Oberbürgermeisterin will Amtsblatt

Räte beschäftigen sich nächste Woche mit dem Plan / Kosten 90.000 bis 150.000 Euro pro Jahr

Für NRWZ.de+ Abonnenten: 

Schrambergs Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr möchte ein gesamtstädtisches Amtsblatt einführen. Die Kosten lägen je nach Erscheinungshäufigkeit zwischen jährlich 90.000 und 150.000 Euro „grob kalkuliert“, so Hannes Herrmann von der Stabsstelle der Oberbürgermeisterin und zuständig für Bürgerkommunikation in einer Vorlage für die Ortschaftsräte und den Verwaltungsausschuss. Der Gemeinderat soll am 23. November beschließen.

Schramberg. Immer wieder kam in der Vergangenheit das Thema auf, ob ein gesamtstädtisches Amtsblatt der Großen Kreisstadt Schramberg Sinn machen würde. Schlussendlich hat sich der Rat jedes Mal dagegen entschieden, um die örtliche Presselandschaft nicht zu gefährden. Dorothee Eisenlohr hatte in ihrem Wahlkampf vor gut vier Jahren allerdings angekündigt, sie wolle sich für ein gemeinsames Amtsblatt einsetzen.

In seiner Vorlage schreibt Herrmann, die Stadtverwaltung beabsichtige, ein gesamtstädtisches Amtsblatt einzuführen. „Die Redaktion für das städtische Amtsblatt soll durch die Stadtverwaltung und die Ortsverwaltungen Tennenbronn und Waldmössingen erfolgen.“ Dafür möchte man einen Verlag beauftragen, der das Amtsblatt druckt, vertreibt und kostenlos an die etwa 10.000 Haushalte der Stadt verteilt. Ob es wöchentlich oder alle zwei Wochen erscheint, ist noch offen.

Traditionsreiche Mitteilungsblätter in Waldmössingen und Tennenbronn

Seit Jahrzehnten erscheinen in Tennenbronn und Waldmössingen Mitteilungsblätter, in Tennenbronn muss man es abonnieren, in Waldmössingen wird es kostenlos verteilt. Die Talstadt, Sulgen, Heiligenbronn und Schönbronn erhalten keine amtlichen Informationen von der Stadt. „Dies ist eine Ungleichbehandlung der Stadtteile“, moniert Herrmann.

Er stellt fest, dass in den letzten Jahren „immer weniger Menschen die lokalen Medien verfolgen und sich weniger über die aktuellen Themen vor Ort informieren“. Da könne ein gesamtstädtisches Amtsblatt kostenlos jeden Bürger und jede Bürgerin, unabhängig vom Stadtteil, erreichen.

Alle würden erreicht

Über ein Print-Medium ließen sich auch mehr Leserinnen und Leser erreichen, wenn das Amtsblatt „Zuhause an einer zentralen Stelle ‚herumliegt‘“, glaubt Herrmann. Möglicherweise erreiche man so auch Familienmitglieder, die anderswo studieren oder arbeiten und nur am Wochenende daheim sind. So könnte das Amtsblatt „vielleicht auch dafür sorgen, dass sie sich beruflich irgendwann wieder hier niederlassen“, hofft Herrmann.

Ein gesamtstädtisches Amtsblatt wäre laut Vorlage auch sozial gerecht: „Finanziell schwache Familien, die sich kein Zeitungsabonnement leisten können, werden mit dem Amtsblatt kostenfrei informiert und können so am städtischen Leben besser teilhaben.“

Die Bevölkerung erhalte mit einem Amtsblatt Sachinformationen zu städtischen Themen, öffentliche Bekanntmachungen, Hinweise auf Veranstaltungen und Vereinsaktivitäten. Konzerte, Theateraufführungen oder Vorträge könnten beworben werden. Die Stadt könnte über Baustellen oder Förderprogramme informieren. „Für Vereine in der gesamten Stadt bietet sich eine neue Plattform, um Turniere, Feste, Kinderfreizeiten oder Schnupperkurse anzukündigen und so neue Mitglieder zu werben“, wirbt Herrmann.

Amtsblatt soll identitätsstiftend wirken

Über die Darstellung von Aktivitäten in allen Stadtteilen in einem gemeinsamen Amtsblatt werde die Identität als „Große Kreisstadt Schramberg“ gefördert und die Menschen würden besser miteinander vernetzt. „Zudem werden die Bürger darüber informiert, was in den anderen Stadtteilen aktuell diskutiert wird und die Menschen bewegt.“

Laut Vorlage würde ein Amtsblatt die Transparenz der Verwaltung fördern und den Bürgerinnen und Bürgern einen besseren Einblick in die Entscheidungsprozesse und das öffentliche Leben der Stadt ermöglichen.

