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    NRWZ.deSchrambergKatholisches Pfarrhaus Waldmössingen: Watschn für den Ortsvorsteher

    Regierungspräsidium: Über die Nutzung entscheidet der Gemeinderat

    Katholisches Pfarrhaus Waldmössingen: Watschn für den Ortsvorsteher

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    Im Streit um das ehemalige katholische Pfarrhaus von Waldmössingen hat jetzt das Regierungspräsidium Freiburg der Stadtverwaltung Recht gegeben. Nicht der Ortschaftsrat, sondern der Gemeinderat habe zu entscheiden, wie das Gebäude in der Dorfmitte zukünftig genutzt wird.

    Schramberg. „Vor einiger Zeit wurde eine Meinungsverschiedenheit zwischen der Schramberger Stadtverwaltung und dem Ortsvorsteher in der Presse veröffentlicht“, formuliert der Sprecher der Stadtverwaltung Hannes Herrmann diplomatisch. Ortsvorsteher Reiner Ullrich hatte der Oberbürgermeisterin „verfassungswidriges Verhalten“ vorgeworfen.

    Es sei bei der „Meinungsverschiedenheit“ darum gegangen, wer über die Nutzung einer Immobilie, des ‚Alten Pfarrhauses‘, eines Betongebäudes in unmittelbarer Nachbarschaft zur Ortsverwaltung in Waldmössingen, zu entscheiden habe: der Gemeinderat oder der Ortschaftsrat.

    Ullrich hat das Regierungspräsidium eingeschaltet

    In diesem Streit hatte sich Ortsvorsteher Ullrich ans Regierungspräsidium (RP) gewandt. In der Antwort von Ende September bedauert das RP, dass zwischen Ortschaftsrat, Gemeinderat und Stadtverwaltung offenbar kein Konsens „hinsichtlich der jeweiligen Zuständigkeiten besteht“.

    In dem ausführlichen Schreiben stellt das RP fest, dass Ortschaftsräte „die örtliche Verwaltung beraten“. In allen die Ortschaft betreffenden Angelegenheiten hätten sie ein „Vorschlagsrecht“.

    Ortschaftsrat ist nicht allmächtig

    In wichtigen die Ortschaft betreffenden Angelegenheiten bestehe ein Anhörungsrecht. „Darüber hinaus können dem Ortschaftsrat gemäß § 70 Abs. 2 GemO durch Hauptsatzung bestimmte Angelegenheiten zur Entscheidung übertragen werden.“ Wie die Kommunen dies ausgestalten, da lasse das Gesetz den Gemeinden einen großen Spielraum.

    Der Ortschaftsrat hatte sich auf die Eingemeindungsvereinbarung berufen. Der darin enthaltene Hinweis „im Rahmen der Haushaltsmittel“ habe aber nur „deklamatorischen Charakter“, so das RP. Es sollte besonders herausgestellt werden, „dass bei der Ausübung der Entscheidungskompetenzen durch den Ortschaftsrat die Haushaltsmittel den Rahmen vorgeben“.

    Für das RP ergäben sich aus der Eingliederungsvereinbarung „keine Anhaltspunkte, dass mit dem erfolgten Zusatz weitergehende Entscheidungsbefugnisse übertragen werden sollten“.

    Der Ortschaftsrat könne entscheiden, wie die für die Ortschaft vorgesehenen Mittel (beispielsweise für die Straßensanierung) eingesetzt werden. „Die Festlegung der Mittelansätze obliegt wiederum uneingeschränkt dem Gemeinderat im Rahmen der Beschlussfassung über den Haushaltsplan“, stellt das Regierungspräsidium klar.

    Vereinsräume oder Flüchtlingsunterbringung?

    Im Fall des ehemaligen Pfarrhauses hatte der Ortschaftsrat geplant, dort Räume für die Vereine einzurichten. Die Stadt dagegen möchte das Gebäude für die Flüchtlingsunterbringung bereithalten. Es sei schließlich der Wunsch des Gemeinderates, die Flüchtlinge auf alle Stadtteile zu verteilen.

