Das Thema Höchstgeschwindigkeit für Fahrzeuge in Schramberg sorgt in den Gemeinderatssitzungen immer wieder für Gesprächsstoff. Manche Gemeinderätinnen und Räte hätten gerne ein generelles Tempolimit von 30 Stundenkilometern in den Schramberger Straßen, andere sind strikt dagegen. Spätestens, wenn der Lärmaktionsplan umgesetzt wird und vom Hammergraben bis zur Grüne-Baum-Kurve auf der B 462 Tempo 30 gelten wird, werden die Leserbriefspalten sich füllen.
Schramberg. David Kuhner hat als Historiker nachgeforscht, wie das denn mit dem Tempolimit anno dazumal in Schramberg war. Er fand im Stadtarchiv Schramberg interessante Unterlagen zu den zulässigen Höchstgeschwindigkeiten im Lauf der Zeit.
Tempo 8 mit Eisenreifen
Vor etwas mehr als 100 Jahren beschloss der Gemeinderat am 20. Juli 1921 die Höchstgeschwindigkeit „für Kraftfahrzeuge mit Eisenbereifung“ auf acht Stundenkilometer zu beschränken, Sonstige Fahrzeuge durften mit 15 Stundenkilometern durch die Straßen rollen. Eine Herabsetzung konnte durch das Oberamt erfolgen, wenn die Fahrzeuge das Gesamtgewicht von 5,5 Tonnen überschritten.
Diese Beschränkungen gingen auf Klagen von etwa 70 Bewohnern der Oberndorfer Straße zurück, die von Erschütterungen berichteten, und dass „Ringelmäuer sich lockert“, also die Hauswand instabil wird, sowie Sprünge in Wänden und Decke entstehen.
Straßenverschleiß und Feinstaub
Sie argumentierten auch im Sinne der Stadtverwaltung, da die Straßen bei einer geringeren Geschwindigkeit auch weniger abgenutzt werden würden und der aufgewirbelte Staub gerade für Kinder gesundheitsschädlich sei.
Die Reichsverordnung vom 15. März 1923 über den Kraftfahrzeugverkehr legte die Höchstgeschwindigkeit von Fahrzeugen unter 5,5 Tonnen innerhalb geschlossener Orte auf 30 Stundenkilometer fest. Fahrzeuge über dieser Gewichtsbeschränkung durften lediglich 25 Stundenkilometer fahren.
Gegen diese Verordnung versuchte die Stadtverwaltung eine geringere Geschwindigkeit für die Hauptverkehrsachsen Oberndorfer-, Schiltach-, Berneck- und Lauterbacher Straße zu erreichen Deshalb stellte sie einen Antrag an das Ministerium des Inneren.
Tempo 10 auf den Hauptdurchgangsstraßen
Dieses billigte mit Bescheid vom 23. April 1926 eine Geschwindigkeitsbeschränkung von 10 Stundenkilometern in der Oberndorfer-, Haupt- und Schiltachstraße für Fahrzeuge mit mehr als zehn Tonnen und in der Berneckstraße ein generelles Tempolimit von 15 Stundenkilometern.
Dass sich der Autoverkehr nur langsam etablierte, zeigt der Gemeinderatsbeschluss vom 9. Oktober 1928, in dem es um Verkehrszeichen ging, die offensichtlich noch fehlten. Vor allem die Geschwindigkeitsschilder „an sämtlichen Ortseingängen“ fehlten, wie der damalige Stadtbaurat Wilhelm Schwarz bemerkte.
Ein Jahr darauf ging das württembergische Polizeiamt in Aalen gegen Überholen und Parken „an unübersichtlichen und engen Wegestellen“ vor, weil die Straßenverkehrsordnung noch recht dünn war. In der Folge versuchte Schramberg eine ähnliche Vorschrift zu erlangen.
Während der NS-Zeit fehlen Mitteilungen zu Geschwindigkeitsbegrenzungen, doch durch die Rüstungsindustrie und den zunehmenden Autoverkehr fand sicherlich keine Senkung der geltenden Geschwindigkeitsbegrenzungen statt.
In den 50er Jahren ging es dann schneller
Für das Jahr 1953 liegen wieder Unterlagen vor. Demnach betrug damals das Tempolimit für LKWs 30 Stundenkilometer und für die übrigen Fahrzeuge 40 Stundenkilometer. Die Kreisverkehrswacht war der Auffassung, „dass in Schramberg auf keiner Straße eine Geschwindigkeitsbeschränkung durchgeführt werden solle.“
Dies begründete die Verkehrswacht mit den übersichtlichen Straßen und der Tatsache, dass sich die Geschwindigkeit der Verkehrsteilnehmer durch den lebhaften Verkehr selbst regle.
Die Schramberger Gemeinderäte sprachen sich dennoch für eine Prüfung für die Oberndorfer Straße und die Schiltach- sowie Berneckstraße aus.
Umweltzone sorgt für Tempo 30
Die letzten Geschwindigkeitsbegrenzungen kamen an der Oberndorfer Straße vom Paradiesplatz bis zur H.A.U., wo seit November 2016 mit maximal 30 Stundenkilometern gefahren werden darf. Auch die Straße „An der Steige“ ist ein Jahr später auf 30 Stundenkilometer begrenzt worden.
In der Schiller- und Berneckstraße sind die Verkehrsteilnehmer zudem zur Einhaltung derselben Geschwindigkeit während der Schulzeit von Montag bis Freitag angehalten, um Kinder und Jugendliche in Schulen und Kindergärten zu schützen.
Künftig sind weitere Begrenzungen im Stadtgebiet zu erwarten, um die Anwohner in der Talstadt zu entlasten. Langfristig wäre jedoch die seit den 1980er Jahren geforderte Talstadtumfahrung wünschenswert, um den Verkehr aus der Stadt fernzuhalten.