Befürchtungen aus Tennenbronn und Waldmössingen, dass sie Nachteile hätten, wenn sie ihre Mitteilungsblätter verlieren, versucht die Stadt zu zerstreuen: „Die wesentlichen Inhalte der beiden Mitteilungsblätter aus Tennenbronn und Waldmössingen, wie Berichte über Ortschaftsratssitzung, stadtteilspezifische Nachrichten, kirchliche Nachrichten und Vereinsmitteilungen, sollen in das gesamtstädtische Amtsblatt integriert werden.“

Keine redaktionellen Beiträge erlaubt

Herrmann sieht im Amtsblatt keine Konkurrenz für lokale Medien, denn es richte sich insbesondere an die Menschen, die bisher keine Zeitung abonniert haben. Eine Konkurrenz zu den existierenden Medien sei „in keiner Weise geplant“. Ein Urteil des Bundesgerichtshofes vom 20. Dezember 2018 verbiete es kostenlosen Amtsblättern sogar ausdrücklich, eigene presseähnliche redaktionelle Beiträge zu veröffentlichen.

Wie allerdings aus der schlichten Bekanntgabe von amtlichen Informationen mehr Transparenz und Einblick in Entscheidungsprozesse erwachsen soll, wenn dies nicht redaktionell aufgearbeitet werden darf, ist der Vorlage nicht zu entnehmen.

Kosten bisher

Dafür erläutert Herrmann die Kostenfrage und stellt dar, dass die Stadt für den Tennenbronner Anzeiger jährlich etwa 7000 Euro für Personalkosten ausgibt. Für das Mitteilungsblatt Waldmössingen fallen jährlich 35.000 Euro Personalkosten an.

Da der Tennenbronner Anzeiger von einem Verlag herausgegeben wird, gibt es hier keine Sachkosten. In Waldmössingen druckt und verteilt die Ortsverwaltung das Blatt, und das kostet nochmals etwa 6500 Euro Andererseits nimmt die Stadt jährlich etwa 10.000 Euro mit dem Verkauf von Anzeigen ein. Im kommenden Jahr müsste die Stadt einen neuen Drucker für 12.000 bis 18.000 Euro für Waldmössingen kaufen.

Abzüglich der Anzeigeneinnahmen aus Waldmössingen, kosten die beiden Blätter zusammen 38.500 Euro im Jahr.

Zukunft der Lokalredaktion

Herrmann sieht auch ein Einsparpotenzial, wenn die öffentlichen Bekanntmachungen im Amtsblatt und nicht mehr in der örtlichen Tageszeitung veröffentlicht werden: “Anders als ein Mitteilungsblatt kann ein Amtsblatt dafür genutzt werden, städtische Bekanntmachungen gesetzeskonform zu veröffentlichen.“ Dadurch ließen sich jährlich 10.000 bis 20.000 Euro sparen.

Das würde aber der Lokalzeitung weh tun. Ob dann auch die Lokalredaktion vor Ort bliebe? Die Geschäftsstelle ist bekanntlich schon seit längerem geschlossen. Sulz und Oberndorf haben ihre Lokalredaktionen bereits verloren.

Künftige Kosten bis zu 150.000 Euro

Laut Herrmanns Vorlage hätten „erste Sondierungsgespräche mit einem ortsansässigen Verlag“ eine „sehr grobe Kostenschätzung“ ergeben. Würde das Amtsblatt alle zwei Wochen erscheinen, würde dies 90.000 bis 120.000 Euro pro Jahr kosten. Dafür würde der Verlag den Druck, den Anzeigenverkauf und die Verteilung des Amtsblatts übernehmen.

Wenn das Blatt jede Woche erscheinen soll, dann würde dies etwa 100.000 bis 150.000 Euro kosten.

Mit Blick auf vergangene Diskussionen zum Thema dürfte es in den Gremien lebhafte Debatten pro und contra „Schramberger Amtsblatt“ geben.

image_pdfPDF öffnenimage_printArtikel ausdrucken
Martin Himmelheber (him)
Martin Himmelheber (him)
... begann in den späten 70er Jahren als freier Mitarbeiter unter anderem bei der „Schwäbischen Zeitung“ in Schramberg. Mehr über ihn hier.