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„… gesprochen Giovanni“

Nach dem Abbruch der drei Häuser an der Marktstraße hatte die Stadt den Schönbronner Gartenbaubetrieb Schäfer beauftragt, dort den Randbereich zu pflastern. Die eigentliche Platzgestaltung ist für 2025 geplant. Ich wollte ein Foto auf der Baustelle machen. Einer der Gartenbauer war gleich bereit, trotz Mittagpause nochmal einen Pflasterstein festzuklopfen.

Ich bitte den jungen Mann um seinen Namen: „Giovanni Solomon, ich buchstabiere…“ –  „Ich weiß schon, wie man Giovanni schreibt“, entgegne ich. Aber „Giovanni“ besteht drauf: „G–e–o-v-a u-g-h-n-i.  Gesprochen Giovanni.“   Ich will wissen, wie es denn zu einer solchen Schreibweise kommt: Geovaughni lacht: „Da müssen Sie meinen Vater aus Jamaika fragen!“

Das interessiert mich, wie kommt ein junger Jamaikaner nach Schönbronn zu einem Gartenbaubetrieb? Wir treffen uns zwei Tage später zum Kaffeetrinken beim Brantner.

Geovaughni  Solomon pflastert den Streifen am neuen Platz. Foto: him

Mit 13 auf der Alb gelandet

Geovaughni bestellt sich einen Espresso Macchiato und erzählt: „Es war nicht meine Idee, nach Deutschland zu kommen.“ Vielmehr habe seine Mutter auf Jamaika einen Deutschen kennengelernt und sei mit diesem 2012 hierhergezogen. „Und vier Jahre später kam ich nach. Das war 2016.“

Der damals 13-Jährige wollte eigentlich nicht nach Deutschland ziehen: „Ich hatte meine Freunde, Familie, alles war perfekt.“ Doch seine Mutter hat ihn irgendwie überzeugt und heute, acht Jahre später, sagt Geovaughni, er bereue es „definitiv nicht“.

Bei seiner Ankunft am 11. Februar 2016 musste Geovaughni sich ganz schön umstellen. Die winterlichen Temperaturen war er von Jamaika nicht gewohnt. Beim Abflug in Jamaika so um die 35 Grad. Und dann Landung in Frankfurt mitten im Winter und Fahrt auf die Schwäbische Alb nach Geislingen.

Deutsch in drei Monaten gelernt

„Ich muss ehrlich sagen, es hat mir gefallen“, erinnert sich Solomon. „Geislingen ist ein bisschen langweilig, aber die Natur an sich hat mir mega gefallen.“

In Geislingen besucht er eine Gemeinschaftsschule, die Tegelberg-Schule bis zur 10. Klasse. Seine Klasse war die erste, die einen Realschulabschluss gemacht hat. Die Umstellung vom jamaikanischen zum deutschen Schulsystem ist Solomon nicht einmal so schwer gefallen. Mathematik war relativ ähnlich wie in Jamaika. „Klar, Deutsch musste ich erstmal lernen.“

Doch das hat erstaunlich schnell geklappt: „Ich habe innerhalb von drei Monaten Deutsch sprechen, schreiben, lesen können.“ Da gehe ein großer Dank an seinen Stiefvater: “Der hat mich mehr oder weniger dazu gezwungen.“  Er habe ihm klar gemacht: „Wenn du hier im Land leben möchtest und hier gut zurechtkommen willst, musst du die Sprache auch gut beherrschen.“

Wenn man nur ein, zwei Wörter schwätzen könne, könne man niemanden kennenlernen und richtig in Verbindung kommen. Sprachelernen sei auch eine Frage des Interesses, ist Solomon überzeugt.

Er habe natürlich auch den Vorteil gehabt, dass er noch sehr jung war. „Da ist das Gehirn auch ein bisschen frischer und du kannst Sachen besser aufnehmen.“ Müsste er jetzt mit 21 anfangen, deutsch zu lernen, würde es ihm auch ein bisschen schwerer fallen wie vor acht Jahren.

