Trotz etlicher Veränderungen an der Spitze: Die „Crypto-Queen-Mother“ Veska Ignatova bleibt weiterhin die heimliche Chefin des OneCoin-Imperiums. Eines Schwindel-Imperiums, wie der Londoner Rechtsanwalt Jonathan Levy behauptet. In einem Schreiben an die Stellvertretende Justizministerin von Bulgarien fordert er, Veska Ignatova, aber auch den offiziellen OneCoin Chef Ventislav Zlatkov und Georgi Georgiev festzunehmen.
Bulgarische Regierung schaut weg
Wenn die bulgarischen Behörden nicht handele, dann sende dies “ein Signal an das Organisierte Verbrechen in Bulgarien“, dass die bulgarische Regierung „stets wegschaut, solange Nicht-Bulgaren die Opfer und Bulgaren die Profiteure“ solcher Verbrechen seien. (Failure to act sends the message to Bulgarian organized crime that no matter how infamous, long standing or obvious the financial crime, the Bulgaria government will always look the other way as long as non-Bulgarians are the victims and Bulgarian citizens the beneficiaries.)
Levy führt aus, dass Veska Ignatova, die Nachfolgerin ihrer Tochter Ruja und ihres Sohns Konstantin sei. Sie behalte „die Kontrolle über OneCoin und sein Vermögen“. OneCoin tauche jetzt als „Altcoin“ auf der Polygon-Blockchain wieder auf und kassiere dabei „Millionen von Dollar von alten und neuen Opfern“.
Veska immer mit dabei
Nach internen Unterlagen von OneCoin aus der Zeit um 2018, die die NRWZ einsehen konnte, war Veska Ignatova Chefin der Verwaltung in Sofia und Chefassistentin („Executive Assistant“). Zu dieser Zeit fungierte ihr Sohn Konstantin als Chef der weltweiten Verwaltung. Georgi Georgiev taucht dort als Chefbuchhalter auf.
Veska Ignatova fungierte auch als „Direktorin“ von One Network Services und OneCoin Limited, einer der ersten OneCoinFirmen.
Behind MLM hat das Firmengeflecht und die Beziehungen in einer Grafik dargestellt:
In einer Erklärung von Duncan Arthur für Levy bestätigt dieser Veskas Rolle in Sofia. Arthur war ab Oktober 2016 für Ruja Ignatova tätig. Er leitete ihre private Vermögensverwaltung RavenR in London und baute die Handelsplattform DealShaker mit auf.
Veska Ignatova habe ihr Büro in Sofia direkt neben dem Ihrer Tochter gehabt: „Man konnte Rujas Büro nicht betreten, ohne durch Veskas Büro zu gehen. Veska diente quasi als Pförtnerin für Ruja im vierten Stock des Gebäudes“, so Arthur.
Veska Ignatova besorgte Luxusgüter in London
Nach Rujas Verschwinden Ende Oktober 2017 war Arthur enger Mitarbeiter ihres Bruders Konstantin. Arthur war bei der Festnahme Konstantins in Los Angeles am 8. März 2019 dabei und überbrachte später dessen Laptop persönlich an Veska in Sofia.
Während seiner Zeit in London von 2016 bis 2019 „beaufsichtigte Veska persönlich den Kauf von Luxusgütern im Wert von Hunderttausenden von Euro in London (Designerkleidung, Schmuck usw.) mit gewaschenen OneCoin-Geldern und deren Export nach Sofia durch RavenR Capital“.
Veska habe auch Immobilien und Unternehmen in Bulgarien und anderswo, kontrolliert. Die Firmen und Häuser seien mit gewaschenen OneCoin-Geldern erworben worden, versichert Duncan Arthur.
Er habe beobachtet, wie Veska mit Konstantins Verlobter nach Dubai flog. Veska habe im August 2020 in Bukarest auf einer OneCoin-Veranstaltung die Zukunftspläne von OneCoin geschildert.
Eine Milliarde Euro in Dubai und Bulgarien
Seit Januar 2021 leite Veska Ignatova gemeinsam mit Ventsislav Zlatkov und Georgi Georgiev die Nachfolgeorganisation OneEcoSystem. Er vermute, dass die Familie Ignatov und ihre Beaufragten über eine Milliarde Euro an Vermögenswerten in Bulgarien und Dubai verfügten, so Arthur. Dabei handle es sich hauptsächlich um Immobilien, Schmuck, Kryptowährungen und versteckte Bankkonten.
