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Gemeinderat beschließt Haushalt 23 einstimmig

Schramberg. Alljährlich Ende Januar halten die Vertreterinnen und Vertreter der Gemeinderatsfraktionen vor der Verabschiedung des Haushalts ihre Haushaltsreden. Es ist d i e Gelegenheit grundsätzliche Positionen der einzelnen Fraktionen darzulegen, Kritik an der großen und der kleinen Politik zu äußern, Forderungen für die Zukunft zu erheben und Dank zu sagen. Die Reden sind meist recht lang, und es ist nicht einfach, sie zusammen zu fassen. Hier der Versuch:

CDU: Optimismus nicht verlieren

Thomas Brantner (CDU) blickte zunächst auf die Krisen dieser Welt Ukraine, Energie, Klima, Preise, um dann Karl Popper zu zitieren: „Optimismus ist Pflicht. Man muss sich auf die Dinge konzentrieren, die
gemacht werden sollen und für die man verantwortlich ist.“

Er habe in Schramberg ein wenig das Gefühl, „dass uns dieser Optimismus verloren ging“. Schaue man auf die Zahlen und funktionierenden Einrichtungen brauche Schramberg sich im Vergleich zu ähnlichen Kommunen „nicht verstecken“.
Er erinnerte daran, dass die Investorenwettbewerbe für Planie und Krankenhausareal laufen und bei der Talstadtumfahrung Mittel für die weitere Planung frei gegeben seien.

Thomas Brantner. Foto: him

Natürlich gäbe es auch Verbesserungspotenzial. Die CDU-Fraktion möchte Handel, Gewerbe und Gastronomie unterstützen, etwa durch mehr Sauberkeit in der Stadt oder ein Parkkonzept, das „ein auf zwei bis drei Stunden begrenztes freies Parken für Kunden“ erlaube. Auch die gastronomische Weiternutzung der „Villa Junghans“ sei der CDU dringlich.

Bei den Gewerbeflächen fordert Brantner man müsse beim Schießacker dringend weiterkommen. Sonst drohe die Abwanderung von Betrieben, Verlust von Arbeitsplätzen und Gewerbesteuereinnahmen. Bei Bebauungsplänen und Flächennutzungsplan sei man „gut weitergekommen“. Bei Bauanträgen hoffe seine Fraktion, dass es dort durch die neue Stelle im Baurecht ebenfalls besser werde.

Bürokratiewahnsinn

In Bezug auf das Vereinsleben fordert Brantner, den „Bürokratiewahnsinn“ zu bekämpfen, weil der die Vereine so sehr behindere, dass “ehrenamtliche Tätigkeiten bald nicht mehr möglich sein“ werden. Da solle die Verwaltung die Vereine unterstützen.

Im Bereich Schule und Bildung hebt Brantner den Schulcampus hervor. Da wünsche sich seine Fraktion, dass man in diesem Jahr „einen großen Schritt in Richtung Umsetzung gehen“ werde.
Bei den Wohnmobilstellplätzen setzt die CDU darauf, solche auf öffentlichen Parkplätzen anzubieten und ein Restrisiko wegen offener Rechtsfragen einzugehen.

Öffentlichkeitsarbeit verbessern

Die CDU-Fraktion möchte die Öffentlichkeitsarbeit der Stadt besser strukturiert haben, um hochwertige Veranstaltungen besser zu bewerben. Aber auch um die Bevölkerung über Projekte besser zu informieren. Beim Bürgerbus hoffe er, dass mit einem neuen Fahrzeug, „die Elektromobilität Einzug halten würde“.
Seine Fraktion begrüße die Interkommunale Initiative bei einer Umfahrung von Peterzell über Waldmössingen und Seedorf bis Dunningen.

Brantner geht auch auf die Haushaltsstrukturanalyse ein, deren Ergebnisse „ernst genommen werden“ sollten. Er fordert, dass Rückstellungen für Finanzausgleichzahlungen gebildet werden. Schließlich erinnert er daran, dass wie in den Vorjahren die Auszahlungen bei den Bauinvestitionen weit hinter den Planungen zurücklagen.