Gartenbauer als Traumberuf

Nach dem Realschulabschluss hat er eine Lehre als Garten- und Landschaftsbauer begonnen. Die Berufswahl hatte mit seiner Kindheit in Jamaika zu tun, sagt Solomon: „Ich bin mit meiner Oma auf einem Bauernhof aufgewachsen, und ich komme aus einer landwirtschaftlichen Gegend in Jamaika.“

Deshalb habe ihn der Beruf fasziniert. „Ich habe Leute gesehen, die beim Kindergarten gearbeitet haben. Die haben Spielegeräte aufgebaut aus Holz.“ Genau so etwas wollte er machen, einen Beruf, bei dem er seine handwerklichen Fähigkeiten nutzen kann.

In Göppingen habe er seine Ausbildung bei einem Gärtnerhof begonnen. Kurz vor der Gesellenprüfung hat er die Lehre abgebrochen. Er hatte Schwierigkeiten mit der Familie. „Alles war ein bisschen stressig zu dem Zeitpunkt.“

Neue Heimat in Dunningen

Über einen Freund ist Geovaughni nach Dunningen gekommen und lebt seither hier. Sein erster Job war in einem Lager. „Das war natürlich überhaupt nichts für mich. Die Arbeit ist viel zu eintönig. Jeden Tag dasselbe. Pakete rein und raus.“

Nach drei Monaten entscheidet er sich zum Wechsel. „Die Firma Schäfer war gleich ums Eck. Das war perfekt.“ Seit September 2022 arbeitet er bei Schäfer.

„Wer mich beleidigt, hat Probleme mit sich“

Seit Anfang Januar demonstrieren in Deutschland Hunderttausende gegen Rassismus und Ausländerfeindlichkeit. Auch Solomon hat schon „ein bisschen“ Rassismus zu spüren bekommen.

Wenn jemand ihn blöd anmache, ignoriere er solche Menschen und lasse nichts auf sich persönlich zukommen. „Selbst wenn mich jemand beleidigt, mache ich einfach einen Witz daraus. Ich weiß, der hat Probleme mit sich und der kann das nicht leiden, weil ich so anders aussehe oder was weiß ich.“

Zoff beim Eschachsprung

Aber immer gelingt ihm das nicht. Kürzlich beim Eschachsprung in Dunningen habe ihn jemand ernsthaft wegen seiner Hautfarbe beleidigt. Da habe er sich das erste Mal richtig aufgeregt. „Ich bin wütend geworden, und es ging ein bisschen körperlich los.“

Zum Glück sei die Security gekommen und habe sie auseinander gezogen. „Dann bin ich nach Hause gegangen und habe mich abreagiert.“

Seit diesem Vorfall nehme er das mit den Beleidigungen nicht mehr so locker. In dem Zusammenhang wünsche er sich von den Deutschen, dass sie „nicht immer direkt die Leute verurteilen, nur weil die dunkelhäutig oder Ausländer sind“. Sie sollten sich eher die Ansicht des Menschen anhören und sie dann erst beurteilen, findet Solomon. Viele von ihnen würden sich gut integrieren.

Gartenbau ist Teamarbeit. Foto: him

Die alte Heimat und der deutsche Pass

Den Kontakt zu seiner Familie in Jamaika hält er aufrecht. Letztes Jahr sei er zum ersten Mal nach sieben Jahren wieder dort gewesen. Aber inzwischen ist Deutschland seine Heimat. Drum hat er auch die deutsche Staatsbürgerschaft beantragt. Aber auch da hat er schon die einschlägigen Erfahrungen gemacht: „Der deutschen Staat braucht immer ewig für Papierkram.“ Auf die Einbürgerung warte er nun schon seit drei Jahren.

An seinem Arbeitgeber kanns nicht liegen. Außer mit der richtigen Schreibweise des Vornamens hat seine Chefin keine Probleme mit ihm. Im Gegenteil: Geovaughni sei „ein netter, fleißiger Mitarbeiter“, schreibt sie mir.

Und die abgebrochene Lehre? Die will er demnächst abschließen: „Im September komme ich nochmal ins dritte Jahr und dann bringe ich das Ganze hinter mich.“

 

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