back to top
...
    NRWZ.deSchrambergRechtsanwalt im Steige-Prozess: "Mein Mandant ist suizidgefährdet"

    Rechtsanwalt im Steige-Prozess: „Mein Mandant ist suizidgefährdet“

    Artikel
    Kommentare
    Autor / Quelle
    Weitere Artikel
    Für NRWZ.de+ Abonnenten: 

    Sechs Jahre und zwei Monate Haft – dieses Urteil über seinen Mandanten im Prozess um den schweren Unfall an der Steige in Schramberg hält der Verteidiger des heute 50-jährigen Unfallfahrers für „vertretbar, jedoch keinesfalls für zwingend.“ Er kündigte Revision an und unterstellt dem Gericht eine Tendenz zur Verurteilung.

    „Nach dem Verlauf der Hauptverhandlung, aufgrund der Art und Weise, wie vom Gericht Zeugen und Sachverständige befragt wurden und spätestens aufgrund der Begründung des abgelehnten Beweisantrages war für mich klar, dass die Kammer zweifelsfrei zu einer Verurteilung tendiert.“ So fasst Rechtsanwalt Bernhard Mußgnug den Verlauf des Prozesses gegen den Steige-Unfallfahrer aus seiner Sicht zusammen. Im Verfahren um den schrecklichen Unfall in Schramberg hatte das Landgericht Rottweil am Donnerstagabend das Urteil gefällt: Der Angeklagte wurde wegen versuchten Mordes durch Unterlassen, wegen Unfallflucht und fahrlässiger Körperverletzung verurteilt.

    Urteil erwartet

    Mußgnug hatte das nach eigenen Angaben erwartet, sagte er auf Nachfrage der NRWZ. „Aufgrund der Gesamtumstände hatte ich vor der Urteilsverkündung der Nebenklägervertreterin meine Einschätzung beziehungsweise Befürchtung mitgeteilt, dass ich von einer Freiheitsstrafe von 6 Jahren und 6 Monaten ausgehen würde. Es wurden dann 6 Jahre 2 Monate.“ Er habe mit seinen Beweisanträgen noch versucht, das Blatt zu wenden – vergeblich. Der Rechtsanwalt ist der Ansicht, dass „viele belastende Umstände zum Nachteil meines Mandanten“ angenommen worden seien, die sich „nicht zwangsläufig“ aus der Hauptverhandlung so ergeben hätten. „Man hätte sie auch anders würdigen können“, so der Rechtsanwalt. Zugunsten des Angeklagten, in dubio pro reo.

    „Als erfahrenem Strafverteidiger“ sei ihm zudem „nicht verborgen geblieben, dass das Gericht schon vor den Plädoyers veranlasst hatte, dass im Gegensatz zu den sonstigen Verhandlungstagen Vollzugsbeamte im Gerichtssaal waren“. Die Bedeutung war für den Rechtsanwalt klar: „Das Gericht ging schon zu dieser Zeit davon aus, dass wohl ein Haftbefehl verkündet werden wird.“

    Eine gewisse Voreingenommenheit der Kammer? Mußgnug spricht das nicht aus. Aber er legt sich recht klar fest: „Wir werden das Urteil mit der Revision angreifen.“ Er wolle allerdings zunächst „nach Eingang des schriftlichen Urteils die dort niedergelegten Gründe eingehend prüfen“ und könne erst dann eine Einschätzung zu den Erfolgsaussichten abgeben.

    Schock vor dem Urteil

    Der heute 50-jährige Unfallfahrer, der den Gerichtssaal am Donnerstagmittag noch als freier Mann betreten hatte, erlitt offenbar einen Schock, als er auf Veranlassung des Gerichts dann in Gewahrsam genommen wurde. Ein Notarzt und der Rettungsdienst wurden gerufen, der Mann behandelt. Der Urteilsverkündung wohnte er mit einer frischen Kanüle im Arm bei, wirkte kraftlos und erschlagen.

    „Meinem Mandanten ging es nach der Haftbefehlseröffnung sehr schlecht“, bestätigt inzwischen Mußgnug. Der Mann sei auf seine Veranlassung hin in das Justizvollzugskrankenhaus Hohenasperg  verbracht worden, damit er behandelt und überwacht werden kann. „Ich halte ihn für suizidgefährdet“, so der Verteidiger abschließend.

    Dem Gericht ging es im Rahmen der Urteilsverkündung aber auch darum, an das Opfer zu erinnern, das der heute 50-Jährige in jener Nacht angefahren, mitgeschleift – und dann wissentlich schwer verletzt liegen gelassen hatte, wie die Kammer urteilte. Der Mann – der stark betrunken auf der Straße gelegen hatte – habe an diesem Tag Grund zum Feiern gehabt, sich auf einen anstehenden neuen Lebensabschnitt gefreut. Und sei jäh aus diesem bisherigen Leben gerissen worden.

    image_pdfArtikel als PDF speichernimage_printArtikel ausdrucken

    Diskutieren Sie mit!