SPD-Buntspecht:  Die Zeichen der Zeit erkennen

Tanja Witkowski (SPD-Buntspecht) stellte ihre Rede mit Blick auf den 200. Geburtstag von Erhard Junghans unter das Motto „Zeit“. So sei „im Laufe der Zeit“ die Wirtschaft in Schramberg gewachsen und damit auch die Gewerbesteuereinnahmen. „Es muss gründlich abgewogen werden, wofür und in welcher Höhe das eingenommene Geld ausgegeben werden soll“, so Witkowski.

Viele Ausgaben seien gesetzt, etwa die gut 20 Millionen Euro für Personal. Man trage die Schaffung von sieben weiteren Stellen mit, die Verwaltung müsse aber alles tun, „diese Stellen auch tatsächlich zu besetzen“.

Fachkräftemangel angehen

Die Verwaltung solle endlich Konzepte gegen den Fachkräftemangel und die Fluktuation entwickeln. Mit pfiffigeren Online Kampagnen in den sozialen Medien, einer Willkommenskultur oder mit der Hilfe bei der Wohnungssuche könne die Stadt Mitarbeiter gewinnen. Sie forderte die unbefristete Einstellung nicht nur bei den Erzieherinnen.

„5 vor 12“ sei es bei den Energiekosten. Da solle die Stadt „durch ein effizientes Gebäudemanagement aktiv dagegenwirken“. Beim Flächenverbrauch dürfe es kein „Weiter so“ geben. Der Bebauungsplan Wittum sei „nicht zukunftsweisend“, so Wittkowski.
Als Schildbürgerstreich bezeichnete sie es, dass die Schulen Geräte aus dem Digitalpakt erhalten haben, diese aber seit einem Jahr nicht eingebaut seien.

Zu hohe Investitionspläne

In die Kategorie „Ach du liebe Zeit“- fallen für Witkowski fragwürdige Projekte. Fraglich sei, ob die Stadtverwaltung Investitionen und Vorhaben in Höhe von rund 20 Millionen stemmen werde. „Wir sehen das sehr skeptisch und haben das Gefühl, dass man sich bei den Vorhaben noch zu sehr verzettelt.“

Der Schulcampus gehöre zu den wenigen, die vorangebracht werden müssen. „Eine Planungssumme von 150.000 Euro ist möglicherweise zu wenig, um einen entscheidenden Schritt voran zu kommen.“
Bei der Tennenbronner Halle müssten die knapp zehn Millionen Euro ausreichen. An der Grund- und Werkrealschule Sulgen seien die Toiletten inzwischen in einem unzumutbaren Zustand.

Tanja Witkowski. Foto: him

Vereinsarbeit geht kaputt

Sie kritisierte die teilweise bei Veranstaltungen geforderten Sicherheitskonzepte, die von den Vereinen kaum zu realisieren seien. „So wird Vereinsarbeit kaputt gemacht“, ärgerte sich Witkowski.
„Kommt Zeit, kommt Rat“ treffe nicht immer zu, etwa beim zu groß dimensionierten Parkierungskonzept oder den Wohnmobilstellplätzen. !28.000 Euro für einen wenig innovativen Bürgerbus seien viel Geld, kritisierte sie.

„Die Zeichen der Zeit“ erkannt habe die Stadt beim Radwegebau nach Mariazell, bei der unbefristeten Einstellung der Erzieherinnen und in der Flüchtlingsbetreuung. Sie lobte, dass Kämmerer Walter die Umsatzsteuerregeln rechtzeitig umgesetzt habe. Schließlich dankte sie OB Eisenlohr und der Stadtverwaltung auch für “das Aushalten von Widerständen und Unmut“.

