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„Ein Schwarzwaldhaus erobert die Welt“

Sehr  gut besucht war die Ausstellungseröffnung zum Dekor „Rembrandt“ der Schramberger Majolikafabrik im Stadtmuseum im Schramberger Schloss. Viele „Ehemalige“ waren gekommen oder Menschen, die in Verbindung zur Majolika standen. Michael Melvin, der Geschäftsführer des Majolika-Firmenparks schätzt die Zahl derer, die heute in und um Schramberg leben „und mit der Majolika zu tun hatten“, immerhin auf 4000 bis 5000.

Zahlreiche Besucher waren zur Eröffnung gekommen. Foto: Langenbacher

In ihrer Begrüßung hatte zuvor Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr versichert, die Majolikafabrik gehöre „zur DNA Schrambergs“. Neben Junghans sei die Majolika das Unternehmen, das immer wieder bei ihren Besuchen bei Altersjubilaren genannt werde. Dieses Jahr stehe ganz im Zeichen des 200. Geburtstags des Unternehmens. Sie freue sich deshalb besonders, Julie Meyer und deren Kinder Annette und Michael Melvin begrüßen zu können.

OB Eisenlohr.

Die Stadt werde sich mit eigenen Aktivitäten an den Festlichkeiten beteiligen und die Volkshochschule habe die Majolika als Schwerpunktthema für das Sommersemester ausgewählt. Sie freue sich auch, dass der Enkel von Johannes Bartel, des Schöpfers des Dekors Rembrandt, Stefan Bartel, nach Schramberg gekommen sei.

Michael Melvin beschäftigte sich mit den Begrifflichkeiten Kunst, Kunsthandwerk, Kunstgewerbe und Angewandte Kunst. Während  „Kunstgewerbe“ heute eher abwertend gebraucht werde, sei das Kunsthandwerk durch die Industrielle Revolution verdrängt worden.  Das „Dekor Rembrandt“ habe ein Heimatgefühl vermittelt, der Ausstellungstitel „Ein Schwarzwaldhaus erobert die Welt“ sei deshalb sehr treffend.

Der Schwarzwald ist wieder in

Carsten Kohlmann, Museums- und Archivleiter, befand, der Schwarzwald sei „wieder in“. Junge Leute bauten wieder Kuckucksuhren, trügen Tracht. Er zeigte die Abbildungen von Models in Tracht und Tatoos, wie sie so manchen Schwarzwald-Lifestyle-Zeitschriftentitel und Werbeanzeigen derzeit zieren.

Carsten Kohlmann.

Er erinnerte an die Gutacher Künstlerkolonie, den Schriftsteller Heinrich Hansjakob und den Schwarzwälder Boten, die das Bild des Schwarzwaldes geprägt hätten. Bei der Gelegenheit begrüßte Kohlmann auch die Leiterin der PR-Redaktion des Blattes, Karin Zeger, und dankte ihr „für die engagierte Begleitung des Jubiläums  ‚200 Jahre Schramberger Majolikafabrik’“.

Das Dekor Rembrandt habe die Majolikafabrik fast während ihrer gesamten Existenz hergestellt. Es sei inzwischen klar, „dass das berühmte Dekor mit dem Schwarzwaldhaus maßgeblich von dem langjährigen Obermaler Johannes Bartel geprägt wurde“. An die Person Bartel habe er sich in 17 Jahren Puzzlearbeit herangearbeitet. In der Ausstellung würden viele Erinnerungen bei ehemaligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wach.

Ex-Prokurist erinnert sich

Einer von ihnen, Adolf Rümmele, einst Prokurist bei de Majolika erklärte, woher der Name Rembrandt für das Dekor kam: Die vielfach verwendeten Brauntöne seien auch die Lieblingsfarben des Malers Rembrandt gewesen.

Adolf Rümmele

In der Majolikafabrik habe es einen eigenen Raum nur für die Rembrandt-Ware gegeben. Ein junger Mann habe auf die Geschenkartikel, je nach Kundenwunsch drauf geschrieben: „Gruß aus Titisee, Gruß aus…“ Moritz Meyer aber habe angeordnet, nur Geschenkartikel dürften so beschriftet werden, keine Gebrauchsartikel wie Tassen. Urlauber aus allen Ländern hätten die Rembrandtartikel gekauft.

Kohlmann berichtete von der alten und guten Freundschaft von Museum und Majolika. Er erinnerte aber auch daran, dass die Nazis die Familie Meyer als Juden enteignet und vertrieben hatten.

Nach der jetzigen Ausstellung sei eine große Schau „Alle Tassen im Schrank“ geplant, die seine Stellvertreterin Annette Hehr vorbereite und die am 24. April eröffnet werden soll.

Kein Familienmensch

Schließlich erinnerte Stefan Bartel aus Augsburg an seinen Großvater. Der Unternehmensberater und Motivationscoach fühlte sich von der Einladung geehrt und gerührt. Er bescheinigte Kohlmann eine „geniale Vorarbeit“. Er bedauerte, dass er sich nicht früher intensiver mit seiner Familiengeschichte befasst habe. Von seinem Vater wisse er, dass sein Großvater sich als Künstler und Unternehmer verstanden habe. „Er hat nicht gern geteilt und war wohl auch kein Familienmensch.“ Bartel wollte sich in seinem Schaffen verwirklichen.

Stefan Bartel

Deshalb habe er wohl auch die Schramberger Majolika um 1920 verlassen und pachtete in Darmstadt die dortige keramische Manufaktur des ehemaligen Großherzogs. Als dieser die Manufaktur verkaufte, sei das „ein herber Schlag“ für Johannes Bartel gewesen. Im Alter von 55 Jahren verstarb er 1923. Er habe seiner Familie kaum etwas hinterlassen, er habe wohl „vergessen, für sie zu sorgen“. Sein Vater sei in Armut bei einer Tante aufgewachsen, so Stefan Bartel.

Musikalisch umrahmt hatten die Eröffnung „EmElVa“, ein Gesangstrio mit  Emma Wolber, Elisa Brugger und Valerie Bantle, am Klavier begleitet von Claudia Habermann.

„Emelva“ bei ihrem Auftritt…

Mit ihrem Überraschungsauftritt und dem Lied „You’ve got a friend in me“  aus  dem Film „Toy Story“ hat Mali Melvin nicht nur ihren Papa sichtlich gerührt.

…und Mali. Fotos: him

Beim anschließenden Rundgang durch die Ausstellung wurden bei etlichen „Ehemaligen“ Erinnerungen wach und so manche Anekdote ausgetauscht.

 

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