    Hier können Sie einen Kommentar zu unserem Artikel hinterlassen.

    image_pdfArtikel als PDF speichernimage_printArtikel ausdrucken

    Peter Arnegger (gg)
    Peter Arnegger (gg)
    … ist seit gut 25 Jahren Journalist. Seine Anfänge hatte er bei der Redaktion der “Schwäbischen Zeitung” in Rottweil, beim Schwäbischen Verlag in Leutkirch volontierte er. Nach einem Engagement bei der zu diesem Verlag gehörenden Aalener Volkszeitung wechselte Arnegger zur PC Welt nach München, einem auf Computer-Hard- und -Software spezialisierten Magazin. Es folgten Tätigkeiten in PR und Webentwicklung.2004, wieder in seiner Heimat angekommen, half Arnegger mit, die NRWZ aus der Taufe zu heben. Zunächst war er deren Chefredakteur, und ist zwischenzeitlich Geschäftsführer der NRWZ Verwaltungs GmbH – und als solcher der verantwortliche Journalist der NRWZ.Peter Arnegger ist 1968 in Oberndorf / Neckar geboren worden.

    Beiträge

    Alarm in Bochingen – Feuerwehr muss aber nicht eingreifen

    Eine große Zahl an Rettungskräften ist am späten Montagvormittag nach Oberndorf-Bochingen alarmiert worden. "Kellerbrand", so das Szenario. Glücklicherweise war alles nicht einmal nur halb...

    Kran donnert gegen Brücke: 550.000 Euro Schaden

    Massive Verkehrsbehinderungen - nicht durch Schneefall, sondern durch einen Mobilkran. Ein solcher blieb am Freitag an einer Brücke über die B27 bei Dotternhausen hängen.Update,...

    Mann sticht auf seine Ehefrau ein – Festnahme

    Am Samstagvormittag kam es nach einer Gewalttat zu einer Festnahme in Zimmern ob Rottweil. Polizei und Staatsanwaltschaft sprechen in einer gemeinsamen Pressemitteilung von einem...

    Hoher Sachschaden nach Gartenhausbrand

    Sachschaden in Höhe von etwa 100.000 Euro und zwei beschädigte Wohnhäuser sind die Bilanz eines Gartenhausbrands am Sonntagabend in Wellendingen-Wilflingen. Das meldete die Polizei...

    image_pdfArtikel als PDF speichernimage_printArtikel ausdrucken

    Holocaust-Überlebende Eva Erben: Theresienstadt und Auschwitz überlebt

    In einer bewegenden Veranstaltung in der Messehalle Schwenningen berichtete die heute 94-jährige Holocaust-Überlebende Eva Erben zahlreichen Schulklassen verschiedener Schulen von ihrem Martyrium, das ihr...

    Alarm in Bochingen – Feuerwehr muss aber nicht eingreifen

    Eine große Zahl an Rettungskräften ist am späten Montagvormittag nach Oberndorf-Bochingen alarmiert worden. "Kellerbrand", so das Szenario. Glücklicherweise war alles nicht einmal nur halb...

    OneCoin: Kari Wahlroos gestorben

    Einer der früheren Top-Verkäufer von OneCoin, Kari Wahlroos ist am Wochenende in Malaysia an einer Streptokokken-Infektion gestorben. Das berichtet „Alibi“, eine Onlinezeitung aus Finnland....

    Nächster Meilenstein beim Glasfaserausbau

    Der Landkreis Rottweil macht einen großen Schritt in Richtung Gigabitgesellschaft: Mit einem Zuwendungsbescheid in Höhe von 28 Millionen Euro unterstützt der Bund ein weiteres...

    Kran donnert gegen Brücke: 550.000 Euro Schaden

    Massive Verkehrsbehinderungen - nicht durch Schneefall, sondern durch einen Mobilkran. Ein solcher blieb am Freitag an einer Brücke über die B27 bei Dotternhausen hängen.Update,...

    Dolomiti-Eigentümer klagt gegen Abrissverfügung

    Eine schlechte Nachricht hatte Matthias Rehfuß am Ende der öffentlichen Gemeinderatssitzung. Der Fachbereichsleiter Recht und Sicherheit musste mitteilen, dass der Eigentümer des ehemaligen Dolomiti...

