Lärmaktionsplan kommt erst noch

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Wer darauf hofft, dass am Hammergraben oder an der Oberndorfer Straße schon bald etwas in Sachen Lärmschutz geschieht, der wird enttäuscht sein. Zwar hat die Stadt einen Musterbericht Lärmaktionsplanung ausarbeiten lassen und jetzt auch dem Ausschusss für Umwelt und Technik vorgelegt. Doch was da drin steht, sind lediglich Vorschläge, was man tun könnte.

Es reicht nicht aus, um Maßnahmen wie Tempo 30 tatsächlich anordnen zu können. Dafür bräuchte es einen „Qualifizierten Lärmaktionsplan“. Die Verwaltung hat aber eben nur einen „Musterbericht Lärmaktionsplanung“ ausarbeiten lassen.

Druck von der EU

Wie kommt es zu dieser Doppelung? Die Europäische Union verlangt von Städten und Gemeinden solche Lärmaktionspläne – und zwar seit 2005. Da viele Kommunen das haben schleifen lassen, hat das Landesverkehrsministerium beziehungsweise die Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg LUBW) den Kommunen eine Vorlage erarbeitet, wie sie diesen Lärmaktionsplan leichter erarbeiten können. Wegen der Untätigkeit vieler Kommunen drohte die EU-Kommission  mit Bußgeldern.

Ein solcher Musterbericht soll zur Erstellung der geforderten maximal 10-seitigen Zusammenfassung des Lärmaktionsplans verwendet werden, erläutert die LUBW. „In besonders einfach gelagerten Fällen kann der Musterbericht auch für die Lärmaktionsplanung selbst herangezogen werden.“ Er erfülle die Mindestanforderungen für Aktionspläne der EU-Richtlinie.

In Schramberg sei man anfangs davon ausgegangen, dass auch hier der Musterbericht ausreichend sei, so Joschka Joos von der Stadtplanung. „Erst im Lauf des Verfahrens kam die Info, wir brauchen einen qualifizierten Lärmaktionsplan.“

Veronika Schneider, die die Vorlage erarbeitet hatte, erläuterte das Vorgehen. Man habe den Bericht ausarbeiten lassen und dann öffentlich ausgelegt. Aus der Bürgerschaft seien keine Hinweise gekommen, von den Trägern öffentlicher Belange aber 14. „Die meisten Stellungnahmen befassten sich mit Tempo 30 am Hammergraben und der Oberndorfer Straße“, so Schneider.

Veronika Schneider (ganz rechts am Ratstisch) stellte den Musterbericht zur Lärmaktionsplanung vor. Foto: him

Einwände gegen Tempo 30

Der Radbeauftragte Gunnar Link sah die Gefahr, dass bei Tempo 30 auf der Oberndorfer Straße bis zur Grüne-Baum-Kurve wieder mehr Autofahrer auf die Steige ausweichen. Dadurch werde diese direkte Radverkehrsroute zwischen der Talstadt und Sulgen unsicherer. Er könnte sich ein nächtliches Tempolimit vorstellen.

Das Nahverkehrsamt macht sich Sorgen, dass die Bustakte nicht mehr funktionieren, wenn die Busse nicht mehr Tempo 50 fahren dürften. Die Gemeinden Aichhalden und Schiltach fürchten Ausweichverkehre durchs Aichhalder Loch.

Ein wichtiger Einwand kam vom Regierungspräsidium: „Der Musterbericht zur Beurteilung der Lärmsituation genügt für Schramberg nicht.“ Die Freiburger Behörde verlangt in ihrer Stellungnahme vom 22. Juni 22 einen qualifizierten Lärmaktionsplan. Zwei Monate zuvor habe das RP noch erklärt, der Musterbericht sei ausreichend, heißt es in der Stellungnahme der Verwaltung.

Schneider erläuterte, die Verwaltung wolle nun den Musterbericht verabschieden lassen und anschließend einen „Qualifizierten Lärmaktionsplan“ in Auftrag geben. Dafür werde es Verkehrszählungen und eine Lärmkartierung geben, die über die bisherigen Kartierungen hinaus gehe.

Was In Hinterlehengericht bereits gilt – in Schramberg wehrt sich Schiltach gegen Tempo 30. Foto: hhim

Wozu der qualifizierte Lärmaktionsplan?

Bärbel Pröbstle (SPD-Buntspecht) fragte, ob dieser qualifizierte Plan unbedingt nötig sei. Er sei kein „Muss“, so Schneider, aber es gebe viele Beschwerden wegen Lärm. Deshalb sei es ratsam, ein Büro hinzuzuziehen. Auch fordere das RP den qualifizierten Plan. Als Grundlage, um Tempo 30 anzuordnen, reiche der Musterbericht nicht aus.

Pröbstle ärgerte sich, dass nun „für die nächsten fünf Jahre wieder keine Maßnahmen ergriffen“ würden. Schneider schätzt, dass es ein bis zwei Jahre brauche für den qualifizierten Plan, und Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr ergänzte: „Wir machen ja nicht nichts.“

Pröbstle und Jürgen Kaupp (CDU)  wollten wissen, weshalb man denn nicht gleich den qualifizierten Plan erarbeitet habe. Es habe auch an den fehlenden Kapazitäten in der Stadtplanung damals gelegen, so Schneider.

Fachbüro beauftragt

Nun soll also ein Fachbüro, das bereits  aus einer Ausschreibung erfolgreich hervorgegangen ist, diesen Plan erarbeiten. Der Verkehrszählung werde im Herbst, die Lärmkartierung im Frühjahr beginnen, heißt es in der Vorlage.

Der Ausschuss gab dann eine Empfehlung an den Gemeinderat, den Musterbericht festzulegen, öffentlich bekannt zu geben und an die LUBW zu schicken. Gegen die Vergabe an das Ingenieurbüro stimmte lediglich Bärbel Pröbstle.

 

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Martin Himmelheber (him)
Martin Himmelheber (him)
... begann in den späten 70er Jahren als freier Mitarbeiter unter anderem bei der „Schwäbischen Zeitung“ in Schramberg. Mehr über ihn hier.