Als Rudolf Mager vor fast genau drei Jahren in Schramberg sein Amt als Fachbereichsleiter für den Bereich Umwelt und Technik antrat, da sorgte er gleich für großes Aufsehen: Schramberg soll sich für die Landesgartenschau bewerben. Ungläubiges Staunen erst, dann zunehmende Begeisterung. Innerhalb kürzester Zeit hatte Mager, der zuvor Partner bei einem renommierten Planungsbüro gewesen war, mit seinen Leuten aus dem Fachbereich die Konzeption für die Landesgartenschaubewerbung erstellt. Daraus ist leider nichts geworden.
Doch Mager verfolgte die Ziele des Stadtumbaus weiter. Er brachte, noch unter Oberbürgermeister Thomas Herzog, etliche Projekte auf den Weg, insbesondere den Schulcampus an der Graf-von-Bissingen Straße. Im Sommer platzte dann die Bombe: Mager wechselt ab 1. Oktober nach Rottweil, um dort die Fachbereichsleitung zu übernehmen. Die NRWZ sprach mit Mager über seine Zeit in Schramberg.
NRWZ: Herr Mager, erinnern Sie sich noch an Ihre ersten Tage in Schramberg im Herbst 2017?
Rudolf Mager: Klar, der Start war sehr eindrücklich. Es gab eine Fülle von Themen und Begegnungen, die auf mich eingeprasselt sind. Auf der anderen Seite habe ich schnell eine Richtung gefunden, wie man die Stadtentwicklung in Schramberg voranbringen könnte. Ich war dann auch sehr glücklich, dass so schnell die Zustimmung aus der Verwaltung und den kommunalpolitischen Gremien eingetroffen ist.
Die Landesgartenschaubewerbung war ja ein immenser Kraftakt innerhalb von drei Monaten.
Schon, wobei die Zusammenstellung der Bewerbung darauf basierte, dass sich Schramberg schon zwei Mal für eine ‚kleine‘ Landesgartenschau beworben hatte. Außerdem hatte man ja vor nicht allzu langer Zeit, im Jahr 2009 nämlich, das Stadtentwicklungsprogramm STEP 2020+ zusammen mit der Bürgerschaft entwickelt. So war ein sehr gutes Fundament für diese Landesgartenschaubewerbung vorhanden. Darauf ließ sich ein stimmiges Gesamtkonzept aufbauen. Entscheidend war, dass sich alle dahinter stellten.
Sie hatten aus ihrer früheren Tätigkeit ein Netzwerk von Fachleuten und Büros an der Hand, da haben die Schramberger nur so gestaunt?
Ich denke, nicht nur in Unternehmen, auch in der Verwaltung sind die Menschen das wichtigste Kapital. Und dieses Kapital hängt zum einen mit den persönlichen Fähigkeiten der Mitarbeiter,
mit seiner Motivation und Wertschätzung, aber auch ganz wesentlich mit seinem Netzwerk zusammen. Dieses Netzwerk basiert auf Vertrauen. Ich selbst konnte mir in den vielen Jahren meiner beruflichen Tätigkeit ein breit aufgestelltes Netzwerk erarbeiten –, dann kann man natürlich schnell und schlagkräftig agieren.
Der Besuch der Bewerbungskommission mit dem kleinen Stadtfest war sicher auch ein Höhepunkt Ihrer Schramberger Zeit?
Diese Bewerbung hatte viele Höhepunkte: Jeder einzelne der Stadtspaziergänge war ein Höhepunkt, weil wir zum einen vorgestellt haben, was bei uns auf den Tischen lag. Zum anderen haben wir dabei so viel Input erfahren, dass wir schon am nächsten Tag weiterentwickeln und nachjustieren konnten.
An welchen Spaziergang erinnern Sie sich besonders?
Der Spaziergang auf dem Wittumgelände war ein Höhepunkt mit dem Aussichtsturm, den Bauhofleiter Steffen Auber mit seinen Leuten in Eigenregie und über Nacht dort gezaubert hatte.
Viele Besucher sind hinaufgestiegen und für viele war zum ersten Mal greifbar: ‚O ja, das wäre eine große Sache, eine Chance, für Schramberg.‘ Die Bereisung der Kommission zum Abschluss war für mich ein Erfolg, eine sehr runde Sache.
Inwiefern war das auch im Nachhinein wichtig?
