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Kern-Liebers-Tochter: Belegschaft in Aufruhr

Schramberg/Göppingen. Heftiger Streit beim Kern-Liebers-Tochterunternehmen Saxonia in Göppingen. Der Geschäftsführer Uwe Habisch hatte schon im April seine Mitgliedschaft im Arbeitgeberverband Südwest-Metall gekündigt, um die anstehende Tariferhöhung nicht mitmachen zu müssen. Das berichtet die Südwestpresse.

Bei einer Betriebsversammlung habe der Geschäftsführer den etwa 250 Beschäftigten die Nachricht verkündet, sehr zum Missfallen der Belegschaft. Zur Begründung nannte Habisch, der die beiden Teilfirmen Saxonia Umformtechnik und Saxonia Textile Parts leitet, Lieferkettenprobleme, der Ukraine-Krieg und die Energiekrise machten dem Unternehmen zu schaffen. Das Lohnplus würde das Unternehmen 1,5 Millionen Euro kosten. Würde er die Lohnerhöhung zahlen, würde er das Unternehmen an die Wand fahren. Er wolle aber den Standort Göppingen erhalten.

Die Belegschaft von Saxonia in Göppingen ist am Donnerstag auf die Straße gegangen. Foto: IG Metall

Belegschaft angelogen?

„Die Beschäftigten fühlen sich angelogen und verraten“, zitiert die Südwestpresse Dieter Frey, den Vorsitzenden des gemeinsamen Betriebsrats für beide Firmen.

Für besonderen Ärger habe gesorgt, dass die Geschäftsleitung in den vergangenen Monaten immer wieder Überstunden und Mehrarbeit verlangt habe und „gleichzeitig heimlich die Tarifbindung gekündigt hat“, habe Manuel Schäfer von der IG Metall Göppingen-Geislingen erklärt.

Sorge vor Tarifflucht auch in Schramberg

Die Tarifflucht in Göppingen hat auch die Gewerkschaft in Schramberg beim Mutterkonzern Kern-Liebers alarmiert. Bei der Betriebsversammlung vor einigen Tagen hatte die Geschäftsführung sehr ähnlich argumentiert. Der Tarifvertrag sei für Mittelständler schwer umsetzbar, es werde ein Millionen-Loch entstehen.

In einer Solidaritätsadresse der IG Metall-Vertrauensleute bei Kern-Liebers an die Kolleginnen und Kollegen von Saxonia heißt es, man habe „mit Bestürzung“ von dem Austritt aus dem Arbeitgeberverband erfahren. Zum gestrigen Warnstreik schreiben sie in einem Aushang: „Respekt, was Ihr auf die Beine gestellt habt.“

Aushang der IG Metall-Vertrauensleute.

Die Tarifbindung sei den Vertrauensleuten von Kern-Liebers sehr wichtig. Dies gelte für alle Unternehmen der Kern-Liebers Gruppe. „Wir sind entsetzt über das Vorgehen der Firma. Der Austritt aus dem Arbeitgeberverband ist kein Kavaliersdelikt“, heißt es weiter. Man erwarte von der Geschäftsleitung, dass wieder Gespräche aufgenommen werden, um die Tarifbindung wieder herzustellen.

Kundgebung und Warnstreik in Göppingen

Bei Saxonia in Göppingen sind am Donnerstag die Beschäftigten in der Mittagspause auf die Straße gegangen. Um 5 vor zwölf haben sie der Geschäftsleitung die „Rote Karte“ gezeigt. Die Belegschaft sei nicht bereit, „den Arbeitgeberverbandsaustritt widerstandslos hinzunehmen“, betont Manuel Schäfer von der IG Metall.

Warnstreik am Donnerstag bei Kern-Liebers-Tochter Saxonia. Foto: IG Metall

„Wir müssen davon ausgehen, dass die Geschäftsleitung den Beschäftigten noch mehr weg nehmen will“ so Pascal Holz von der IG Metall laut einer Gewerkschaftsmitteilung. Holz habe bis Oktober 22 den Betrieb betreut.

„Bereits im vergangen Jahr wollte Herr Habisch weitgehende Verzichte der Beschäftigten um die Gewinne des Kern-Liebers Konzerns zu sichern. Er war aber zu keinen Gegenleistungen bereit. Als wir Konzepte forderten, wie damit die Arbeitsplätze in Göppingen gesichert werden sollen, hat er die Gespräche abgebrochen.“ Viele Saxonia-Beschäftigte seien dem Gewerkschaftsaufruf gefolgt, so die IG Metall weiter.

Kein Kommentar von Dr. Erek Speckert

Die Sulgener Kern-Liebers Tochter Carl Haas hatte 2014 den Arbeitgeberverband verlassen. Auch andere Tochterunternehmen sind nicht tarifgebunden. Beim Stammwerk in Schramberg hatte der langjährige Chef Dr. Hans-Jochem Steim mit der Belegschaft über viele Jahre „Bündnisse für Arbeit“, also Vereinbarungen geschlossen, wonach es Arbeitsplatzsicherheit gegen zwei Stunden unbezahlte Mehrarbeit gab.

Eine Anfrage der NRWZ vom Mittwoch an den Vorsitzenden der Geschäftsleitung von Kern-Liebers, Dr. Erek Speckert zum Ausscheiden der Göppinger Tochterunternehmen aus dem Arbeitgeberverband blieb bis zum Freitagmittag unbeantwortet. Auch auf die Frage, ob das dortige Vorgehen möglicherweise als „Blaupause“ für den Standort Schramberg gedacht sei, hat er sich nicht geäußert.

 

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