back to top
...
    NRWZ.deSchrambergNach der Abschiebung: Hilfe für Naira K.

    Nach der Abschiebung: Hilfe für Naira K.

    Artikel
    Kommentare
    Autor / Quelle
    Weitere Artikel
    Für NRWZ.de+ Abonnenten: 

    Zwei Wochen ist es nun her, dass die Lauterbacher Familie um Naira K. in einer nächtlichen Polizeiaktion nach Armenien abgeschoben wurde (wir berichteten). Die junge Frau, die im Begegnungsrestaurant Aladin und Frieda eine Ausbildung beginnen wollte, ihre zwei Kinder im Grundschulalter und ihre Mutter, die ebenfalls im Lauterbacher Integrationsprojekt engagiert war, sitzen noch immer mittellos in einem Hotelzimmer in Ejmiatin (Wagharschapat).

    In Armenien hat die Familie keine Wohnung mehr. „Meine Kinder weinen immer noch, sie möchten zurück in die Schule“, schreibt uns Naira K. per WhatsApp aus dem Hotelzimmer. Ihre sieben und neunjährigen Mädchen würden vor allem auch ihre Freundinnen vermissen. Die Mutter sei außerdem krank, der viele Stress habe ihrer eh schon angeschlagenen Gesundheit geschadet.

    Ausbildung versprochen, Abschiebung erfolgt

    Der Trägerverein des Aladin und Frieda, Fair in die Zukunft, hat inzwischen einen offenen Brief an den baden-württembergischen Ministerpräsidenten Kretschmann, Justizministerin Gentges und Innenminister Strobl veröfentlicht. Darin erklärt der Verein, dass er seit mehr als zwei Jahren versuchte, Naira K. als Auszubildende anzustellen. Doch eine im Juli 2019 erteilte Erlaubnis dafür wurde widerrufen. Ein neuer Ausbildungsvertrag ab ersten September diesen Jahres war bei der IHK bis zur Freigabe durch das Regierungspräsidium hinterlegt. Naira K. war dazu aufgefordert, hierfür noch ihren Pass einzureichen, den sie bei der armenischen Botschaft beantragte. Laut Fair in die Zukunft hatten die Behörden versprochen, dass bei Vorlage des Passes die Ausbildung begonnen werden könne und eine Ausbildungsduldung ausgesprochen werde. Stattdessen wurde er als Grundlage für eine Abschiebung verwendet.

    Das Landratsamt Rottweil teilt dazu mit, dass auch bei Nachweis einer Ausbildungsstelle eine Duldung im Land zu versagen sei „wenn Ausschlussgründe vorliegen und bereits konkrete Maßnahmen der Aufenthaltsbeendigung bevorstehen.“ Zu den Gründen im Fall von Naira K. äußert sich die Behörde nicht, da ausschließlich allgemeine Verfahrensabläufe kommentiert werden.

    Sonja Rajsp, Geschäftsführerin des Aladin und Frieda, findet, der Fall sei eine Schande. Nun fordern sie und der Trägerverein die Politik auf, ihren Stil zu ändern und die Abschiebung dringend rückgängig zu machen. „Auch vor dem Hintergrund des großen Gastronomie-Sterbens aufgrund Personalmangels ist es absolut nicht nachvollziehbar, dass Naira K. und ihre Familie abgeschoben wurden“, schließt Rajsp im offenen Brief, der in ganzer Länge auf www.aladinundfrieda.de veröffentlicht wurde.

    Die zuständige Integrationsmanagerin der Stadt Schramberg, Melissa Otte, bestätigt, dass dieser Fall viele Fragen aufwerfe. Als unabhängige Beratungsstelle müssten nun auch sie überlegen, wie die Integrationsberatung in Fällen von negativ entschiedenen Asylverfahren und bezüglich Integrationsperspektiven von betroffenen Menschen gestaltet werden kann. „Für die Integrationsberatung ist es schwierig, erneut an diesem Fall zu sehen, dass wir zwar die Möglichkeit haben, eine Ausbildungsduldung zu empfehlen, aber damit eventuell die Abschiebung als Konsequenz erfolgt.“ Eigentlich sei die Ausbildungsduldung gerade für Menschen ohne Anrecht auf Asyl geschaffen worden, um sie zu motivieren, sich zu integrieren, die Sprache zu erlernen und ihnen zu ermöglichen, trotzdem ein Ausbildungsverhältnis zu suchen, erklärt Otte.

