Kandidat Nummer drei: Dirk Caroli

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SCHRAMBERG  – Schwarzer Anzug, weißes Hemd, klassisch blau gestreifte Krawatte mit silberner Krawattennadel, die sorgfältig gestutzten Igelhaare leicht grau meliert. Eine kantige schwarze Brille. Dirk Caroli zeigt auch äußerlich: Ich will was erreichen.

Sein Ziel: Oberbürgermeister der Stadt Schramberg. Am Montag war er in der Stadt, hat seine Bewerbungsunterlagen eingereicht. Wir treffen uns in einer Bäckerei, er holt sich eine Sahnetorte und ein Mineralwasser: „Still.“ Womit fangen wir an?

„Ich bin 46 Jahre alt und lebe in einer Patch-Work-Familie“, erzählt er. Mit seiner Lebensgefährtin ziehe er fünf Kinder groß. Er sei Bereitschaftsleiter beim deutschen Roten Kreuz und habe grad ein Wochenende beim Vöhrenbacher Stadtfest hinter sich. Es sei „nichts dramatisches“ passiert. „Schreiben Sie: ‚Keine besonderen Vorkommnisse‘“, meint er lachend. Er engagiere sich seit Jahren auch beim „Stadtgeflüster“ und unterstütze gemeinnützige Organisationen wie den Verein Sternschnuppe und das Kinderhospiz.

Schnell kommen wir auf die Politik, seine Zeit bei der AfD. „Ich war ja schon bei der Wahlalternative 2013 dabei, bevor die AfD gegründet wurde“, berichtet er. Das Eurothema habe ihn umgetrieben. Dass zwei Länder für die Hälfte haften sollten: „Daran muss man was ändern“, fand er. Bei der Gemeinderatswahl 2014 wird Caroli in den Stadtrat von Villingen-Schwenningen gewählt.

Bei der Parteigründung seien sie dann Novizen gewesen und förmlich überrannt worden. Er habe 2015 keine Chance mehr gesehen, „das Ruder noch herumzureißen“ und sei im Februar 2015 aus der AfD wieder ausgetreten. Das bei der AfD herrschende Gedankengut habe er vor der Bevölkerung nicht mehr vertreten können und deshalb „die Notbremse gezogen“. Sein Gemeinderatsmandat habe er behalten, um einen AfD-Nachrücker zu verhindern.

Die AfD sah das ziemlich anders. Die Lokalpresse berichtete damals, Caroli sei einem Parteiausschluss zuvorgekommen, es habe bei der Kassenabrechnung Unregelmäßigkeiten gegeben, behauptete der verbliebene AfD-Vorstand. Caroli entgegnet auf Nachfrage der NRWZ: „Ich war gar nicht für die Kasse zuständig.“ 

Die AfDler erklärten damals, Caroli sei es bei seinem Austritt „ganz offensichtlich um seine eigene politische Karriere gegangen“. Die setzte er bei den Liberalen fort: Er sei zunächst fraktionsloses Mitglied im Rat geblieben, erzählt Caroli, habe sich nach einiger Zeit der FDP angeschlossen. Nach einem Gespräch mit Christian Lindner im Januar 2016 sei er FDP-Mitglied geworden. Seine Facebookseite zeugt davon. In der FDP im Schwarzwald-Baar-Kreis wurde er bald schon stellvertretender Kreisvorsitzender. Die FDP-Homepage zeigt die Bilder des 2013 gewählten Kreisvorstands. Total veraltet, seien die, bekennt Caroli. „Tja, und wir fordern die Digitalisierung…“ Man sei gerade dabei, die Homepage wieder in eigener Regie auf Vordermann zu bringen.

Wir kommen langsam auf Schramberg: „Ich trete hier nicht parteispezifisch an“, so Caroli. „Parteipolitisches Geplänkel“ sei in der Kommunalpolitik fehl am Platz. Wicht sei aber ein gutes Netzwerk in die verschiedenen Parlamente – und darüber verfüge er. Schließlich hat er sogar ein paar Monate für AfD-Europaabgeordnete in Brüssel und Straßburg gearbeitet.

Schramberg sei ihm nicht ganz fremd, „ich bin schon ein paar Mal da gewesen“, versichert er. Im Kernbereich habe er 13 leer stehende Geschäfte vorgefunden. Das sei auch für den Tourismus nicht gut. Seine Lösung: „Ein City-Management wäre angebracht.“  Überhaupt Tourismus: „Tennenbronn hat ein schönes Skigebiet.“ Da hat Caroli offenbar eine Entdeckung gemacht.