Bei der Kommission war ein Erstaunen zu spüren, wie viele Aufgaben auf die Stadt Schramberg warten, welcher städtebaulicher Handlungsbedarf besteht.
Als die Entscheidung gegen Schramberg und für Rottweil fiel, haben Sie den Schalter über Nacht auf ‚jetzt erst recht‘ umgeschaltet.
Es war natürlich eine Enttäuschung. Wir hatten uns aber intern schon drauf vorbereitet. Schon von Beginn war klar, dass wir nur Dinge vertieft planen und in die Bewerbung reinbringen, die aus unserer Sicht sowieso notwendige Projekte sind. Wir haben also ein Paket geschnürt, mit dem man sehr gut mit der Enttäuschung, nicht zum Zuge zu kommen, umgehen konnte. Auch weil auf der anderen Seite von der Bewerbungskommission, von Fachbehörden, die Anerkennung für das Gesamtkonzept der Stadt Schramberg sehr deutlich gemacht wurde.
Dennoch war der Schmerz groß?
Natürlich hätte ein Zuschlag einen ordnenden und motivierenden Schub ausgelöst. Aber diese Stadtentwicklung ist und bleibt von großer Bedeutung. Ohne Zuschlag kamen natürlich die Zweifel auf. Die Konzentration und Fokussierung auf die Stadtentwicklung laufen Gefahr sich wieder ein Stück weit aufzulösen.
Was bleibt für Sie von diesen drei Jahren Schramberg?
Eine tolle berufliche Erfahrung, eine sehr intensive Phase. Ich habe sehr viel dazu gelernt. Ich habe…
…vielleicht auch, dass die Arbeit in einem freien Planungsbüro und einer Verwaltung doch unterschiedlich abläuft?
Die Verwaltungsstruktur ist in sich schon sehr komplex und inhaltlich muss das ganze Geschehen einer Stadt abgearbeitet werden. Priorisierungen sind schwierig. Strategische Entscheidungen konsequent weiter zu verfolgen, effizient nachzusteuern und effektive Ressourcen zu schaffen, fällt Unternehmen einfacher, da sie keine Alternative haben.
Und dann gibt‘s noch den Gemeinderat, der auch noch mitreden will…
Genau, aber die Arbeit mit dem Schramberger Stadtrat war angenehm und konstruktiv. Mit gut vorbereiteten Vorlagen konnte man in der Regel gute Diskussionen und gute Entscheidungen auslösen.
Es ging auch schon mal hitzig zu…
… Es ist ein Geben und Nehmen, und da sind beide Seiten gefordert. Zumeist können wir da wirklich sehr zufrieden sein.
Sie haben einige Dinge in den drei Jahren umgesetzt, die modularen Kindergärten am Kirchplatz und bei Don Bosco, die Erweiterung der Berneckschule, den Anbau beim Kindergarten Oberreute, das Gewerbegebiet Madenwald, die weitere Erschließung Schoren und Bergacker, um nur ein paar zu nennen. Sie haben Entscheidungen auf den Weg gebracht, den Schulcampus, Halle Tennenbronn, die Schiltachrevitalisierung, die Bebauung der Planie, ein Verkehrskonzept Talstadt, Schießacker Sulgen mit dem Rahmenplan Osttangente. Sie haben neue Prozesse mit Sanierungs- und Erschließungsträgern angeschoben. Schmerzt es da nicht, dass das nun andere umsetzen?
Ein Grund für mich, in die Verwaltung zu gehen, war tatsächlich, Stadtentwicklung über einen längeren Zeitraum an einem Ort mitzusteuern. Projekte in Zusammenhänge zu bringen und eine Stadt als Ganzes zukunftsfest zu machen. Das war vorher in der freien Wirtschaft nicht so möglich, weil man mit Einzelprojekten in vielen verschiedenen Städten unterwegs war. Ich hätte diese Projekte gerne umgesetzt und hätte mich natürlich gefreut, wenn ich auf der neuen Schiltach-Terrasse gesessen und ein Eis gegessen hätte. Aber ich bin ja nicht weit weg, das mache ich dann in jedem Fall.
Ohne Sie als treibende Kraft, wird das denn alles kommen?
Da ist so viel Kraft, Substanz und Notwendigkeit in diesem ganzen Paket des Stadtumbaus, dass ich sicher bin, dass die Stadt Schramberg diese Maßnahmen vorantreiben wird und das eine oder andere, sogar früher als heute erwartet, entstehen kann. Das hängt nicht an meiner Person.