Freie Liste: Menschlichen Lebensraum bewahren

Udo Neudeck (Freie Liste) begann mit der großen Politik und dem Krieg in der Ukraine: „Ein durchgeknallter Despot überfällt ein anderes Land.“ Er frage sich, „lösen wir den Konflikt wirklich nur mit Panzern?“

Zum anderen beschäftigten wir uns intensiv mit dem Lebensraum von Pflanzen und Tieren. Er frage sich: „Wer schützt eigentlich meinen Lebensraum?“ Da werde immer mehr reglementiert verboten und vorgeschrieben nach dem Grundsatz: Es muss einen Verantwortlich geben.

Manchmal wünsche er sich, er wäre eine Mopsfledermaus: „Man würde sich rührend um mich kümmern, inklusive Fahrverbot vor meiner Haustüre.“ Er fürchte, „wenn wir so weitermachen, werden wir viele schöne und wichtige Räume unseres Lebensraums für immer wegregeln“.

Udo Neudeck. Foto: him

Gutachteritis eindämmen

Mit Blick auf die Kommunalpolitik beklagte Neudeck die immer größer werdende „Gutachteritis“. Die Stadt habe für fast alle Probleme Gutachter beauftragt Dabei habe die Verwaltung, fähige Mitarbeiter, die das auch selbst erledigen könnten.

Er kritisierte, dass andererseits die Verwaltung Dinge angepackt habe, ohne Beteiligung der Politik, etwa die Notfallkonzeption oder den Anbau am Feuerwehrgerätehaus in Sulgen. Ein Beispiel für die Gutachteritis sei das Verkehrskonzept: Herausgekommen seien „sündenteure elektrische Verkehrsleitsysteme“. Übrig blieben „ein paar Schilder und ein paar Umstellungen in der Bewirtschaftung“.

Neudeck lobte aber auch: „Der Schulcampus ist auf den Weg gebracht. Don Bosco ist angefangen. Das Schwimmbad ist fertig.“ Sorgen dagegen mache ihm die Halle in Tennenbronn. “Investitionen für eine reine Vereinshalle, in der derzeit berechneten Höhe können wir den anderen Stadtteilen gegenüber nichtverantworten.“

 Klima in der Verwaltung ist Chefsache

Bei den Wohnmobilstellplätzen solle man „in die Pötte kommen, bevor der Individualverkehr europaweit verboten wird“, lästerte er. Im Zusammenhang mit der Machbarkeitsstudie für eine Reaktivierung der Bahnstrecke nach Schiltach erinnerte er an die vielen Auflagen und Probleme bei der Hesse-Bahn in Calw.

Deutliche Worte fand Neudeck zum Zustand innerhalb der Verwaltung, da sei “oft Sand im Getriebe“. Er mahnte, dass Spielregeln einzuhalten seien, etwa „Respekt und Anerkennung der Arbeitsleistung und Erfahrung des Kollegen“. Darauf zu achten, dass solche Regeln eingehalten werden, das sei „Chefsache“.

„Aktive Bürger“. Tunnelbohrmaschinen nicht im Baumarkt

Jürgen Reuter („Aktive Bürger“) holte weit aus. Die Stadt Schramberg könne vom Mittel- zum Unterzentrum abgestuft werden. Das bedeute für die Verwaltung weniger Arbeit und ein ruhigeres Leben. Dann kam er auf die wirtschaftliche Bedeutung des Oberrheingrabens für Europa als Verkehrsknoten. Die Eisenbahnverbindungen über den Schwarzwald seien leistungsmäßig begrenzt. „Autobahnen gibt es nicht.“

Der niedrigste und effizienteste Übergang sei „bei uns“. 2016 sei der Bundesverkehrswegeplan in Kraft getreten. „Die Planungsschritte 1 und 2 für die Talumfahrung laufen jetzt.“  Reuter betonte:  „Tunnelboghrmaschinen gibt es nicht im Baumarkt.“ Im nächsten Bundesverkehrswegeplan werde die Resilienz großgeschrieben.

