Ohne Druck: Arbeit für Menschen mit Sinnesbehinderung
Werkstattbesuch von Oberbürgermeisterin Eisenlohr

Zu einem Informationsbesuch in der Stiftung St. Franziskus hatte Gernot Pfau Schrambergs Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr und Wirtschaftsförderer Ralf Heinzelmann eingeladen. Mit dabei waren die Frauenbeauftragte Viola Hönisch und der Werkstattbeiratsvorsitzende Klaus Gatzweiler.
Schramberg. Der Leiter des Bereichs Arbeit bei der Stiftung, Pfau, erläuterte, sein Bereich sei für alle von der Stiftung betreuten Menschen zwischen 18 und 67 zuständig, die arbeiten wollen und können. In verschiedenen Werkstätten in Heiligenbronn biete die Stiftung Arbeit und Betreuung an. So gebe es im Haus Teresa unterschiedlichste Arbeitsbereiche. Daneben bestehe weiterhin die Bürstenmacherei und die Korbflechterei. Schließlich arbeite die „grüne Gruppe“ in der Landwirtschaft. Insgesamt 164 Menschen mit Behinderungen seien in Heiligenbronn beschäftigt.
Werkstattrat Klaus Gatzweiler schilderte die Aufgaben seines Gremiums sowohl in der Stiftung als auch im Land und Bund. Auf überregionaler Ebene setzten sich die Werkstatträtinnen und Räte für eine angemessene Bezahlung der Betroffenen ein. Wegen des geringen Lohns seien sie immer auf Sozialleistungen angewiesen: „Wir wollen davon wegkommen, immer abhängig zu sein.“ Gatzweiler ist allerdings klar, dass das Ziel nur sehr schwer zu erreichen sein wird, weil es sehr teuer würde.

Auf Nachfrage von Oberbürgermeisterin Eisenlohr schilderte Viola Hönisch ihre Aufgaben als Frauenbeauftragte. Es gehe auch um Aufklärung zu sexueller Belästigung und Gewaltprävention. Sie wies aber auch darauf hin, dass in der Stiftung sowohl bei den Beschäftigten als auch bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gelte: “Frauen und Männer erhalten den gleichen Lohn.“
Der erste Arbeitsmarkt: kaum erreichbar
Pfau schilderte die Schwierigkeiten, Menschen mit Behinderung in den ersten Arbeitsmarkt einzugliedern. Gerade auf dem Land mit oft unzureichenden Verkehrsverbindungen sei es schwierig, einen geeigneten Arbeitsplatz zu finden. Es sei in seiner 13-jährigen Dienstzeit bislang erst drei Mal gelungen, Menschen mit Sinnesbehinderungen aus Heiligenbronn auf den ersten Arbeitsmarkt zu vermitteln.
Gatzweiler bestätigte, dass die Mehrfachbehinderungen es schwer machten, im ersten Arbeitsmarkt anzukommen. Er plädierte dafür, solche Arbeitsplätze wie in den Werkstätten in Heiligenbronn zu erhalten. Sie seien wichtig für Menschen, „die dem Druck von draußen nicht standhalten können“.

In den eigenen Werkstätten herrsche kein Leistungsdruck, die Menschen nähmen aber am Arbeitsleben teil, ergänzte Pfau. Dafür sei allerdings ein hoher Betreuungsaufwand erforderlich. Angeleitet würden die Arbeitsgruppen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit einer Berufsausbildung und der Zusatzqualifikation Arbeitserzieher.
Pfau informierte auch über die speziellen Bedingungen in den Räumen der Stiftung für Menschen mit Sehbehinderung: Überall gibt es Geländer, an denen man sich orientieren kann. Die Beleuchtung und Farbgebung sind bewusst gewählt: „Rot ist ganz schlecht für Sehbehinderte.“ Kontraste seien besonders wichtig.
Fertigung für die Industrie
In der Stiftungswerkstatt erledigten die Beschäftigten Aufträge der hiesigen Industrie in unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden. Deshalb sei die Werkstatt auch ein zertifiziertes Unternehmen, das auch Geld verdienen müsse.
Schon 1875 habe der Gründer des Klosters David Fuchs die ersten Werkstätten für Blinde gegründet. Neben den heute noch existierenden Werkstätten für Bürsten und Körbe gab es bis 1980 noch die Strickerei. Heute sei die Bürstenmacherei die einzige derartige Blindenwerkstatt im Land. Dort würde auch in großen Stückzahlen Bürsten und Besen gefertigt und auf Märkten verkauft. Anders die Korbmacherei. Die Körbe seien oft Einzelanfertigungen.
Der Förder- und Betreuungsbereich sei denjenigen vorbehalten, die den Anforderungen in der eigentlichen Werkstatt nicht gewachsen seien. Sie erhielten hier eine Tagesstruktur und würden intensiv betreut.

Bund macht Probleme
Pfau beklagte, es werde des Werkstätten vom Bund her schwieriger gemacht, zu investieren. Die Lobby der 340.000 Menschen mit Behinderung sei in Deutschland zu schwach. Auch Änderungen bei Anrechnungsmöglichkeiten für die Industrie auf die Behindertenquote machten es den Werkstätten schwerer, Aufträge zu bekommen, kritisierte Pfau.
Nach der ausführlichen Präsentation besuchten Oberbürgermeisterin Eisenlohr und Wirtschaftsförderer Heinzmann noch verschiedene Werkstätten auf dem Stiftungsgelände und informierten sich über die Arbeitsbedingungen.