„Sehr ernüchternd“ ausgefallen sei die rechtliche Analyse durch die Heidelberger Fachanwältin Nicolle Heitsch. Das berichtete Karl Wolf beim mittlerweile vierten Treffen der Anlieger bei Pfaff und Schlauder. Die Anlieger wenden sich gegen die Einrichtung einer Flüchtlingsunterkunft in der ehemaligen Fabrik an der Berneckstraße. Sie befürchten eine Überlastung der Talstadt.
Schramberg. „Die Anwältin gibt uns nur bedingt Hoffnung auf einen Erfolg für unsere Einwendungen“, fasste Wolf ein Antwortschreiben zusammen. Als Anlieger sollte man dennoch nicht klein beigeben „und sich ins Schneckenhaus zurückziehen“. Die direkte Angrenzerin hätte noch die größte Aussicht auf Erfolg.
Aber auch die Anlieger der „zweiten Reihe“ sollten ihre Einwendungen vorbringen. Ganz wichtig sei, dass die Fristen eingehalten werden, so Wolf. Wer am Freitag, den 19. Januar das städtische Schreiben erhalten habe, müsse am Freitag vier Wochen später spätestens seine Einwendungen mit Begründung beim Baurechtsamt abgeben.
Er wisse, dass neben der Heidelberger Anwältin auch einige Anlieger sich vom Schramberger Anwalt Mathias Hörnisch vertreten lassen und Einwendungen formuliert haben. Wie das Baurechtsamt dann auf die Einwendungen antworte, sei mit vielen Fragezeichen zu versehen, so Wolf. Sein Sohn Daniel ergänzte, die Einwender erhielten nur die Antwort, der Bauantrag sei abgelehnt oder genehmigt ohne weitere Begründung.
Kein gültiger Bebauungsplan
Auf einen weiteren Aspekt wies Wolf Senior hin: Für das Gebiet mit der Pfaff-und-Schlauder-Fabrik gebe es keinen gültigen Bebauungsplan. Dann gelte: „Ein Bauvorhaben muss sich in die Nachbarschaft einfügen.“ Für eine Wohnnutzung treffe dies wohl zu, aber auch für eine Flüchtlingsunterkunft mit etwa 200 Plätzen? Große Hoffnung allerdings habe er nicht, dass dieses Argument ziehe.
Neben der Baugenehmigung sei für das Projekt auch die Sanierungsgenehmigung erforderlich. Dafür ist allein die Stadtverwaltung zuständig. Nach der ergänzten Sanierungssatzung muss die Stadt die Genehmigung verweigern. Darin heißt es nämlich, eine Flüchtlingsunterbringung widerspreche den Sanierungszielen. Wenn die Stadt die Genehmigung nicht erteilt, kann der Investor dagegen klagen.
Besichtigung in Rottweil
Die beiden Wolfs haben am Donnerstag die große Unterkunft der sogenannten Erstaufnahme in Rottweil im alten Spital besucht. Ein Mitarbeiter des Landratsamtes hat sie durch die Räume geführt. Auch dort seien etwa 200 Geflüchtete untergebracht.
Die Zimmer seien spartanisch ausgestattet: Bett, Stühle, Tisch. Auch eine Grundausstattung an Geschirr. „Den Rest müssen sich die Menschen mit ihrem Geld selbst beschaffen.“ Das Haus habe einen sehr sauberen Eindruck gemacht.
Die Leute lebten dort, während ihr Asylverfahren bearbeitet werde. Das seien zwischen sechs Monate und zwei Jahre. Sobald das Verfahren abgeschlossen ist, werden die Asylbewerber auf die Kommunen in die „Anschlussunterbringung“ verteilt.
Von hier aus können die Menschen sich eine Wohnung auf dem freien Wohnungsmarkt suchen. Für die Unterbringung gibt es einen Verteilschlüssel. Schramberg sei bei der Erstaufnahme unter der Quote, bei der Anschlussunterbringung deutlich über der Quote, habe der Landratamtsmitarbeiter berichtet.
Mietvertragsklausel
Zum Thema „Fertigstellung am 1. Juli“ habe es keine konkrete Aussage gegeben, berichtete Karl Wolf. Im mit dem Investor geschlossenen Mietvertrag steht, dass das Gebäude zum 1. Juli 2024 bezugsfertig sein muss. „Das Landratsamt hat Druck und das Interesse, das Projekt in Schramberg weiter zu verfolgen“, so sein Eindruck. „Wenn die Baugenehmigung da ist, wird das Landratsamt es umsetzen.“
Daniel Wolf berichtete, dass in Rottweil für die 200 Geflüchteten vier Security-Mitarbeiter rund um die Uhr zuständig seien. Es gebe „kein überhöhtes Problem mit Gewalt oder Kriminalität“, habe der Mitarbeiter des Landratsamtes erklärt. Es gebe das übliche eine Prozent, das „aus dem Ruder“ laufe. Auch seien drei bis vier Mitarbeiter des Sozialdienstes im Haus. Fazit laut Wolf: „Für das Landratsamt ist es so leichter, die Geflüchteten zu managen als bei einer dezentralen Unterbringung.“
Die Situation bei Kitas und Schulen sei Sache der Kommune, nicht des Kreises, habe der Landratsmitarbeiter klar gemacht.
Mangelhafte Kommunikation
In der Diskussion beklagten die Anwesenden die mangelhafte Kommunikation zwischen Stadt, Anwohnern und Landkreis. Es sei Aufgabe der Stadt, dem Landkreis andere Liegenschaften anzubieten, wenn sie das Projekt in Pfaff-und-Schlauder verhindern wolle.
Aber auch private Vermieter aus den anderen Stadtbezirken seien „nicht gerade aufs Landratsamt gestürmt mit Angeboten“, zitierte Daniel Wolf den Landratsamtsvertreter. Bedauert wurde auch, dass weder die Stadtverwaltung noch von Seiten des Gemeinderats großes Interesse an den Anwohnerversammlungen zu spüren sei.
Die Gruppe hat vereinbart, sich am Dienstag, 20. Februar um 19Uhr erneut im „Roma“ zu treffen.