Die Ironman-Debütantin des Tria Schramberg glänzt beim Ironman Italy an der Adria mit einer unerwarteten Performance und stellt ihre Konkurrenz in den Schatten. Darüber berichtet die Familie:
Es ist Freitagabend in Cervia, einer kleinen italienischen Stadt direkt an der Adria gelegen, in der Nähe des bekannten Badeort Rimini. Die Temperaturen liegen bei angenehmen 25 Grad Celsius.
Eigentlich steht aktuell auf dem Wettkampfprogramm des Langdistanz Wettkampfes das Rad-Check in an, bei dem alle Athleten ihre Rennräder und ihre Beutel mit Rad- und Laufbekleidung in der Wechselzone an ihrem zugewiesenen Wechselplatz deponieren müssen.
In letzter Minute verschoben
Es hat sich vor der Wechselzone auch bereits eine lange Schlange gebildet. Doch dann kommt erst
mal alles anders. Aufgrund der Wettervorhersage für den Renntag mit Gewitter, Sturmböen und
schweren Regen beschließt der Veranstalter im letzten Moment, den kompletten Wettkampf auf den
Sonntag zu verschieben, da ein Rennabbruch bei einer solchen Lage sehr wahrscheinlich gewesen
wäre.
Also noch ein weiterer Tag Konzentration und Nervosität für die junge 23 jährige Nicole, die bereits
seit ihrer Jugendzeit an vielen Triathlons mit kürzeren Distanzen teilgenommen hat und unter anderem auch bereits für den Post SV Tübingen in der Frauen-Bundesliga gestartet ist.
Nochmal die einzelnen Disziplinen im Kopf durchgehen und taktische Finessen mit ihrem Papa abstimmen, der sie als Coach bis zum Wettkampf geführt hat und sie begleitet. Und tatsächlich spielt das Wetter wie vorhergesagt am Samstag verrückt, keine Veranstaltung an diesem Tag möglich.
Früh-Start am Sonntag
Am Sonntagmorgen ist es dann soweit. Aufstehen und Frühstücken um 5.30 Uhr. Wettkampfanzug
anziehen, Neoprenanzug und Brille fürs Schwimmen einpacken. Geplanter Start für die 3000 Langdistanz Athleten ist ab 7. 15 Uhr. Von hier aus alle 10 Sekunden rollierend immer 15 Starter.
Als Schwimmzeit hat sich Nicole für die Distanz über 3,8 km eine Zeit von einer 1:10 Stunden vorgenommen und nach 1:03:57 kommt sie bereits aus dem Wasser. Dies ist die zweitbeste Zeit in ihrer Altersklasse F18-24. Nur die Bundesliga-Athletin Vera Nickel, ebenfalls aus Deutschland, kommt mit einem Vorsprung von knapp 5 Minuten früher aus dem Wasser und liegt vor ihr.
180 Kilometer Radfahren
Für die nachfolgenden nahezu flachen 180 Rad-Kilometer hat man sich ebenfalls auf eine Taktik festgelegt. Es soll eine feste Wattzahl nicht überschritten werden. Doch aufgrund der vielen
Vorbereitungs-Kilometer läuft es deutlich besser als geplant und Nicole schafft einen Durchschnitt
von 35 km/h pro Kilometer. Das entspricht einer Zeit von 05:19 Stunden. Dies ist wiederum die zweitschnellste Zeit in ihrer Altersklasse. Und wieder ist nur Vera Nickel beinahe 13 Minuten schneller. Nicole hat zu diesem Zeitpunkt also einen Rückstand von 18 Minuten.
Der erste Marathon in Fabelzeit
Der größte Unsicherheitsfaktor ist der abschließende Marathon, den Nicole bis zu diesem Zeitpunkt
noch nie gelaufen ist. Hier ist der Plan eine Kilometerzeit von durchschnittlich 5:45 Minuten zu laufen. Doch auch hier zeigt sich schnell, dass ihr akribisch vorbereiteter Trainingsplan voll aufgeht und sie schafft einen unglaublichen Schnitt von 4:58 Minuten.
Für die mitgereisten Fans und ihren Coach wird es spannend. Einerseits stellt sich die Frage, ob sie es bei diesem Tempo und mittlerweile 28 Grad Celsius bis ins Ziel schafft, andererseits zeigt sich auf dem Live-Tracking, dass der Abstand zur Führenden immer kleiner wird, die mit 5:34 Minuten deutlich langsamer unterwegs ist. Bei Kilometer 33 ist es dann so weit, Nicole überholt die bis dahin führende und liegt nun vorne.
Jetzt muss sie es nur noch ins Ziel schaffen. Und das setzt sie auch um. Mit einer Marathonzeit von 3:28:56 Stunden und einer Gesamtzeit von 9:55:49 gewinnt sie den Ironman Italy in ihrer Altersklasse und lässt die
Zweitplatzierte Vera Nickel 13 Minuten hinter sich.
Jetzt kommt Hawaii
Mit dem Sieg in ihrer Altersklasse gewinnt sie ebenfalls auch einen Startplatz beim legendären World
Championship Ironman in Hawai. Allerdings gestaltet sich die Umsetzung momentan noch sehr schwierig, da ein solcher Startplatz aktuell etwa 10.000 Euro kostet und sich hierfür noch Sponsoren finden müssen.