Rechtsanwalt Levy, der etliche Opfer von OneCoin vertritt, beklagt, dass die europäische Union es seit 2019 nicht geschafft habe, zu verhindern, dass OneCoin das Kürzel .eu für seine Homepage nutze. Auch setze die EU-Kommission ihre Richtlinien zu Kryptowährungen und Geldwäsche in Bezug auf OneCoin und Bulgarien nicht durch.
Die bulgarische Regierung habe in der Sache OneCoin nicht ermittelt und niemanden festgenommen. Der vor einigen Wochen abgesetzte Generalstaatsanwalt Ivan Geshev habe die OneCoin-Kriminellen geschützt.
Millionen in Krypto-Wallets gewaschen
Schließlich kritisiert Levy den Kryptosektor, denn seit spätestens 2021 seien die Crypto-Wallets von OneCoin bekannt. „Und dennoch können die Kriminellen ihre Konten nutzen und ungehindert neue Coins schaffen.“ (… yet the criminals can utilize exchanges and create new coins unhindered.)
OneCoin besitze mindestens zwei öffentliche Wallets, um seine Kryptowährungseinnahmen zu waschen und habe diese Wallets mehrere Jahre genutzt ohne Sorge vor Strafverfolgung oder Beschlagnahme. Allein auf einem dieser Wallets seien 202 Bitcoins im Wert von mehr als sechs Millionen Euro seit seiner Eröffnung am 14. Juli 2021 eingegangen.
Levy schließt seinen Brief mit der Feststellung, Veska Ignatova kontrolliere nach wie vor OneCoin von Bulgarien aus. OneCoin verstoße sowohl gegen Gesetze der EU als auch Bulgariens. Würde die Regierung Ignatova, Georgiev und Zlatkov festnehmen, wäre „die gewalttätige kriminelle Organisation enthauptet, Opfer würden entschädigt und die Beschützer der Bande aufgedeckt“.
Dass die Bulgaren endlich handeln, daran wird Levy nach seinen bisherigen Erfahrungen wohl nicht glauben.
Spektakuläre Abgänge
Es gibt an der Spitze der OneCoin-Pyramide mehr oder weniger spektakuläre Wechsel. Der langjährige OneCoin-Werber und „Captain King Jayms“ wurde Mitte Mai aus dem Unternehmen hinauskomplimentiert. In einem wirren Video erhob er anschließend heftige Vorwürfe gegen das Management in Sofia.
Noch im Dezember 2022 trat King Jayms beispielsweise in einem OneCoin-Werbevideo über E-Commerce in Vietnam auf. Inzwischen versucht er sich an einem eigenen Betrugssystem.
Nach King Jayms hat jetzt auch „Black Diamond“ Maribel Martinez aus der Dominikanischen Republik ihren Rückzug angekündigt. „Das ist ein herber Verlust für OneCoin, da sie in Mittel- und Lateinamerika eine sehr dominante Rolle gespielt hat“, so OneCoin-Kennerin Melanie from Germany.
Auch in der Schweiz, Italien und Deutschland wechseln die Figuren
Auch in unserer Nachbarschaft gab es eine Veränderung: der langjährige Werber und Beauftragte für die Schweiz und Liechtenstein Emil Blumer wurde gefeuert, wie die OneCoin Organisation in einem Newsletter Anfang Juni berichtet. Auch seine italienische Kollegin Ana Maria Pastore musste gehen. Sie ersetzt der langjährige OneCoin-Verkäufer Cristi Calina aus Rumänien. Deutet sich da ein Auflösungsprozess an?
In Deutschland hat Werner Englisch seinen Rückzug als „Country Manager“ für die Handelsplattform Dealshaker erklärt.
Nach dem Abgang von Dr. Werner Englisch scheint Wilhelm E., ein 63-jähriger Herr aus Bad K. das Heft in die Hand genommen zu haben. Im Oktober 2022 erschienen mehrere Videos auf dem Kanal von Irina B., die sich als eine Art „Coach“ präsentiert.
Im selben Monat zeigt Wilhelm E. in einem Video, wie die OneCoin Handelsplattform funktioniert. Er selbst offeriert da einen „Zedernnusslikör aus Sibirien“.
In dem Video erklärt er, dass er die Deals, die auf DealShaker eingestellt werden, persönlich genehmigt und dass er für Deutschland und Österreich zuständig sei. Er ist demnach wohl der Nachfolger von Dr. Englisch.