Zunächst gab es noch einige Bedenken im Rat, doch am Ende einer Debatte beschloss der Gemeinderat Schramberg mit großer Mehrheit, das Internet-Tool „Open Petition“ für mehr Bürgerbeteiligung im kommenden Jahr einzuführen.
Beantragt hatte die ÖDP, die Stadt solle die digitale Plattform für Bürgerbeteiligung „zur Durchführung von Petitionen auf kommunaler Ebene“ einführen. Die Fraktion bezog sich dabei auf einen Beitrag von Alt-OB Herbert O. Zinell in der Zeitschrift „Die Gemeinde“. Mit Open Petition könnten Bürgerinnen und Bürger eigenständig Probleme und Forderungen benennen und dazu passende Petitionen erstellen.
Selbstverpflichtung der Kommune
Die Kommune verpflichte sich, ein so angesprochenes Thema in den zuständigen Gremien zu behandeln, wenn die Petition ein bestimmtes Quorum erreiche. In Schramberg läge das Quorum bei etwa 430 Stimmen, so Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr. Wenn das Quorum nicht erreicht werde, sollte zumindest ein Fachbereichsleiter oder die Oberbürgermeisterin dem Petenten oder der Petentin antworten.
Das Tool koste die Stadt nichts. Ihr Vorschlag: „Ja, wir machen es zwei, drei Jahre und schauen, ob nur Blödsinn kommt.“ Einführen könne man Open Petition mit der überarbeiteten städtischen Homepage.
Pflege ist wichtig
In der Aussprache fragte die Faktionssprecherin von SPD-Buntspecht Tnja Witkowski nach der Betreuung durch die Verwaltung. Das sei entscheidend für das Funktionieren solcher Angebote. Zwar sei das Tool kostenlos, aber was koste die Betreuung, fragte Witkowski. Eisenlohr nannte Sabine Felker-Henn als Betreuerin. Sie sei genau für solche Aufgaben eingestellt worden. Extra-Kosten würden also nicht anfallen. „Wenn nur Blödsinn kommt, stampfen wir es wieder ein.“ Das Ganze sei „ein Testballon, der uns nichts kostet“, warb sie weiter.
Clemens Maurer, CDU, fand ebenfalls, man könne es ausprobieren. Er meinte aber auch, die Bürgerinnen und Bürger hätten auch jetzt schon viele Möglichkeiten auf direktem Weg ihre Wünsche vorzutragen. „Das hat in der Vergangenheit gut geklappt.“ Er hoffe deshalb, der Rat werde in zwei Jahren sagen, wir brauchen das nicht.
Seinem Fraktionskollegen Dominik Dieterle fehlte ein Gesamtüberblick über die Beteiligungsmöglichkeiten. Auch er mahnte, dass jemand so etwas ständig pflegen müsse. Er berichtete, dass bei der Cityhub die Bürgerinnen und Bürger oft keine Rückmeldungen erhalten hätten und ihre Schadensmeldungen „im Sande verlaufen“ seien.
Wer steckt dahinter?
Eisenlohr erinnerte an ihr Wahlkampfversprechen, in jedem Stadtteil einmal jährlich zu einer Versammlung einzuladen. Das sei Corona bedingt leider nicht möglich gewesen. Sie denke nun an Bürgerwanderungen, um Bürgerbegegnungen zu ermöglichen. Einen Anlass für eine Petition hätte es beispielsweise beim Thema 5G gegeben.
Für Freie Liste Sprecher Udo Neudeck sprach nichts dagegen, das Tool einzusetzen Er wollte aber mehr wissen, wer das bezahle und welche Organisation dahinterstecke. Johannes Grimm („Aktive Bürger“) begrüßte den Vorstoß. Er vertraue auf die Medienkompetenz der Verwaltung.
Jürgen Winter (CDU) sprach von einem „interessanten Experiment“. Der Rat und die Verwaltung seien manchmal in einem Elfenbeinturm. So könne man möglicherweise mehr erfahren, wenn ein Bürger ein Thema hat. Man sollte schauen, ob so ein Instrument berechtigte Bürgeranliegen auf die Tagesordnung bringt.
Bei 20 Ja, zwei Nein und einer Enthaltung beschloss der Rat Open Petition für zwei Jahre zu erproben.