Am vergangenen Donnerstag fragte Karl Wolf in der Einwohnerfragestunde im Gemeinderat nach dem Stand der Dinge beim geplanten „Flüchtlingsheim“ im ehemaligen Fabrikgebäude Pfaff und Schlauder an der Berneckstraße in Schramberg. Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr wies in ihrer Antwort daraufhin, dies sei Sache des Landratsamtes, die Stadt Schramberg werde dazu nicht angehört. Wolf möge sich an die Kreistagsmitglieder und ans Landratsamt wenden. Das habe sie bereits beim Sommerempfang erläutert. Neues könne sie nicht berichten.
Schramberg. Die NRWZ hat beim Landratsamt nachgehakt. Die Sprecherin betont, der Investor sei „vor geraumer Zeit“ auf das Amt für Aufnahme und Integration zugekommen, mit Plänen zum Umbau des Areals zu einer Unterkunft für Geflüchtete. Nach Aussage des Landratsamtes habe man nach diesem Angebot „die Stadt Schramberg frühzeitig involviert“. Die Sprecherin betont: „Bei der Unterbringung von Geflüchteten arbeiten wir generell eng mit den Kommunen zusammen.“
Rechtliche Fragen in der Klärung
Schließlich hätten Städte und Gemeinden genau wie das Landratsamt die staatliche Aufgabe Geflüchtete und Asylsuchende unterzubringen. Aktuell sei der Investor dabei, alle rechtlichen Fragen zum Baurecht, Denkmalschutz und anderen mit den zuständigen Behörden abzuklären. „Die Stadt Schramberg ist als untere Baurechtsbehörde für die Baugenehmigung dieses Sanierungsprojektes zuständig“, so das Landratsamt.
Karl Wolf hatte Bedenken der Anwohnerschaft auch wegen der Nähe zum Pflegeheim im Parktorweg geäußert. Dazu meint das Landratsamt ganz allgemein: „Zum Konzept für eine solche Gemeinschaftsunterkunft gehört auch, dass wir eine Sozialbetreuung zu den üblichen Dienstzeiten direkt vor Ort haben werden.“
Altlasten: Thema für den Investor
Auf die Frage nach Altlasten und den laufenden Untersuchungen im Fabrikgebäude verweist das Landratsamt auf den Investor, da der Landkreis als künftiger Mieter, nicht als Bauherr fungiere. „Daher betrifft Ihre Frage den Investor, welcher dies mittels entsprechendem Gutachten zu überprüfen und Unbedenklichkeit nachzuweisen hat.“
Anfragen der NRWZ beim Investor, der Wirtschaftskanzlei HSG aus Singen, blieben allerdings in der Vergangenheit stets unbeantwortet. Eine weitere Anfrage ist unterwegs.
Landratsamt: Gebäude ist „prinzipiell geeignet“
Wenn man sich das Gebäude von außen anschaut kommen Zweifel auf, ob man in der alten, seit vielen Jahren leerstehenden Fabrik tatsächlich Menschen unterbringen kann. Doch im Landratsamt sieht man das anders und hält „das Areal prinzipiell für geeignet für die Unterbringung von Personen“.
Das Landratsamt wolle daher an dem Vorhaben festhalten, sofern alle erforderlichen Genehmigungen insbesondere vom Baurechtsamt und Denkmalschutzamt sowie eine brandschutzrechtliche Abnahme und ein Unbedenklichkeitsnachweis über eventuelle Schadstoffbelastungen vorliegen und vorgeschriebene Umbauten abgeschlossen sind.
Fertig nun erst im Sommer 2024
Das Landratsamt rechnet damit, dass die Flüchtlingsunterkunft bis im Sommer 2024 fertig sein wird und dann die ersten Geflüchteten in der ehemaligen Fabrik einziehen können. Das stehe allerdings unter dem Vorbehalt, „dass die Räume entsprechend hergestellt wurden und alle notwendigen Genehmigungen und Gutachten … vorliegen“. Ursprünglich war vom 1. April 2024 als Einzugstermin die Rede.
Dass das Landratsamt unter Druck steht, ist klar. „Die Unterbringungssituation für die Asyl- und Schutzsuchenden sowie Geflüchteten aus der Ukraine betreffend ist weiterhin angespannt“, so die Sprecherin des Landratsamts. Bei den Asyl- und Schutzsuchenden hätten sich die Zahlen im Vergleich zum Vorjahr nochmals verdoppelt.
Auf Nachfrage der NRWZ teilt die Stadtverwaltung Schramberg mit, hier seien bislang noch keine Unterlagen eingegangen. Weder zum Denkmalschutz, noch zum Brandschutz oder möglichen Altlasten. Und: „Stand heute ist noch kein Bauantrag bei der Baurechtsbehörde der Stadt Schramberg eingegangen“, erklärt Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr.
Wann hat das Landratsamt die Stadt informiert?
Sie betont, das Landratsamt habe die Stadt „Anfang Juni 2023 informiert, dass man einen Vertrag mit einem privaten Investor unterschrieben habe mit dem Ziel, im ehemaligen Pfaff-und-Schlauder-Areal eine Gemeinschaftsunterkunft für Geflüchtete einzurichten“.
Das Landratsamt schreibt, die Stadt sei „frühzeitig involviert“, also beteiligt gewesen. Das steht im Widerspruch zu Eisenlohrs Darstellung beim Sommerempfang und jetzt in der Gemeinderatssitzung, das Landratsamt habe die Stadt informiert, als der Vertrag bereits unterzeichnet war.
Auf Nachfrage der NRWZ berichtet das Landratsamt von einer ersten Informationsmail im Januar an die Schramberger Oberbürgermeisterin zu einer möglichen Nutzung des Fabrikgebäudes als Unterkunft für Geflüchtete.
Im Mai sei eine weitere Mail an die Stadt gegangen. Darin habe das Landratsamt berichtet, man sei sich mit dem Investor über die Miet-Bedingungen einig. In dieser Zeit habe es auch immer wieder Telefonate des Landratsamts mit der Schramberger Stadtverwaltung gegeben, um über den Sachstand zu informieren.
Update: Am Abend hat OB Eisenlohr in einer Mail an die NRWZ klargestellt, sie habe sich auf einen Aktenvermerk zu einem Gespräch mit der Sozialdezernentin Jetter vom 5. Juni bezogen. Dies sei tatsächlich ihr erstes Gespräch mit dem Landratsamt (LRA) zum Thema Geflüchtetenunterkunft (GU) gewesen, „aber das LRA hatte die Stadt Schramberg zuvor schon per E-Mail über die GU-Pläne informiert“. Es sei ihr Fehler gewesen, von „Anfang Juni“ zu schreiben.
Aus Singen kommt nichts
Eine Anfrage der NRWZ bei der Singener Wirtschaftskanzlei wurde zwar am Dienstagmorgen gelesen, bis zum Abend aber nicht beantwortet. Sollte sie noch bei uns eingehen, werden wir dies nachtragen.