    „Wir hatten die Hoffnung, dass die Ausbildungsduldung für Naira eine längerfristige Perspektive gewesen wäre, denn sie war ja sehr engagiert, hat die Sprache gelernt und sich um einen Vertrag gekümmert. Wenn das Engagement dann mit einer Abschiebung gedankt wird, ist das natürlich schwierig auch für unsere Arbeit“, so Otte.

    Hilfe für die Familie

    Der Verein Fair in die Zukunft hat eine Spendenaktion für die Familie um Naira K. ins Leben gerufen. Unter dem Betreff „Naira“ kann auf folgendes Vereinskonto gespendet werden: DE26 6439 0130 0643 6110 02.

    Briefe an die Familie können im Restaurant am Lauterbacher Rathausplatz abgegeben werden.

    Auch Unterschriften für den offenen Brief können noch per Email mit Name und Anschrift an kontakt@aladinundfrieda.de oder aladinundfrieda@gmail.com gesendet werden.

    image_pdfArtikel als PDF speichernimage_printArtikel ausdrucken

    Diskutieren Sie mit!

    Hier können Sie einen Kommentar zu unserem Artikel hinterlassen.

    2 Kommentare

    2 Kommentare
    Neueste
    Älteste Meist bewertet
    Inline Feedbacks
    Alle Kommentare anzeigen
    Marita Weissig
    Marita Weissig
    3 Jahre her

    Es ist schön, dass Menschen spenden, um Naira und ihren Kindern einen Neustart in Armenien zu ermöglichen, zurückkommen wird sie wohl nicht mehr. Ihr Asylgesuch wurde letztinstanzlich abgelehnt, was auch nicht weiter verwundert, da Asylgesuche von Armeniern nur selten anerkannt werden. Es kann nicht jeder bleiben, auch nicht mit einer Ausbildungsduldung. Ich kann verstehen, dass man möchte, dass jemand bleibt, den man mag, das Asylrecht unterscheidet aber nicht nach nett und fleissig oder frech und faul, es kommt allein auf die Schutzbedürftigkeit an. Eine Duldung für eine Ausbildung ist eine Ermessensentscheidung der Behörde, bestehen darauf kann man nicht. Darum fehlt mir das Verständnisis, dass sich die Helfer und Unterstützer dermassen über die Abschiebung aufregen und bei der Familie, auch in der Vergangenheit, immer wieder die Hoffnung auf ein Bleiben schürten, obwohl fast alle Anträge abgelehnt wurden. Ehrlicher und sicherlich hilfreicher wäre es gewesen, die Familie auf die Rückkehr ins Heimatland vorzubereiten…..

    Rottweiler Adler
    Rottweiler Adler
    Antwort auf  Marita Weissig
    3 Jahre her

    Die Frage die wir uns alle stellen müssen ist, wäre es besser nach der Ausbildung abzuschieben? Es ist wie die Vorschreiben angemerkt hat immer bitter. Aber Hoffnungen zu wecken und dann den Absturz zu erleben ist nicht schön. Und wir können nicht jeden aufnehmen und kranke Angehörige pflegen. Das verkraftet kein System. Und ja es mag hart zynisch oder unbarmherzig sein. Jeder wo aufschreibt kann nach deutschem Recht Menschen zu sich einladen. Jedoch muss dieser für alle Kosten aufkommen und damit verabschieden sich die meisten ,°Gutmenschen°…..

    image_pdfArtikel als PDF speichernimage_printArtikel ausdrucken

    NRWZ-Redaktion Schramberg
    NRWZ-Redaktion Schramberg
    Unter dem Label NRWZ-Redaktion beziehungsweise NRWZ-Redaktion Schramberg veröffentlichen wir Beiträge aus der Feder eines der Redakteure der NRWZ. Sie sind von allgemeiner, nachrichtlicher Natur und keine Autorenbeiträge im eigentlichen Sinne.Die Redaktion erreichen Sie unter redaktion@NRWZ.de beziehungsweise schramberg@NRWZ.de

    Beiträge

    Letzte Chance auf die „Extrawurst“

    Unglaublich was bei der Mitgliederversammlung eines Schramberger Tennisclubs der Antrag eines zweiten Grills für das einzige türkische Mitglied für Turbulenzen auslösen kann.Schramberg. Nach dem...

