Hanselausstellung lockt die Narren in Scharen an
Eröffnung im Schloss / Buch soll im November erscheinen
Wenn an einem Mittwochabend das Foyer des Schlosses sich schon lange vor dem eigentlichen Ereignis füllt, die Plätze die Treppe hinauf belegt sind und links und rechts alles zu ist – dann muss es mit Krippen oder Fasnet zu tun haben. Wenn der Archiv- und Museumsleiter im Hansel auftritt, ist klar: Es geht um die Fasnet. Am Mittwochabend eröffnete die Schramberger Narrenelite im Schloss die Sonderausstellung „100 Jahre Schramberger Hansel“.
Schramberg. Ziemlich pünktlich erklang dann der Schramberger Narrenmarsch in einer frühen Version aus den 50er Jahren, die Narrenschar erhob sich und sang kräftig mit.
Fasnet 2025 im Zeichen des Hansel
Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr freute sich über „das volle Haus“. Das zeige, die Fasnet ziehe viele Gäste an. Sie begrüßte zahlreiche Vertreter der Narrenzunft mit Tobse Dold an der Spitze, hieß den Festredner Michael Zimmermann aus Schwenningen willkommen, begrüßte Ehrenbürger Herbert O. Zinell und Kreisarchivar Johannes Waldschütz. Dass der Sulzer Museumsleiter Cajetan Schaub gekommen war, hatte mehr damit zu tun, dass dieser der Urenkel des Miterfinders des Schramberger Hansel, des Bildschnitzers Cajetan Schaub war.
Schon beim Abstauben sei klar geworden, dass die diesjährige Fasnet im Zeichen 100 Jahre Hansel stehen werde, so Eisenlohr. In den 20er Jahren seien viele Vereine gegründet worden, auch die Schramberger „Faschingszunft“. Die habe, um in den erlauchten Kreis der anderen Zünfte aufgenommen zu werden, ein neues Kleidle gebraucht. Schaub und der Maler Josef Ginter hätten damals den „Original-Schramberger Hansel“ geschaffen. Das sei nötig gewesen, weil alle älteren Narrenkleidle in der Inflationszeit in Schramberg verloren gegangen seien.
Die Sonderausstellung zeige Fotos und Objekte aus den ersten Jahren des Hansels bis in die 1940er Jahre. Eisenlohr dankte der Zunft und privaten Leihgebern für ihre Beiträge. Auch die neue Hanselfahne, die Gerd Pflumm geschaffen hat, erwähnte sie. Eisenlohr berichtete von der „Gänsehaut“, die sie bekomme, wenn die Hansel am Fasnetssonntag die Steige herunterströmten.
Eine der schönsten Fasnetsfiguren mit allen Sinnen erfahren
Zunftmeister Tobias Dold nannte den Hansel „eine der schönsten Figuren der schwäbisch-alemannischen Fasnet“. In der Schramberger Fasnet spiele er eine Hauptrolle, er tauche im Hanselausschuss, beim Hanselschlag und im Hanselbuch auf. „Und natürlich beim Hanselsprung.“
Diesen solle man doch „mit allen Sinnen erfahren“, riet Dold. Man sehe den Frühling kommen mit den Frühlingsmotiven, man höre ihn am Klang seiner Glocken. „Man fühlt ihn im Gedränge beim Hanselsprung, man riecht ihn durchgeschwitzt im Bärensaal.“ Und schmecken könne man seine Brezeln, „mal kross, mal lätschig.“
Bei der Fasnet in der Stiftung in Heiligenbronn sei es immer ein Erlebnis, wie intensiv die Menschen die Narrenfiguren erleben – auch wenn ihnen Seh- oder Hörsinn fehlten, berichtete Dold. Dem Stadtmuseum dankte er für die Ausstellung und wiederholte einmal mehr den Wunsch, dass die Fasnet hier „zwischen Burgen und Keramik irgendwann mal einen Platz“ bekomme.
Festvortrag zum Weißnarren und Schramberger hansel
In seinem Festvortrag über die Weißnarren holte Michael Zimmermann weit aus. So erzählte er, das Schloss sei der richtige Ort für seinen Vortrag, denn der Graf von Bissingen und Nippenburg soll einst für den Brezelsegen gesorgt haben. Dann wiederum legte er historische Dokumente vor, die die Ursprünge des Weißnarren belegen sollten – und im Widerspruch zu Thesen anderer Historiker stünden.