Weiter geht es mit der Jugend: Für die gebe es nicht so viele Angebote. „Er wolle „der Jugend eine Stimme geben“ und einen Jugendgemeinderat einrichten. Ich erkläre, dass in Sachen Jugendbeteiligung Schramberg einen eigenen Weg beschreitet, ah so. Nach dem Abitur müsse doch nicht jeder weggehen, findet Caroli: „Warum ist ein Meisterbrief schlechter gestellt als ein Master?“

Ein Gründerzentrum für Unternehmen und Start-ups schwebt ihm vor Für die sei „Schramberg doch ein sehr interessantes Pflaster“. Die Stadtverwaltung müsse die kleinen und mittleren Unternehmen stärker unterstützen. Die Firmen würden nicht genug aufgeklärt, wenn sie bestimmte Unterlagen beibringen müssten.

Die Landesgartenschaubewerbung und den Stadtumbau 2030+ hält Caroli für einen guten Ansatz. Man brauche „ein klares Ziel: Wohin will die Stadt?“ Das Internet sei wichtig, auch für die Unternehmen. Die Themen gehen ineinander über, Wir reden über die Landwirtschaft, die ebenfalls das Internet brauche, aber auch Hilfe beim Ausfüllen von Subventionsanträgen.

Und sind wieder beim Lebenslauf: Einzelhandelskaufmann, Bundeswehr, Schwäbisch Hall. Dort Ausbildung zum Fachwirt und danach 20 Jahre Versicherungsbüro. „Dann bin ich in die Politik gegangen.“ Nun, vom Sitzungsgeld im Gemeinderat kann keiner leben? Er übernehme  freiwillige Betreuungsmandate für junge und alte Menschen, die mit Verträgen und Konten nicht zu recht kämen, erläutert er etwas vage seine freiberufliche Tätigkeit. Seine Leidenschaft seien aber Politik und Rettungstätigkeit.

Unterwegs in der Fußgängerzone.

Nun also Schramberg. „Ich bin von Leuten aus zwei Fraktionen direkt auf eine Kandidatur angesprochen worden“, versichert Caroli, will aber keine Namen nennen. Jemand, der von draußen komme, könne viel unvoreingenommener entscheiden. Nach einem Beispiel gefragt, berichtet er vom Leibbrandpark: „Ich finde den Park super, ich weiß gar nicht, warum der weg soll.“ Woher er das denn habe? „Ich habe mich vor zwei Wochen mit Passanten unterhalten und die haben mir davon erzählt.“  Pech nur, dass das eine Wahlkampfente war.

Bürgerbeteiligung und Bürgernähe sind für Caroli sehr wichtig und über Bürgerversammlungen zu erreichen. Das würde in Schramberg zu wenig gemacht, hätten ihm die Leute gesagt. Und wenn die Menschen die Beteiligungsmöglichkeiten nicht mitbekämen, dann liege das an der Kommunikation. „Man muss die Leute aktiv abholen, die Werbetrommel rühren.“ Auch wichtig: Die Stadt muss Busse organisieren, damit die Menschen nach einer solchen Versammlung auch wieder nach Hause kommen. 

Nächstes Thema: Öffentlicher Personennahverkehr. „Damit steht und fällt jede Stadt.“  Vor dem Rathaus hält gerade der Bürgerbus. Caroli staunt und gibt zu, damit habe er sich „noch nicht so intensiv“ befasst.

Seine Chancen nächster Schramberger OB zu werden? „Sind gut, sonst würde ich es ja nicht machen“, versichert er selbstbewusst: „Ich trete ja nicht aus Spaß an der Freud an.“ Es bleibe ja nicht mehr sehr viel Zeit bis zur Wahl, um sich bekannt zu machen? „Ich will Vereine und Organisationen besuchen und die Wünsche erfahren“, schildert er sein Wahlkampfkonzept. Auch will er an Ständen den direkten Kontakt suchen und  einen Haustürwahlkampf betreiben. Die Sahnetorte ist gegessen, das Wasser dreiviertel leer. Wir verabschieden uns: „Bis demnächst.“

Wenn also in den nächsten Wochen ein Herr an Ihrer Haustür steht: Igelhaarschnitt, kantige Brille. Wahrscheinlich ist es Kandidat Nummer drei: Dirk Caroli.

 

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Martin Himmelheber (him)
Martin Himmelheber (him)
... begann in den späten 70er Jahren als freier Mitarbeiter unter anderem bei der „Schwäbischen Zeitung“ in Schramberg. Mehr über ihn hier.