In diesem Jahr könnte die Schramberger Majolika-Fabrik (SMF) ihren 200. Geburtstag feiern. Eine Buchvorstellung am 12. März begann zu ungewohnter Zeit: 18.20 Uhr. Symbolträchtig sei das, wie Gastgeber Michael Melvin in seiner Begrüßung erklärte:
1820 sei das Gründungsdatum, und am 12. März wäre der 98. Geburtstag von Peter Meyer gewesen. Im Subiaco Kino im Schramberger Majolika-Firmenpark hat die Familie gemeinsam mit etwa 100 Gästen das Erscheinen des Buchs „200 Jahre Schramberger Majolikafabrik“ von Autor Günter Buchholz gefeiert.
Melvin dankte dabei dem Autor und seiner Ehefrau Hannelore, der Co-Autorin Alicja Bienger sowie Stefan Link und Marion Winterhalter für die Gestaltung. Er danke Karin Zeger von der PR-Redaktion des Schwarzwälder Boten für die gute Zusammenarbeit. Die Sonderseiten hätten „viel Zuspruch“ gefunden.
Ein Opfer der Globalisierung
In seiner Begrüßung erinnerte Melvin an die Entstehungsgeschichte und den steten Wandel der Majolikafabrik, die wegen der Revolutionen und Weltkriege immer nur wenige ruhige Jahrzehnte zur Entwicklung gehabt habe. Das Ende 1989 führte Melvin darauf zurück, dass in den 1980er Jahren nach und nach alle Importzölle gefallen seien.“Produkte aus China haben den deutschen Markt damals regelrecht geflutet.“ Die SMF als frühes Opfer der Globalisierung. Von 530 Betreiben im Bereich Keramik mit etwa 90.000 Beschäftigten im Jahr 1960 ist die Branche in Deutschland auf heute 25 Unternehmen mit 5000 Mitarbeitern geschrumpft. Das Konsumverhalten habe eine ganze Industrie zerstört, so Melvin.
Das gesparte Geld sei in Reisen und Käufe von Produkten aus Asien geflossen. Die Abhängigkeiten, etwa bei Antibiotika und anderen Medikamenten spüre man jetzt. „Es ist schwer, optimistisch zu bleiben.“ Nach dem Ende der Produktion 1989 hätten seine Schwester Annette und er aus dem Abstieg einen Erfolg gemacht und den Industriepark entwickelt. Heute biete man mehr als 70 Mietern „Platz und Raum für Ideen und ihre Arbeit“.
Buchholz hat eine ungewöhnliche Uhr
Der Autor Günter Buchholz hatte ein Gedicht zur Geschichte der Majolika vorbereitet. „Ich will ja nicht den ganzen Inhalt des Buches erzählen – sonst kauft es keiner mehr.“ Unter anderem ging er auf die Exilzeit der Familie Meyer während der NS-Diktatur ein:
„Mit Dankbarkeit wird anerkannt,
die Gastfreundschaft von Engelland.“
Auch hatte er eine Verbindung von Junghans zur SMF dabei: Einen Teller im Design Tirol mit Uhr, angetrieben von einem legendären Quarzwerk von Junghans.
Hölderin und der FC Vorwärts
Hans-Peter Schreijäg, Chefredakteur des Schwarzwälder Boten, sprach anschließend über Hölderlin, Beethoven, seine Zeitung und den FC Vorwärts. Er spekulierte, ob es wohl eine Verbindung Hölderlin-Majolika gegeben habe, der Dichter in seinem Turm vielleicht aus einer Majolikatasse getrunken habe.
Etwas handfester war die Beziehung der Majolika zum Zeitungsgründer Wilhelm Brandecker. Der habe eine frühe Jubiläumsschrift der Majolika gedruckt. Immerhin. Beethoven und der FC Vorwärts feierten auch dieses Jahr Jubiläum oder Geburtstag, so Schreijäg, der ansonsten in erster Linie Hölderlin zitierte und dessen Beziehung zur Mutter und Heimat darstellte.
Schließlich dankte Annette Melvin ihrem Bruder, der fünf Jahre das Buchprojekt „vorwärts getrieben“ habe. Sie erinnerte an den geplanten Töpfermarkt am 18. und 19. Juli und lud die Gäste zu Sekt und Canapés in den festlich geschmückten Gang vor der „Alten Malerei“, wo Valentin Melvin am Flügel die Gäste mit Jazz unterhielt.