Jürgen Reuter. Foto: him

Landkreis zerbricht

Der Kreis Rottweil zerbreche, fürchtet Reuter. Rottweil orientiere sich nach Tübingen, Dornhan nach Freudenstadt und das Kinzigtal nach Offenburg. Es wundere ihn nicht, dass kaum Kinder aus Schiltach und Schenkenzell das „schadstoffbelastete Dauerbaustelle Gymnasium“ besuchten.

Sodann kam er auf die Universitäten im Oberrheingraben zu sprechen. Da könne man seine Scheine in Strasburg, Karlsruhe, Freiburg oder Basel machen.

Reuter forderte, es müsse „ein Ruck durch Schramberg“ gehen. „Die Stadtverwaltung will viel und bringt wenig zustande“, kritisierte Reuter. Man müsse Schwerpunkte setzen. Eine Stunde habe ein Taubenfachmann im Rat über Taubenhäuser gesprochen.

Integrer Jurist als Beigeordneter

Der Hallenbau in Tennenbronn werde unwahrscheinlich. Beim Schulcampus seien die Zuschüsse nicht klar. Schließlich beantragte er im Namen seiner Fraktion, der Oberbürgermeisterin einen „integren Juristen als beigeordneten“ zur Seite zu stellen. (Anmerkung der Redaktion: Im Gegensatz zu den anderen Fraktionssprecherinnen und -Sprechern hat Reuter sein Manuskript der NRWZ nicht zukommen lassen.)

ÖDP: Prioritäten setzen

Volker Liebermann (ÖDP) begann mit Genesungswünschen für Bernd Richter.
Er fand, der Umfang der Investitionstätigkeit sei viel zu hoch. „Da müssen wir Priorisierungen aufstellen, das heißt konkret, jetzt unsere angefangenen oder in Planung befindlichen Projekte fertig zu stellen.“ Liebermann erinnerte an den Schulcampus, Kita Don Bosco, Bühlepark, Kindergarten Kirchplatz und den Hallenneubau in Tennenbronn.

Keine Privilegien für Einzelne

Bei letzterem forderte er den Ortschaftsrat auf, die Vorgaben des Gemeinderats einzuhalten, um nicht weiter in Verzug zu kommen, was noch höhere Kosten nach sich ziehe. Liebermann kritisierte den 30.000 Euro Zuschuss für die Sanierung der Falkensteiner Kapelle. „Die Zuschüsse vom Land, dem Denkmalamt, dem Förderkreis und der Eigentümerfamilie, hätten zum Erhalt der Kapelle völlig ausgereicht.“ Solche Privilegien stießen in der Bevölkerung auf Unmut.

Volker Liebermann. Foto: him

Lieber Stadtseilbahn prüfen

Bei der Machbarkeitsstudie zur Bahnlinie nach Schiltach merkte Liebermann an, die 130.000 Euro würden am Ende an der Stadt hängen bleiben. Es sei ein Irrglaube, „mit einer Bahnanbindung ins Tal würde Schramberg zum Nabel der Welt“.

Sinnvoller wäre das Geld für eine Untersuchung angelegt, ob eine Stadtseilbahn nach Sulgen möglich wäre. Diese wäre zukunftsfähig und „für den öffentlichen Nahverkehr im Stadtgebiet entlastend“.
Schramberg habe seine Funktion als Mittelzentrum weitgehend verloren, bedauerte Liebermann. Beim Bühlepark mit dem ehemaligen Krankenhaus sei er gespannt, wie es weiter gehe.

Satzung beschlossen

Nach den Reden bat OB Eisenlohr um Zustimmung für die Haushaltssatzung, die sie einstimmig erhielt.

Info: Der Finanzhaushalt der Stadt Schramberg sieht eine Auszahlung von 82,7 Millionen Euro und eine Einzahlung von 80,9 Millionen Euro vor. Für Investitionen sind 20,3 Millionen Euro eingeplant. Der Nettoergebnishaushalt weist einen Überschuss von 7,4 Millionen Euro aus. Kämmerer Klemens Walter erwartet knapp 25 Millionen Euro aus der Gewerbesteuer. Die Rücklagen steigen auf 24,5 Millionen.

 

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