Pfarrhausstreit: Waldmössinger Vereinsring meldet Ansprüche an

Kein Alternativangebot bisher

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Im Streit um die künftige Nutzung des früheren katholischen Pfarrhauses in Waldmössingen hat sich Ende des Jahres der Vereinsring in einem Brief an die Stadt und die kommunalen Gremien gewandt. Die Vereinsvertreter hätten „mit großer Verwunderung“ einen Beschluss des Verwaltungsausschusses zur Kenntnis genommen.

Schramberg/Waldmössingen. Der Verwaltungsausschuss hatte am 28. November entschieden, dass das ehemalige Pfarrhaus für die Unterbringung von etwa 14 Geflüchteten genutzt werden soll. Der Gemeinderat hatte einen Grundsatzbeschluss gefasst, dass die Flüchtlingsunterbringung verstärkt außerhalb der Talstadt erfolgen müsse. Hier leben die allermeisten Geflüchteten.

Vereinshaus statt Flüchtlingsunterkunft

Der Waldmössinger Ortschaftsrat hatte dagegen einstimmig einem Empfehlungsbeschluss gefasst, der vorsah, statt Flüchtlingen in dem Gebäude Lager und Proberäume für die Vereine vorzusehen. Diesem Empfehlungsbeschluss ist der Verwaltungsausschuss nicht gefolgt.

Ungleiche Verteilung der Geflüchteten in Schramberg. Daten von Ende 2023. Archiv-Foto: him

Er hat dem Ortschaftsrat aber eine goldene Brücke gebaut: Wenn die Ortschaft eine „wirtschaftlich tragfähige Alternative“ für die Unterbringung von 14 Geflüchteten in Waldmössingen anbiete, könne man über die Verwendung des Pfarrhauses für Vereine reden. Die im Haushalt vorgesehenen 56.000 Euro seien aber ausschließlich für die Flüchtlingsunterbringung im Pfarrhaus gedacht. Für ein Familien- oder Vereinszentrum werde angesichts der Haushaltslage „in den nächsten Jahren“ kein Geld zur Verfügung stehen.

Sehr große Platznot der Vereine

In dem acht Seiten umfassenden Schreiben der stellvertretenden Vorsitzenden des Vereinsrings Nina Werner schildert diese ausführlich die Situation von fünf Vereinen und weshalb diese mehr Platz bräuchten. Die Vereine hätten „sehr große Platznot“, worauf man schon „viele Male hingewiesen“ habe, schreibt Werner. Deshalb habe der Ortschaftsrat „im Jahr 2024 für diesen Zweck von der katholischen Kirchengemeinde…. das Pfarrhaus Kirchbergstraße 6 erworben“, so Werner.

Der Kauf im Frühsommer 2023 erfolgte allerdings ohne konkrete Vorstellung, was mit dem Gebäude geschehen sollte, wie die NRWZ berichtete.

Keine „konkrete Nutzungsvorstellung“ beim Kauf, aber Flüchtlingsunterkunft erwogen

Ortsvorsteher Ullrich hatte sich damals so geäußert: „Konkrete Nutzungsvorstellungen des bestehenden Gebäudes stehen daher zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht im Vordergrund der Überlegungen zum Erwerb dieses Anwesens, sondern können je nach Bedarfssituationen konzeptionell entwickelt werden.“

Bereits im Mai 2023 hatte Ullrich in einer nicht-öffentlichen Vorlage für den Ortschaftsrat von der Unterbringung von Geflüchteten im katholischen Pfarrhaus geschrieben, wie Oberbürgermeisterin Eisenlohr im November 2024 öffentlich machte.

Laut Vorlage für den Verwaltungsausschuss hatte die Stadt Schramberg das Gebäude dann gekauft und festgestellt, dass es für Wohnzwecke ideal sei. Es verfüge über einen Kellerbereich und eine Garage. „Dort könnte gut ein Lager eingerichtet werden.“

Raum im Feuerwehrgerätehaus wird fehlen

Der Vereinsring weist darauf hin, dass im Feuerwehrgerätehaus ein Raum wegfallen wird, weil die Feuerwehr diesen selbst nutzen muss. Die Vereine beklagen in ihrem Brief zunächst die Situation der Narrenzunft Waldmössingen. Diese könne in ihren Räumen keine Sitzungen abhalten und müsse Material in den Räumen in der Lindengasse 8 lagern. Dort seien auch das Akkordeonorchester, der Musikverein und die Grundschule aktiv.

Einen bisher auch von Vereinen genutzten Raum im Feuerwehrgerätehaus benötigt die Feuerwehr künftig selbst. Foto: him

Der Skatclub habe „keinen festen Spielort“ und muss in einer Gastwirtschaft spielen. Ein Stand für den Waldmössinger Wintermarkt habe man privat beim Vorstand gelagert.

Der Obst- und Gartenbauverein benötige einen Raum für Vorträge. Das Akkordeonorchester brauche „Platz zum Proben“. Auch der Musikverein Waldmössingen hat kein eigenes Probenlokal und hoffe auf das ehemalige Pfarrhaus.

Keine Ersatzlösung angeboten

Im Brief des Vereinsrings wird der Stadt allerdings keine Alternativlösung für die Unterbringung Geflüchteter angeboten. Man möchte „eine Art Bürgerhaus“, das von allen Vereinen und der Öffentlichkeit genutzt werden könnte. Die Vereine seien bereit, sich mit Arbeitsleistungen einzubringen. „Investitionsmaßnahmen in die Gebäudeperipherie sind die Vereine nicht bereit zu leisten, aber Kosten für Verschönerung und Erhalt der Gebäudesubstanz in jedem Falle.“

In seiner Sitzung am kommenden Montag wird sich der Ortschaftsrat erneut mit dem alten Pfarrhaus befassen. In einer Vorlage hat Ortsvorsteher Reiner Ullrich ausgeführt, dass die Ortsverwaltung nur die Möglichkeit sehe, “eine Privatimmobilie anzumieten oder mit dem Stegwiesen Pflegezentrum über die Anmietung von Räumen Verhandlungen aufzunehmen“.  Das allerdings ist wegen der Insolvenzverwaltung des Pflegeheims kaum möglich.

Ortsvorsteher Ullrich weist darauf hin, dass der Umbau des Pfarrhauses nur über Dritte, also die Vereine, Sponsoren oder Spenden möglich wäre. Die Stadt werde dafür „keinerlei Finanzmittel zur Verfügung stellen“.  Im Beschlussvorschlag heißt es, „der Ortschaftsrat möge über das weitere Vorgehen beraten und entscheiden“. Wie das aussehen könnte? Offen.

Martin Himmelheber (him)

... begann in den späten 70er Jahren als freier Mitarbeiter unter anderem bei der „Schwäbischen Zeitung“ in Schramberg. Mehr über ihn hier.

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