Er kam auf die Gründungsgeschichte der schwäbisch-alemannischen Narrenvereinigung zu sprechen und damit auf die Geschichte des Schramberger Hansels. Er erläuterte die Gründe für die Vereinigung. Nämlich zu verhindern, dass die staatliche Obrigkeit das Fasnetstreiben verbietet.
Der Weißnarr im Allgemeinen und der Hansel im Besonderen
Sofern man dem Vortrag zwischen Babyschreien, Papiergeraschel, neben das Mikrofonsprechen und Hanselglockenklang zu folgen vermochte, berichtete Zimmermann über die Vielzahl von Weißnarren im südwestdeutschen Raum und darüber hinaus. Dann brachte er, wahrscheinlich als Scherze gemeinte Aufnahmen, die nachweisen sollten, dass der Hanselsprung schon in der Steinzeit geübt wurde.
Interessant war der Hinweis auf die Tulpen als Zeichen von Dummheit und Gier. Zurückzuführen sei dies auf die Tulpenzwiebel-Spekulation im 17. Jahrhundert.
Kommunalpolitisches Klagelied
Nach weiteren erschöpfenden Auskünften über die verschiedensten anderen Narrenfiguren im weiten Gäu, kündigte er unter Beifall des Publikums an, er sei nun beim letzten Thema: Die Kritik an der Abrisspolitik in Schramberg. Er beklagte den Abriss der „herrlichen Häuser in der Marktstraße“, die als Zunfthaus und Narrenmuseum so gut geeignet gewesen wären. „Da blutet mir das Herz.“ Die Stadt hatte die Häuser abbrechen lassen müssen, weil sie nach einem Wasserschaden nur mit sehr hohem finanziellen Aufwand zu erhalten gewesen wären.
Zimmermann hoffte, dass aus dem von Uwe Rettkowski vor Jahren gemalten „Luftschloss eines Narrenmuseums“ doch noch Realität werde und forderte die Stadtoberen auf: „Sie müssen mitziehen.“
Carsten Kohlmann dankte Zimmermann für dessen „Liebeserklärung an Schramberg und 100 Jahren Hansel“. Diese Liebe beweise auch ein Hanselbild, das bei Zimmermann in der Wohnung hänge.
Das Narrenmuseum sei die „Talumfahrung der Narrenzunft“ scherzte er. Natürlich würde er auch ein Narrenmuseum gerne sehen. Er dankte Cathrine Dold, die sich für den Erhalt der beiden Häuser in der Marktstraße engagiert habe.
Seit einigen Jahren organisiere das Stadtmuseum die Wechselausstellungen zur Fasnet. Nun widme man erstmals einer einzelnen Figur eine Ausstellung.
Buch zum Hansel erscheint am 11.11.
Ziel sei es auch, alles zusammenzutragen, was es noch an Quellen gibt. Zum 11.11. sei das Erscheinen eines Buchs zum Hansel geplant, da könnten all die neuen Erkenntnisse noch einfließen.
Ausführlich ging Kohlmann auch auf seine Gefühle bei der Fasnet ein: „Identität und Heimat…“ Eine Schlagzeile in der NRWZ zum Hanselsprung habe das Empfinden einmal so zusammengefasst: „Schramberg hat die Fasnet“.
Sein Dank ging an das Team des Stadtmuseums, die Narrenzunft, die Leihgeber, insbesondere Siggi Brändle. OB Eisenlohr ihrerseits dankte Kohlmann, bevor schließlich nach geduldigem Zuhören das Publikum wieder Grund zum Singen, Klatschen und Jucken bekam. Der Narrenmarsch ertönte, und ein halbes Dutzend Hansel juckten und verteilten großzügig ihre Brezeln. „Hoorig, hoorig isch dia Katz,….“
Info: Die Ausstellung ist im Schloss in Schramberg bis zum 9. März zu sehen. Geöffnet dienstags bis samstags von 13 bis 17 Uhr. An Sonn- und Feiertagen von 11 bis 17 Uhr.