    Bei dem Streit ging es verbal hoch her: Ullrich warf der Stadtverwaltung „verfassungs- und rechtswidriges Verhalten“ vor und sprach von einem „glatten Rechtsbruch“, weil die Verwaltung an ihm vorbei gehandelt habe.

    Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr konterte, Amtsträger seien „nicht zum Aufplustern des eigenen Egos oder zum Rechthaben da“.

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    Reiner Ullrich in einer Sitzung des Schramberger Gemeinderats 2022 Archiv-Foto: him

    Der Gemeinderat entscheidet

    Nun hat Eisenlohr recht bekommen. Stadtsprecher Hannes Herrmann zitiert die entscheidende Passage aus dem Brief des Regierungspräsidiums: „Die Nutzung des alten Pfarrhauses zeigt unseres Erachtens deutlich die Grenzen der Entscheidungsbefugnis des Ortschaftsrates auf. Durch den Erwerb des Gebäudes durch die Stadt Schramberg ging dieses in den gemeindeeigenen Bestand über.“

    Das Pfarrhaus werde aber allein durch diesen Erwerb noch nicht ‚automatisch‘ zu einem öffentlichen Gebäude. „Dies setzt eine vom Gemeinderat zu treffende Entscheidung über die künftige Nutzung voraus.“ Dabei sei der Ortschaftsrat „zu hören“.

    Herrmann zum weiteren Vorgehen: „Die kommunalen Gremien werden über die künftige Nutzung und eine dafür gegebenenfalls notwendige Renovierung des Alten Pfarrhauses beraten. „Dabei werde der Ortschaftsrat selbstverständlich, wie bei allen für den Stadtteil wichtigen Themen, gehört und könne eine Empfehlung abgeben. „Die endgültige Entscheidung trifft, wie vom RP bekräftigt, der Gemeinderat.“

    Ullrich bleibt Ortsvorsteher auf Abruf

    Reiner Ullrich hatte, wie berichtet , auf seine Wiederwahl Anfang September verzichtet. Er will bis auf weiteres als geschäftsführender Ortsvorsteher weiter machen. Die Stadtverwaltung hat angekündigt, sich rasch um eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger zu kümmern.

    Dann muss sie für Ullrich eine andere, angemessene Verwendung finden, bis er, wie angekündigt, im August 2026 mit 63 Jahren in Ruhestand tritt.

    Ullrich: Argumente sind „nachvollziehbar“, aber….

    Nachtrag: Nach Fertigstellung des obenstehenden Artikels schickte Herrmann zur Ergänzung zwei weitere Mails. So hatte Ullrich nach der Stellungnahme durch das Regierungspräsidiums deren Argumente am 26. September akzeptiert. Sie seien „nachvollziehbar“.

    Er hatte aber moniert, dass der Begriff “Benützung“ im Zusammenhang mit der Ausgestaltung öffentlicher Gebäude nicht in die Auslegung einbezogen worden sei. Auch sei das alte Pfarrhaus ein Wohngebäude  und werde „mit Erwerb zunächst zum städtischen Wohngebäude“. Eine Möglichkeit der Nutzung sei die zu Wohnzwecken.

    RP: Der Gemeinderat entscheidet im Haushaltsplan

    Alexandra Hambrecht vom Regierungspräsidium erwidert tags drauf: Die künftige Nutzung sei ihres Wissens noch offen „und diese Entscheidung obliegt nach unserer Auffassung dem Gemeinderat“. Der Gemeinderat müsse im Rahmen der Haushaltsplanung die erforderlichen Mittel zur Verfügung stellen.

    „Im Rahmen dieser Haushaltsmittel kann dann der Ortschaftsrat über die Ausgestaltung und Benützung des Gebäudes entsprechend der Grundsatzentscheidung des Gemeinderates entscheiden.“

    Sprich: Sollte der Gemeinderat die Flüchtlingsunterbringung beschließen, kann der Ortschaftsrat entscheiden, ob die Türen blau oder rot gestrichen werden.

