um Eigentum, das mit illegalen Mitteln erworben wurde, zu beschlagnahmen. Sarafov habe sich erfreut über die Zusammenarbeit mit dem FBI gezeigt und die internationale Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der organisierten Kriminalität betont.
Die Sky-Doku
Die Zahl der Dokus zu OneCoin wird langsam unübersichtlich. Neben einigen ambitionierten Filmen, die auf ARTE, in der ARD und im ZDF gelaufen sind, kursiert auch eine Menge schnell zusammengeklöppeltes Zeug im Internet.
Doch seit heute gibt es eine weitere ernsthafte Doku-Reihe – allerdings nur im Bezahlfernsehen Sky. „Kill Bitcoin – die Kryptoqueen und Ihr OneCoin-Betrug.“ Und Schramberg ist wieder dabei. (Update: die erste Folge ist auf Youtube kostenfrei zu sehen.)
Schramberg: zweifelhafter Ruhm
„Das Städtchen Schramberg, idyllisch im südwestlichsten Zipfel der Republik gelegen, schafft es selten in Schlagzeilen jenseits des ‚Schwarzwälder Boten‘ “, bemerkt der Filmkritiker der FAZ Bert Rebhandl etwas süffisant. Doch dank der in Schramberg aufgewachsenen Ruja Ignatova habe Schramberg einen „echten claim of fame“, einen Anspruch auf Ruhm sozusagen.
Wichtige zehn Jahre verbrachte Ignatova als Kind und Jugendliche in Schramberg. Was hat sie hier geprägt? Hat sie hier etwas gelernt, was sie später als OneCoin-Betrügerin verwertet hat? Um dieser Spur nachzugehen, verbrachte der Regisseur Rudolph Herzog mit seinem Filmteam im Dezember 2022 zwei Tage in Schramberg. Er drehte im Gymnasium eine Szene mit Schülerinnen und Schülern.
In der Marktstraße versuchte er Ruja nachzuspüren. Es ging hoch hinauf auf die leicht verschneite Hohenschramberg und dann wieder in den „Spunden“ zu Francesco Infantone. Wie viel von diesem Material tatsächlich in dem Dreiteiler gelandet ist? Die NRWZ hat bisher nur den Trailer sehen können. (Update: In der ersten Folge sind es zwei Minuten, ab Minute 17.;-))
Weltweite Recherche
Natürlich spielen andere Orte eine viel wichtigere Rolle. Die Bühne der Wembley-Arena in London, für jeden Dokumentaristen zu OneCoin offenbar unverzichtbar, Dubai, New York und natürlich Sofia, wo Ignatova ihren Krypto- Betrug gestartet hatte.
Laut Ankündigung hat Herzog mit einer Reihe wichtiger Zeitzeugen gesprochen: Dr. Jonathan Levy, der als Anwalt vieler Opfer seit Jahren in Sachen OneCoin recherchiert. Tim Tayshun, einer der ersten, der vor dem OneCoin-Betrug gewarnt hat, und Jen McAdam, die zunächst selbst am OneCoin-Betrug beteiligt war und dann zu einer der schärften Kritikerinnen wurde.
Der FAZ-Autor lobt an der Serie, man lerne den Hype um Ignatova und OneCoin „buchstäblich als Modephänomen“ zu verstehen. Dazu gehöre auch Evgeni Minchev, ein bulgarischer PR-Künstler, der von sich behauptet, er habe Ignatova erschaffen.
Minchev schillert
Minchev hat in bulgarischen Medien Anekdoten über Ignatova erzählt. Etwa dass sie zu einem Wohltätigkeitsball in London eine dreiviertel Stunde zu spät aufgetaucht sei, dann aber alle Blicke auf sich gezogen habe. Ob er das auch Filmemacher Herzog erzählt hat?
Sicher aber, dass er Ignatova zu der Persönlichkeit gemacht hat, die sie später auf den OneCoin-Bühnen gespielt hat. 2014, da hatte sie gerade OneCoin gestartet, machte Minchev sie zur Business Woman of the Year in Bulgarien. Einen Titel, den er höchst persönlich verleiht. Hier zu sehen.
Die Betrogenen
Es geht in der Sky-Doku auch um die Opferperspektive. Daniel Leinhardt aus Uganda tritt auf. Er hat schon Johan von Mirbach für dessen ARD-Doku berichtet, wie seine Familie wegen OneCoin ihre Ersparnisse verloren hat. Eine Muslima aus Großbritannien, die glaubte, mit OneCoin Scharia-entsprechend investieren zu können, und etliche andere Betrogene treten auf.
Wo ist die Kryptoqueen?
Herzog beschäftigt sich im letzten Teil seiner Serie mit der Frage, wo Ruja Ignatova heute lebt – wenn sie denn noch lebt. Die bekannten Thesen werden durchgespielt: Dubai, die bulgarische Mafia, ermordet und in der Ägäis versenkt. Aber auch Herzog hat keine Antwort auf diese One-Billion-Dollar-Frage. Oder vielleicht sind es auch nur fünf Millionen Dollar?
Info: „Kill Bitcoin! Die Kryptoqueen und ihr OneCoin-Betrug“. Vom 27. Juni an auf Sky.