    „Deutschland küsst Frankreich“

    Deutsch-französische Freundschaft gibt es seit 1958 in Schramberg offiziell durch die Städtepartnerschaft mit Hirson und Marcinelle in Belgien. In dieser Friedenszeit sind aber auch...

    Benefizkonzert der Cover-Band „Querbeet“ am 23. November

    Am Samstag,  23. November um 19 Uhr, lädt die Cover-Band „Querbeet“ aus Tennenbronn zu einem besonderen Benefizkonzert im Elisabetha-Glöckler-Saal der Stiftung St. Franziskus ein. Die...

    image_pdfArtikel als PDF speichernimage_printArtikel ausdrucken

    Nächster Meilenstein beim Glasfaserausbau

    Der Landkreis Rottweil macht einen großen Schritt in Richtung Gigabitgesellschaft: Mit einem Zuwendungsbescheid in Höhe von 28 Millionen Euro unterstützt der Bund ein weiteres...

    Kran donnert gegen Brücke: 550.000 Euro Schaden

    Massive Verkehrsbehinderungen - nicht durch Schneefall, sondern durch einen Mobilkran. Ein solcher blieb am Freitag an einer Brücke über die B27 bei Dotternhausen hängen.Update,...

    Dolomiti-Eigentümer klagt gegen Abrissverfügung

    Eine schlechte Nachricht hatte Matthias Rehfuß am Ende der öffentlichen Gemeinderatssitzung. Der Fachbereichsleiter Recht und Sicherheit musste mitteilen, dass der Eigentümer des ehemaligen Dolomiti...

    Zollfahnder im Rathaus

    Ermittlungen wegen Schwarzarbeit haben zu einer Durchsuchung im Schramberger Rathaus geführt. Vergangene Woche waren Zollfahnder der Abteilung Finanzkontrolle Schwarzarbeit vor Ort. Dabei gehe es...

    Schramberg drohen magere Jahre

    Eine Haushaltseinbringung ohne Haushaltsrede – das geschieht äußerst selten. Die Haushaltsrede des Oberbürgermeisters oder der Oberbürgermeisterin ist eigentlich der Kern der Haushaltsberatungen. Darin legt...

    Sterbefälle, Geburten, Eheschließungen: die Familiennachrichten für Oktober 2024

    Hier veröffentlichen wir die uns von den Standesämtern im Landkreis Rottweil und von unseren Lesern zur Verfügung gestellten Informationen zu den Geburten, Eheschließungen und...

    image_pdfArtikel als PDF speichernimage_printArtikel ausdrucken

    Das interessiert heute

    Zwei Wochen ist es nun her, dass die Lauterbacher Familie um Naira K. in einer nächtlichen Polizeiaktion nach Armenien abgeschoben wurde (wir berichteten). Die junge Frau, die im Begegnungsrestaurant Aladin und Frieda eine Ausbildung beginnen wollte, ihre zwei Kinder im Grundschulalter und ihre Mutter, die ebenfalls im Lauterbacher Integrationsprojekt engagiert war, sitzen noch immer mittellos in einem Hotelzimmer in Ejmiatin (Wagharschapat).

    In Armenien hat die Familie keine Wohnung mehr. „Meine Kinder weinen immer noch, sie möchten zurück in die Schule“, schreibt uns Naira K. per WhatsApp aus dem Hotelzimmer. Ihre sieben und neunjährigen Mädchen würden vor allem auch ihre Freundinnen vermissen. Die Mutter sei außerdem krank, der viele Stress habe ihrer eh schon angeschlagenen Gesundheit geschadet.