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    Martin Himmelheber (him)
    Martin Himmelheber (him)
    ... begann in den späten 70er Jahren als freier Mitarbeiter unter anderem bei der „Schwäbischen Zeitung“ in Schramberg. Mehr über ihn hier.

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    Im Streit um das ehemalige katholische Pfarrhaus von Waldmössingen hat jetzt das Regierungspräsidium Freiburg der Stadtverwaltung Recht gegeben. Nicht der Ortschaftsrat, sondern der Gemeinderat habe zu entscheiden, wie das Gebäude in der Dorfmitte zukünftig genutzt wird.

    Schramberg. „Vor einiger Zeit wurde eine Meinungsverschiedenheit zwischen der Schramberger Stadtverwaltung und dem Ortsvorsteher in der Presse veröffentlicht“, formuliert der Sprecher der Stadtverwaltung Hannes Herrmann diplomatisch. Ortsvorsteher Reiner Ullrich hatte der Oberbürgermeisterin „verfassungswidriges Verhalten“ vorgeworfen.

    Es sei bei der „Meinungsverschiedenheit“ darum gegangen, wer über die Nutzung einer Immobilie, des ‚Alten Pfarrhauses‘, eines Betongebäudes in unmittelbarer Nachbarschaft zur Ortsverwaltung in Waldmössingen, zu entscheiden habe: der Gemeinderat oder der Ortschaftsrat.

    Ullrich hat das Regierungspräsidium eingeschaltet

    In diesem Streit hatte sich Ortsvorsteher Ullrich ans Regierungspräsidium (RP) gewandt. In der Antwort von Ende September bedauert das RP, dass zwischen Ortschaftsrat, Gemeinderat und Stadtverwaltung offenbar kein Konsens „hinsichtlich der jeweiligen Zuständigkeiten besteht“.

    In dem ausführlichen Schreiben stellt das RP fest, dass Ortschaftsräte „die örtliche Verwaltung beraten“. In allen die Ortschaft betreffenden Angelegenheiten hätten sie ein „Vorschlagsrecht“.

    Ortschaftsrat ist nicht allmächtig

    In wichtigen die Ortschaft betreffenden Angelegenheiten bestehe ein Anhörungsrecht. „Darüber hinaus können dem Ortschaftsrat gemäß § 70 Abs. 2 GemO durch Hauptsatzung bestimmte Angelegenheiten zur Entscheidung übertragen werden.“ Wie die Kommunen dies ausgestalten, da lasse das Gesetz den Gemeinden einen großen Spielraum.

    Der Ortschaftsrat hatte sich auf die Eingemeindungsvereinbarung berufen. Der darin enthaltene Hinweis „im Rahmen der Haushaltsmittel“ habe aber nur „deklamatorischen Charakter“, so das RP. Es sollte besonders herausgestellt werden, „dass bei der Ausübung der Entscheidungskompetenzen durch den Ortschaftsrat die Haushaltsmittel den Rahmen vorgeben“.

    Für das RP ergäben sich aus der Eingliederungsvereinbarung „keine Anhaltspunkte, dass mit dem erfolgten Zusatz weitergehende Entscheidungsbefugnisse übertragen werden sollten“.

    Der Ortschaftsrat könne entscheiden, wie die für die Ortschaft vorgesehenen Mittel (beispielsweise für die Straßensanierung) eingesetzt werden. „Die Festlegung der Mittelansätze obliegt wiederum uneingeschränkt dem Gemeinderat im Rahmen der Beschlussfassung über den Haushaltsplan“, stellt das Regierungspräsidium klar.

    Vereinsräume oder Flüchtlingsunterbringung?

    Im Fall des ehemaligen Pfarrhauses hatte der Ortschaftsrat geplant, dort Räume für die Vereine einzurichten. Die Stadt dagegen möchte das Gebäude für die Flüchtlingsunterbringung bereithalten. Es sei schließlich der Wunsch des Gemeinderates, die Flüchtlinge auf alle Stadtteile zu verteilen.

