Ordentlich rote Köpfe, Wütendes auf den Tisch schlagen, das erlebt man selten in den eher betulichen Sitzungen des Schramberger Gemeinderats. Doch in der letzten Sitzung des Ausschusses Umwelt und Technik (AUT) – es ging um die Waldmössinger Kläranlage – hatte Waldmössingens Ortsvorsteher eine ordentliche Wut im Bauch. Das konnte man ihm ansehen und das ließ Reiner Ulrich auch hören.
Schramberg-Waldmössingen. Es lief nicht so, wie Ulrich es sich wünschte. Die Stadtverwaltung war nämlich der Meinung, man brauche mit der Nachbargemeinde Fluorn-Winzeln nicht wegen einer Gemeinschaftskläranlage verhandeln. Die eigene Anlage habe schließlich eine Betriebsgenehmigung bis zum Ende des Jahres 2038. „Danach können wir weitere 15 Jahre genehmigt bekommen“, so der Leiter der Abteilung Tiefbau Konrad Ginter.
Erst lehnt Fluorn-Winzeln ab, dann Schramberg
Schon vor zwei Jahrzehnten habe es zwischen Schramberg, Waldmössingen und Fluorn-Winzeln Gespräche zum Bau einer Gemeinschaftskläranlage gegeben, heißt es in einer Vorlage für den Ausschuss Umwelt und Technik. Damals aber habe Fluorn-Winzeln die Zusammenarbeit abgelehnt. Daraufhin baute die Stadt Schramberg in Waldmössingen eine hochmoderne Mikrofiltrations-Anlage mit Membrantechnologie.
Um 2017 wollte dann Fluorn-Winzeln doch die Zusammenarbeit. Aber man sei sich nicht einig geworden und beendete die Gespräche 2021. Schramberg beantragte daraufhin für die Waldmössinger Anlage eine neue wasserrechtliche Genehmigung und erhielt diese im September 2023.
Nun sei der Bürgermeister der Gemeinde Fluorn-Winzeln „mit dem Wunsch der Wiederaufnahme der Gespräche an die Verwaltung herangetreten“, berichtete Ginter.
Eigene Anlag topp in Schuss
Er berichtete, dass die Stadt viel Geld, nämlich 500.000 Euro, in die Anlage Waldmössingen investiert habe: Ihre Leistung sei nun wesentlich größer. Der hohe Stromverbrauch werde durch eine eigene Photovoltaikanlage zum Teil gedeckt.
Die einst teuren Membrane würden günstiger, da inzwischen zehn bis 15 Hersteller auf dem Markt seien. Auch würde an dieser Stelle weiterhin ein „Betriebspunkt“ erhalten bleiben. Das Abwasser müsse ja nach Winzeln gepumpt werden. Statt Kläranlage hätte man dann eben eine Pumpstation.
Die Baukosten für eine neue Anlage wären heute deutlich teurer, der Bau eines Ableitungskanals nach Fluorn-Winzeln sehr aufwändig, denn die Stadt müsste Privatgrundstücke nützen. Und zuletzt sei der Eigenbetrieb Abwasser in den nächsten Jahren mit dem Kanalbau von Tennenbronn nach Schramberg und der Ertüchtigung der Kläranlage Schramberg finanziell und personell ausgelastet.
Die Verwaltung schlage daher vor, einem Kläranlagenzusammenschluss mit Fluorn-Winzeln derzeit nicht näher zu treten und die Kläranlage Waldmössingen zunächst bis zum Ende der Genehmigungsfrist am 31. Dezember 2038 weiter zu betreiben.
Der Ortschaftsrat habe gefordert, die Stadt solle den Anschluss mit Fluorn–Winzeln prüfen, berichtete Ginter. Er wolle „klare Worte, entweder oder“.
Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr fügte an, die Stadt wolle die Tür nicht endgültig zuschlagen, man wolle „derzeit“ keinen Kläranlagenzusammenschluss, heiße es in der Vorlage.
