Münster – Der Strafprozess gegen drei Personen aus dem OneCoin-Komplex wird am 23. August vor dem Landgericht Münster neu beginnen. Das hat auf Nachfrage der NRWZ am Sonntagabend der Sprecher des Landgerichts Münster Henning Barton bestätigt.
Frank R. und Manon H. aus Greven und der Münchner Rechtanwalt Martin B. werden sich erneut wegen eines Verstoßes gegen das Finanzdienstleistungsgesetz, Geldwäsche beziehungsweise Beihilfe dazu verantworten müssen.
Viele Millionen verschoben?
Frank R. und Manon H. sollen laut Anklage von etwa 60.000 Personen insgesamt 320 Millionen Euro kassiert und auf verschiedene Konten von OneCoin weiter geleitet haben.
Dem Rechtsanwalt wirft die Staatsanwaltschaft vor, 75 Millionen Euro auf die Cayman Islands und 20 Millionen nach London geschafft zu haben. Für die 20 Millionen soll eine Londoner Kanzlei Luxuswohnungen für die OneCoin-Gründerin Ruja Ignatova gekauft haben.
Es geht immer weiter
Ruja Ignatova hatte die angebliche Kryptowährung OneCoin zusammen mit Sebastian Greenwood im Jahr 2014 „erfunden“. Die beiden bauten ein weltweites Vertriebssystem auf, über das bis heute „Bildungspakete“ verkauft werden.
Über „Token“ in diesen „Bildungspaketen“ erwerben die Käufer den Anspruch, eines Tages entsprechend OneCoin zu „minen“. Doch bis heute hat dieser Umtauschprozess noch nicht begonnen.
Die in Schramberg aufgewachsene Ignatova ist seit dem 25. Oktober 2017 untergetaucht und wird inzwischen weltweit von Interpol gesucht. Ihr Bruder Konstantin ging dem FBI im Frühjahr 2019 in Los Angeles ins Netz. Er sitzt seither mal in U-Haft, mal im Hausarrest. seit November 2021 ist er wohl wieder hinter Gittern.
Sebastian Greenwood: Prozesstermin erst im Mai 2023
Sebastian Greenwood hat die Polizei 2018 in Thailand festgenommen und an die USA ausgeliefert. In New York wartet er seither auf seinen Prozess. Ende Juni wollen sich Staatsanwaltschaft, Verteidigung, Greenwood mit dem zuständigen Richter Edgardo Ramos treffen, um über den Fortgang des Verfahrens zu beraten. Einen ursprünglich für den 16. Juni vorgesehenen Termin hatte Ramos auf den 29. Juni verschoben. Greenwoods Verteidiger hatte das beantragt.
Nun hat die Staatsanwaltschaft in Absprache mit der Verteidigung an Richter Ramos einen neuen Zeitplan vorgeschlagen. Demnach soll der Prozess gegen Greenwood am 13. Mai 2023 beginnen. Vorverhandlungen sollen im Oktober und Dezember stattfinden.
Man benötige mehr Zeit, damit sich die Parteien auf einen Prozesstermin einigen könnten. Die zusätzliche Zeit sei auch nötig, weil am MDC Brooklin, wo Greenwood gefangen sei, kürzlich ein Lockdown geherrscht habe. „Deshalb waren Gespräche mit ihm über eine Festlegung von Terminen nicht möglich“, schreibt sein Anwalt Howard Leader. Außerdem müsse er noch die sehr umfangreichen Unterlagen in dieser Angelegenheit erhalten und sichten.
Während in New York ein Prozess gegen Greenwood wieder in weite Ferne gerückt ist, nehmen die Juristen in Münster nun einen zweiten Anlauf. Der erste Prozess war gescheitert, weil zwei Laienrichter langfristig erkrankt waren. Nach 19 Verhandlungstagen hatte das Gericht deshalb im Mai das Verfahren ausgesetzt.
