Mit deutlicher Mehrheit hat der Schramberger Gemeinderat den schon lange diskutierten Lärmaktionsplan verabschiedet. Damit wird in weiten Teilen der Talstadt künftig Tempo 30 gelten. Auch auf den Sulgener Durchgangsstraßen wird die Geschwindigkeit ganztags auf 30 herabgesetzt. Waldmössingen und Tennenbronn werden nachts auf den Durchgangsstraßen Tempo 30 bekommen. Bei der Entscheidung gab es sieben Nein-Stimmen und fünf Enthaltungen, weniger wegen der Tempobeschränkungen, sondern aus grundsätzlichen Erwägungen.
Schramberg. Die technischen Dinge waren eigentlich schon ausführlich diskutiert. Die Ortschafträte und der Ausschuss für Umwelt und Technik hatten beraten und einstimmig oder mit großen Mehrheiten für die Annahme votiert.
Fundamentale Kritik am Verfahren
Doch im Rat meldete sich Clemens Maurer (CDU) zu Wort und übte „fundamentale“ Kritik am Verfahren: Es werde in die Rechte des Rates eingegriffen, weil er eigentlich gar keine andere Wahl habe, als den Plan so zu beschließen.
Mit der Bürgerbeteiligung werde der Anschein erweckt, „wir hätten eine Entscheidungsbefugnis“. Dabei werde das Ganze vom Gesetz her vorgeschrieben. Wenn der Lärmschutz ein so hohes Gut sei, dann solle der Gesetzgeber in der EU oder im Bund das mit Tempo 30 anordnen.
Maurer hinterfragte auch, wie es zu den Grenzwerten komme und weshalb erst ab 50 Anwohnern der Schutz greife. Er kündigte an, gegen den Plan zu stimmen.
30 – 40 – 30: Bitte keinen Flickenteppich
Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr berichtete, sie werde häufig gefragt, weshalb man nicht mit Tempo 40 arbeite. Dies sei an einigen wenigen Abschnitten zwar ausreichend, meist aber müsse man Tempo 30 anordnen. „Wir bekämen eine Flickenteppich, und das wollen wir nicht.“
Stadtplaner Joschka Joos ergänzte, auch mit Tempo 30 erreiche man die vorgeschriebenen Grenzwerte an etlichen Abschnitten nur „gerade so“. Wenn man dann wechsle von 30 auf 40 und kurz danach wieder 30, dann wäre das ein „Chaos für die Autofahrer“. Eine mit Schramberg vergleichbare Stadt habe dies gemacht. „Die Autofahrer sind genervt und wissen nicht mehr, was wo gilt“.
Joos gab Maurer weitgehend recht, dass es nur in wenigen Fällen einen Entscheidungsspielraum gebe. Andere Maßnahmen wie Lärmschutzwände oder der Einbau von Lärmschutzfenstern seien entweder nicht umsetzbar oder sehr teuer. Eisenlohr verwies auf die Talumfahrung als wichtige Maßnahme, um den Lärm zu mindern.
Auch EU und Bund sind demokratisch legitimiert
Reinhard Günter (SPD-Buntspecht) widersprach Maurer und dessen Feststellung, es gebe keine demokratische Entscheidung. Auch die Entscheidungsgremien der EU und des Bundes seien demokratisch legitimiert.
Birgit Kronenbitter (AfD) erkundigte sich, ob der Lärmschutz die Aussichten für das „Projekt Tunnel“ verschlechtern werde. Sei meinte vermutlich die Talumfahrung. OB Eisenlohr und Joos konnten sie beruhigen, dies sei nicht der Fall.
Jürgen Kaupp (CDU) fragte, ob in Heiligenbronn kürzlich Flüsterasphalt eingebaut worden sei. Da es ein Projekt des Kreises war, konnte Tiefbauabteilungsleiter Konrad Ginter die Frage nicht beantworten.
Trotz Talumfahrung: Lärmschutz lohnt sich jetzt
Tanja Witkowski (SPD-Buntspecht) warb um Zustimmung. „Der Lärmaktionsplan ist eine wichtige Maßnahme, um die Bevölkerung zu schützen.“ Im Grunde sei doch alles durchdiskutiert. Sie bekomme die Rückmeldung aus der Bevölkerung, man möge das nun schnell umsetzen. Die Perspektive für die Talumfahrung seien 20 Jahre. „Bis dorthin lohnen sich Lärmschutzmaßnahmen allemal.“
So sah es eine Mehrheit von 18 Gemeinderätinnen und Räten. Es gab fünf Enthaltungen aus den Reihen der CDU (Peter Bösch, Sabine Haas und Hannes Steim), und der Freien/Neuen Liste (Maximilian Neudeck und Emil Rode).
Die sieben Nein-Stimmen kamen von Clemens Maurer, Thomas Brugger, Michael Melvin und Jürgen Kaupp (CDU), Ralf Kopp und Jürgen Mosmann (Freie/Neue Liste) sowie Frank Kuner (Aktive Bürger). Jürgen Reuter (Aktive Bürger) fehlte krankheitsbedingt.