Waldmössinger wollen Interkommunale Zusammenarbeit und Untersuchung
Aus der Waldmössinger Ecke im Ausschuss meldete sich Ortsvorsteher Ulrich, sprach von mehreren Perspektiven “interkommunaler Zusammenarbeit“, die man mit Fluorn-Winzeln erhalten solle. Der Standort der Kläranlage sei „suboptimal im Freizeitgelände“.
Man solle „die Perspektive offen halten“, die „Genehmigungsperspektive nach 2038 in Einklang bringen“, um dann vielleicht gemeinsam etwas zu machen. Er forderte, man möge „Ernsthaftigkeit zeigen“.
Die Membrantechnik sei trotz PV-Anlage energieintensiv. „Das wird uns noch drücken.“ Der Ortschaftsrat Waldmössingen habe nicht nur Gespräche, sondern auch „Untersuchungen“ dazu gefordert. Es wundere ihn, dass „die Verwaltung“ diesen Beschluss einfach übergehe. Nebenbei gemerkt, die Ortvorsteher sind qua Gemeindeordnung Teil der Verwaltung.
Jürgen Kaupp (CDU) fand, man möge doch Gespräche führen, damit man in 14 Jahren zu einem Ergebnis komme. Eine gemeinsame Kläranlage hätte für beide Vorteile. Auch das Regierungspräsidium und das Landratsamt drängten darauf, kleine Kläranlagen zusammen zu legen.
OB: Jetzt kein Geld ausgeben
Oberbürgermeisterin Eisenlohr bestand auf dem Beschlussvorschlag. Man könne gern im Gespräch bleiben. „Aber Untersuchungen kosten Geld“. Anfang der 2030er Jahre könne man dann gern Gespräche führen, schlug sie vor.
Ginter ging nochmals auf die Membrantechnik ein, die eine Wasserqualität liefere, „besser als Badewasser“. Der Heimbach würde im Sommer austrocknen, käme nicht der Zufluss aus der Kläranlage. Dasselbe gelte für den Teich beim Erlebnisbauernhof.
„2002 war die Membrananlage sehr innovativ. Heute bauen sie unsere Anlage nach.“ Ginter wies außerdem darauf hin, das Fluorn-Winzeln spätestens 2027 seine neue Kläranlage bauen müsse. Bis dahin sei ein Anschluss nicht zu machen.
Emil Rode (Freie Liste) riet zu „offenen Gesprächen“, man solle kooperativ bleiben mit der Nachbargemeinde.
Weil Eisenlohr ihm offenbar nicht rechtzeitig das Wort erteilt hatte, schlug Ulrich lautstark auf den Ratstisch. Eisenlohr versicherte, sie wolle nur jetzt kein Geld ausgeben. „Wir müssen uns jetzt kein weiteres großes Investitionsprojekt holen“, fand sie. Sie verstehe den Wunsch aus Waldmössingen, die Kläranlage loszuwerden. „Wir werden an dieser Stelle aber immer etwas haben.“ Statt Kläranlage eben ein Pumpwerk.
Keine Mehrheit für Waldmössinger Wünsche
Ulrich fand „befremdlich, wie von der Verwaltung eine Sichtweise vertreten wird“. Es gebe schließlich einen Beschluss des Ortschaftsrats.
Kaupp beantragte daraufhin, den Beschluss aus dem Ortschaftrat, man solle „Untersuchungen aufnehmen“, in den Beschluss des AUT aufzunehmen. Dafür stimmte nur er selbst. Bei vier Enthaltungen und fünf Nein-Stimmen hat der Ausschuss das abgelehnt.
Am Ende gab es einen einstimmigen Empfehlungs-Beschluss, wonach „in der Mitte der dreißiger Jahre mit Fluorn-Winzeln Gespräche geführt werden sollen, ob ein Zusammengehen bei der Kläranlage möglich ist“. Ortschaftsrat und Gemeinderat seien darüber zu unterrichten. Entscheiden wird der Gemeinderat am 6. Juni. Mal sehen, ob‘s dann wieder rote Köpfe gibt.