    Ausbildung versprochen, Abschiebung erfolgt

    Der Trägerverein des Aladin und Frieda, Fair in die Zukunft, hat inzwischen einen offenen Brief an den baden-württembergischen Ministerpräsidenten Kretschmann, Justizministerin Gentges und Innenminister Strobl veröfentlicht. Darin erklärt der Verein, dass er seit mehr als zwei Jahren versuchte, Naira K. als Auszubildende anzustellen. Doch eine im Juli 2019 erteilte Erlaubnis dafür wurde widerrufen. Ein neuer Ausbildungsvertrag ab ersten September diesen Jahres war bei der IHK bis zur Freigabe durch das Regierungspräsidium hinterlegt. Naira K. war dazu aufgefordert, hierfür noch ihren Pass einzureichen, den sie bei der armenischen Botschaft beantragte. Laut Fair in die Zukunft hatten die Behörden versprochen, dass bei Vorlage des Passes die Ausbildung begonnen werden könne und eine Ausbildungsduldung ausgesprochen werde. Stattdessen wurde er als Grundlage für eine Abschiebung verwendet.

    Das Landratsamt Rottweil teilt dazu mit, dass auch bei Nachweis einer Ausbildungsstelle eine Duldung im Land zu versagen sei „wenn Ausschlussgründe vorliegen und bereits konkrete Maßnahmen der Aufenthaltsbeendigung bevorstehen.“ Zu den Gründen im Fall von Naira K. äußert sich die Behörde nicht, da ausschließlich allgemeine Verfahrensabläufe kommentiert werden.

    Sonja Rajsp, Geschäftsführerin des Aladin und Frieda, findet, der Fall sei eine Schande. Nun fordern sie und der Trägerverein die Politik auf, ihren Stil zu ändern und die Abschiebung dringend rückgängig zu machen. „Auch vor dem Hintergrund des großen Gastronomie-Sterbens aufgrund Personalmangels ist es absolut nicht nachvollziehbar, dass Naira K. und ihre Familie abgeschoben wurden“, schließt Rajsp im offenen Brief, der in ganzer Länge auf www.aladinundfrieda.de veröffentlicht wurde.

    Die zuständige Integrationsmanagerin der Stadt Schramberg, Melissa Otte, bestätigt, dass dieser Fall viele Fragen aufwerfe. Als unabhängige Beratungsstelle müssten nun auch sie überlegen, wie die Integrationsberatung in Fällen von negativ entschiedenen Asylverfahren und bezüglich Integrationsperspektiven von betroffenen Menschen gestaltet werden kann. „Für die Integrationsberatung ist es schwierig, erneut an diesem Fall zu sehen, dass wir zwar die Möglichkeit haben, eine Ausbildungsduldung zu empfehlen, aber damit eventuell die Abschiebung als Konsequenz erfolgt.“ Eigentlich sei die Ausbildungsduldung gerade für Menschen ohne Anrecht auf Asyl geschaffen worden, um sie zu motivieren, sich zu integrieren, die Sprache zu erlernen und ihnen zu ermöglichen, trotzdem ein Ausbildungsverhältnis zu suchen, erklärt Otte.

    „Wir hatten die Hoffnung, dass die Ausbildungsduldung für Naira eine längerfristige Perspektive gewesen wäre, denn sie war ja sehr engagiert, hat die Sprache gelernt und sich um einen Vertrag gekümmert. Wenn das Engagement dann mit einer Abschiebung gedankt wird, ist das natürlich schwierig auch für unsere Arbeit“, so Otte.

    Hilfe für die Familie

    Der Verein Fair in die Zukunft hat eine Spendenaktion für die Familie um Naira K. ins Leben gerufen. Unter dem Betreff „Naira“ kann auf folgendes Vereinskonto gespendet werden: DE26 6439 0130 0643 6110 02.

    Briefe an die Familie können im Restaurant am Lauterbacher Rathausplatz abgegeben werden.

    Auch Unterschriften für den offenen Brief können noch per Email mit Name und Anschrift an kontakt@aladinundfrieda.de oder aladinundfrieda@gmail.com gesendet werden.

    image_pdfArtikel als PDF speichernimage_printArtikel ausdrucken

    [adinserter name="AnzeigenImArtikelDesktop"]

    Das interessiert diese Woche

    [adinserter name="AnzeigenImArtikelDesktop"]