    Zollfahnder im Rathaus

    Ermittlungen wegen Schwarzarbeit haben zu einer Durchsuchung im Schramberger Rathaus geführt. Vergangene Woche waren Zollfahnder der Abteilung Finanzkontrolle Schwarzarbeit vor Ort. Dabei gehe es...

    image_pdfArtikel als PDF speichernimage_printArtikel ausdrucken

    Das interessiert heute

    Sechs Jahre und zwei Monate Haft – dieses Urteil über seinen Mandanten im Prozess um den schweren Unfall an der Steige in Schramberg hält der Verteidiger des heute 50-jährigen Unfallfahrers für „vertretbar, jedoch keinesfalls für zwingend.“ Er kündigte Revision an und unterstellt dem Gericht eine Tendenz zur Verurteilung.

    „Nach dem Verlauf der Hauptverhandlung, aufgrund der Art und Weise, wie vom Gericht Zeugen und Sachverständige befragt wurden und spätestens aufgrund der Begründung des abgelehnten Beweisantrages war für mich klar, dass die Kammer zweifelsfrei zu einer Verurteilung tendiert.“ So fasst Rechtsanwalt Bernhard Mußgnug den Verlauf des Prozesses gegen den Steige-Unfallfahrer aus seiner Sicht zusammen. Im Verfahren um den schrecklichen Unfall in Schramberg hatte das Landgericht Rottweil am Donnerstagabend das Urteil gefällt: Der Angeklagte wurde wegen versuchten Mordes durch Unterlassen, wegen Unfallflucht und fahrlässiger Körperverletzung verurteilt.

    Urteil erwartet

    Mußgnug hatte das nach eigenen Angaben erwartet, sagte er auf Nachfrage der NRWZ. „Aufgrund der Gesamtumstände hatte ich vor der Urteilsverkündung der Nebenklägervertreterin meine Einschätzung beziehungsweise Befürchtung mitgeteilt, dass ich von einer Freiheitsstrafe von 6 Jahren und 6 Monaten ausgehen würde. Es wurden dann 6 Jahre 2 Monate.“ Er habe mit seinen Beweisanträgen noch versucht, das Blatt zu wenden – vergeblich. Der Rechtsanwalt ist der Ansicht, dass „viele belastende Umstände zum Nachteil meines Mandanten“ angenommen worden seien, die sich „nicht zwangsläufig“ aus der Hauptverhandlung so ergeben hätten. „Man hätte sie auch anders würdigen können“, so der Rechtsanwalt. Zugunsten des Angeklagten, in dubio pro reo.

    „Als erfahrenem Strafverteidiger“ sei ihm zudem „nicht verborgen geblieben, dass das Gericht schon vor den Plädoyers veranlasst hatte, dass im Gegensatz zu den sonstigen Verhandlungstagen Vollzugsbeamte im Gerichtssaal waren“. Die Bedeutung war für den Rechtsanwalt klar: „Das Gericht ging schon zu dieser Zeit davon aus, dass wohl ein Haftbefehl verkündet werden wird.“

    Eine gewisse Voreingenommenheit der Kammer? Mußgnug spricht das nicht aus. Aber er legt sich recht klar fest: „Wir werden das Urteil mit der Revision angreifen.“ Er wolle allerdings zunächst „nach Eingang des schriftlichen Urteils die dort niedergelegten Gründe eingehend prüfen“ und könne erst dann eine Einschätzung zu den Erfolgsaussichten abgeben.

    Schock vor dem Urteil

    Der heute 50-jährige Unfallfahrer, der den Gerichtssaal am Donnerstagmittag noch als freier Mann betreten hatte, erlitt offenbar einen Schock, als er auf Veranlassung des Gerichts dann in Gewahrsam genommen wurde. Ein Notarzt und der Rettungsdienst wurden gerufen, der Mann behandelt. Der Urteilsverkündung wohnte er mit einer frischen Kanüle im Arm bei, wirkte kraftlos und erschlagen.

    „Meinem Mandanten ging es nach der Haftbefehlseröffnung sehr schlecht“, bestätigt inzwischen Mußgnug. Der Mann sei auf seine Veranlassung hin in das Justizvollzugskrankenhaus Hohenasperg  verbracht worden, damit er behandelt und überwacht werden kann. „Ich halte ihn für suizidgefährdet“, so der Verteidiger abschließend.

    Dem Gericht ging es im Rahmen der Urteilsverkündung aber auch darum, an das Opfer zu erinnern, das der heute 50-Jährige in jener Nacht angefahren, mitgeschleift – und dann wissentlich schwer verletzt liegen gelassen hatte, wie die Kammer urteilte. Der Mann – der stark betrunken auf der Straße gelegen hatte – habe an diesem Tag Grund zum Feiern gehabt, sich auf einen anstehenden neuen Lebensabschnitt gefreut. Und sei jäh aus diesem bisherigen Leben gerissen worden.

    image_pdfArtikel als PDF speichernimage_printArtikel ausdrucken

    [adinserter name="AnzeigenImArtikelDesktop"]

    Das interessiert diese Woche

    [adinserter name="AnzeigenImArtikelDesktop"]