Termine bis März festgelegt
Ende August beginnt mit dem bisherigen Aktenzeichen 7 KLs 2/20 ein neues Verfahren. Schon jetzt hat das Gericht bis zum März 2023 mehr als 30 Termine eingeplant. Über die Besetzung der Kammer sei noch nichts bekannt, so Barton. „Die Vorwürfe aus der Anklageschrift beziehungsweise dem Eröffnungsbeschluss bleiben unverändert.“
Wo ist das Geld geblieben?
Ruja Ignatova und ihre OneCoinverkäufer haben zwischen 15 und 20 Milliarden Euro abkassiert. Amtlich dokumentiert sind im US-Haftbefehl für Rujas Bruder Konstantin 3,353 Milliarden Euro zwischen Ende 2014 bis Mitte 2016 der OneCoin Ltd. . Was OneCoin davor und danach und über andere Kanäle eingenommen hat, ist nicht bekannt.
Sebastian Greenwoods Rechtsanwalt hat im Sommer 2021 bei einer Anhörung von einem „15-Milliarden-Dollar-Business“ gesprochen. Opferanwalt Jonathan Levy geht von bis zu 20 Milliarden Dollar Schaden aus.
29 Millionen Euro in Deutschland sichergestellt
Als die Bundesanstalt für Finanzaufsicht (BaFin) Mitte Februar 2017 dem Treiben der Grevener ein Ende gemacht hat, da konnte die Behörde noch 29 Millionen Euro sicherstellen. „Die Sicherstellung wirkt fort, auch wenn die BaFin den weiteren Marktauftritt der OneCoin-Gruppe in Deutschland in 2017 effektiv beendet hat“, erklärt Bafin Sprecherin Dominika Kula auf eine Anfrage der NRWZ hin.
Was mit diesem Geld geschehen wird, hänge von den Entscheidungen der Strafgerichte ab: Über den Verbleib der knapp 300 Millionen Euro, die „vor dem Einschreiten der BaFin am 17./20. Februar 2017 von den Konten der IMS abgeflossen sind“, könne sie keine Angaben machen, so BaFin-Sprecherin Kula.
Frank Schneider: Mehr als eine Milliarde versteckt auf Konten
Einen weit größeren Batzen vermutet Frank Schneider in den Vereinigten Arabischen Emiraten, in China, Australien und Südkorea. Der ehemalige Luxemburger Geheimdienstler und spätere Sicherheitsmann für Ruja Ignatova hat in einem Radiointerview mit einem Luxemburger Sender behauptet, dort lägen noch mehr als eine Milliarde Euro auf verschiedenen OneCoin-Konten. ( „Haaptsächlech op Konten a China, mee och zu Dubai, an Australien an a Südkorea wieren dem Frank Schneider no nach iwwer eng Milliard Euro vun de OneCoin-Gelder: „Sou wäit ech weess sinn nach ëmmer e ganze Koup Suen op deene Plazen“, seet de Geschäftsmann a fréiere Geheimdéngschtmataarbechter.“)
Schneider sitzt seit Monaten in seinem Haus in Nordfrankreich im Hausarrest. Er muss eine elektronische Fußfessel tragen und wartet auf eine Entscheidung der französischen Behörden, ob er an die USA ausgeliefert werden kann. Dort drohen ihm viele Jahre Gefängnis wegen seiner Unterstützung des OneCoin-Schwindels. Im Radio-Interview behauptet Schneider, damals vom betrügerischen Hintergrund bei OneCoin nichts gewusst zu haben.
In New York hat Richter Ramos unterdessen angeordnet, dass die Opfer des OneCoin-Betrugs über den Fortgang der juristischen Aufarbeitung und ihre Rechte als Opfer auf einer Homepage der Justizbehörden informiert werden sollen.
Weltweit geht es dabei nach Informationen des US-Justizministeriums um mehrere Millionen Menschen. („Given that there are thousands (if not millions) of potential victims in this case,…“) OneCoin selbst hatte drei Millionen Kunden weltweit genannt.
Dass sie jemals wieder an ihr Geld kommen, scheint unwahrscheinlich.