    Bei dem Streit ging es verbal hoch her: Ullrich warf der Stadtverwaltung „verfassungs- und rechtswidriges Verhalten“ vor und sprach von einem „glatten Rechtsbruch“, weil die Verwaltung an ihm vorbei gehandelt habe.

    Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr konterte, Amtsträger seien „nicht zum Aufplustern des eigenen Egos oder zum Rechthaben da“.

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    Reiner Ullrich in einer Sitzung des Schramberger Gemeinderats 2022 Archiv-Foto: him

    Der Gemeinderat entscheidet

    Nun hat Eisenlohr recht bekommen. Stadtsprecher Hannes Herrmann zitiert die entscheidende Passage aus dem Brief des Regierungspräsidiums: „Die Nutzung des alten Pfarrhauses zeigt unseres Erachtens deutlich die Grenzen der Entscheidungsbefugnis des Ortschaftsrates auf. Durch den Erwerb des Gebäudes durch die Stadt Schramberg ging dieses in den gemeindeeigenen Bestand über.“

    Das Pfarrhaus werde aber allein durch diesen Erwerb noch nicht ‚automatisch‘ zu einem öffentlichen Gebäude. „Dies setzt eine vom Gemeinderat zu treffende Entscheidung über die künftige Nutzung voraus.“ Dabei sei der Ortschaftsrat „zu hören“.

    Herrmann zum weiteren Vorgehen: „Die kommunalen Gremien werden über die künftige Nutzung und eine dafür gegebenenfalls notwendige Renovierung des Alten Pfarrhauses beraten. „Dabei werde der Ortschaftsrat selbstverständlich, wie bei allen für den Stadtteil wichtigen Themen, gehört und könne eine Empfehlung abgeben. „Die endgültige Entscheidung trifft, wie vom RP bekräftigt, der Gemeinderat.“

    Ullrich bleibt Ortsvorsteher auf Abruf

    Reiner Ullrich hatte, wie berichtet , auf seine Wiederwahl Anfang September verzichtet. Er will bis auf weiteres als geschäftsführender Ortsvorsteher weiter machen. Die Stadtverwaltung hat angekündigt, sich rasch um eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger zu kümmern.

    Dann muss sie für Ullrich eine andere, angemessene Verwendung finden, bis er, wie angekündigt, im August 2026 mit 63 Jahren in Ruhestand tritt.

    Ullrich: Argumente sind „nachvollziehbar“, aber….

    Nachtrag: Nach Fertigstellung des obenstehenden Artikels schickte Herrmann zur Ergänzung zwei weitere Mails. So hatte Ullrich nach der Stellungnahme durch das Regierungspräsidiums deren Argumente am 26. September akzeptiert. Sie seien „nachvollziehbar“.

    Er hatte aber moniert, dass der Begriff “Benützung“ im Zusammenhang mit der Ausgestaltung öffentlicher Gebäude nicht in die Auslegung einbezogen worden sei. Auch sei das alte Pfarrhaus ein Wohngebäude  und werde „mit Erwerb zunächst zum städtischen Wohngebäude“. Eine Möglichkeit der Nutzung sei die zu Wohnzwecken.

    RP: Der Gemeinderat entscheidet im Haushaltsplan

    Alexandra Hambrecht vom Regierungspräsidium erwidert tags drauf: Die künftige Nutzung sei ihres Wissens noch offen „und diese Entscheidung obliegt nach unserer Auffassung dem Gemeinderat“. Der Gemeinderat müsse im Rahmen der Haushaltsplanung die erforderlichen Mittel zur Verfügung stellen.

    „Im Rahmen dieser Haushaltsmittel kann dann der Ortschaftsrat über die Ausgestaltung und Benützung des Gebäudes entsprechend der Grundsatzentscheidung des Gemeinderates entscheiden.“

    Sprich: Sollte der Gemeinderat die Flüchtlingsunterbringung beschließen, kann der Ortschaftsrat entscheiden, ob die Türen blau oder rot gestrichen werden.

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