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Ein-Euro-Ticket in Schramberg: Noch überwiegen die Bedenken

Schramberg.  Trotz eines Plädoyers der Oberbürgermeisterin konnte sich die Mehrheit der Mitglieder des Verwaltungsausschusses am Donnerstag noch nicht zu einer Beschlussempfehlung für ein Ein-Euro-Ticket im Schramberger Stadtverkehr durchringen. Entscheiden soll der Gemeinderat Ende Juni. Wie berichtet hatte die SPD-Buntspechtfraktion das Ticket vorgeschlagen, um den öffentlichen Personennahverkehr attraktiver zu machen.

Dabei hatte die Fraktion auf das Beispiel Tuttlingen verwiesen. Die Stadt hatte das Ticket zum Jahresbeginn eingeführt und von enormen Fahrgastzahlzuwächsen berichtet.

OB Eisenlohr: Den Reden Taten folgen lassen

In einer Vorlage für den Verwaltungsausschuss hatte die Verwaltung den Vorschlag begrüßt und berichtet, dass mit dem Verkehrsverbund Move bereits gesprochen worden sei. Die Verwaltung schätzt, dass die Stadt bei einer dreijährigen Vertragsdauer insgesamt etwa 300.000 Euro zuschießen müsste.

In der Sitzung wies Fachbereichsleiterin Susanne Gwosch darauf hin, dass nach Tuttlingen auch Donaueschingen, Brigachtal und Wurmlingen das Ein-Euro-Ticket einführen wollen. Sie sei überzeugt, dass ein solches Ticket „die Attraktivität des ÖPNV fördern“ würde, man müsse aber auch einen attraktiven Fahrplan haben.

Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr räumte ein, innerhalb der Verwaltung sei das Thema kontrovers diskutiert worden. „300.000 Euro sind schließlich kein Pappenstiel.“ Die Stadt habe große Aufgaben „vor der Brust“. Andererseits sei es „Zeit, all den schönen Reden zum Klimaschutz Taten folgen zu lassen“.

Angebotsverbesserungen sind teuer

Sie wies darauf hin, dass es sehr teuer sei, den ÖPNV durch mehr Busfahrten attraktiver zu machen. Bei den Kosten für die vergleichsweise wenigen zusätzlichen Fahrten ins Tennenbronner Freibad, hätte sie „ganz schön mit den Ohren geschlackert“. Für den “Ab-ins-Bad“-Bus zahle die Stadt 32.000 Euro.

Die zweite Möglichkeit sei, den Bus über den Preis attraktiver zu machen. „An dieser Schraube wollen wir jetzt drehen.“ Für Vielfahrer gebe es das 49-Euro-Ticket. Das ein Euro Ticket sei ein niederschwelliges Angebot für Gelegenheitsnutzerinnen und -nutzer und „ein starkes Zeichen für Mobilität“.

Die Sprecherin von SPD-Buntspecht Tanja Witkowski sprach davon, es gelte „Anreize für die Nutzung des ÖPNV zu schaffen“ Sie fragte, weshalb in Schramberg der Abmangel steige, je mehr Fahrgäste das Ein-Euro-Ticket nutzten, währen es in Tuttlingen sinke. Eisenlohr erläuterte, in Schramberg müsse die Differenz zwischen einem Euro und dem tatsächlichen Preis ausgeglichen werden.

CDU: Viele offene Fragen

CDU-Sprecher Thomas Brantner begrüßte den Vorschlag grundsätzlich: „Klimaschutz ist nicht ohne Einsatz zu haben.“ Er wies allerdings darauf hin, dass der Abmangel vom Steuerzahler zu zahlen sei. Für ihn sei es fraglich, ob das Ticket wirklich zu mehr Fahrgästen führen werde. Er wollte wissen, welche Auswirkungen das Deutschland-Ticket auf die Zahlen in Tuttlingen habe. Er frage sich auch, ob nicht eine Verbesserung des Angebots mehr brächte. Für Wenig-Fahrer sei der Preis nicht „allentscheidend“.

Auch wollte er wissen, wie sich die Umlandgemeinden zu der Idee verhielten. Brantner beantragte, die Entscheidung auf den Gemeinderat zu vertagen, damit die Fraktionen nochmal beraten könnten. Sein Fraktionskollege Jürgen Winter sprach sich dafür aus, eine gut vorbereitete Entscheidung zu treffen. Er findet, das Angebot sei wichtiger als der Preis.

OB Eisenlohr berichtete, die Umlandbürgermeister seien derzeit nicht interessiert. Mit 100.000 Euro pro Jahr käme man bei der Angebotsverbesserung nicht weit und verwies erneut auf den Badbus.

Thomas Koch (ÖDP) erinnerte an den Vorschlag seiner Partei eines bundesweiten 365-Euro-Tickets. Das Schramberger Ein-Euro-Ticket wäre aber „ein Schritt in die richtige Richtung“.

Bühler: Nulltarif?

Hilmar Bühler („Aktive Bürger“) meinte weshalb man nicht gleich wie in Schiltach den Null-tarif einführe und fragte nach Erfahrungen aus anderen Städten wie Tuttlingen, die Susanne Gwosch nachzureichen versprach. Tanja Witkowski meinte zum Streit von Angebot und Preis. „Wir sollten das eine tun und das andere nicht lassen.“ Über das Fahrplan-Angebot entscheide der Kreis. Die Stadt könne nur beim Preis etwas tun.

Oskar Rapp, Freie-Liste Rat aus Tennenbronn, befürchtete, es werde zwei-Klassen-Bürger geben, denn es gebe zu wenig Busverbindungen zwischen Schramberg und Tennenbronn.

Seinem Fraktionssprecher Udo Neudeck schlugen zwei Herzen in seiner Brust. Die 300.000 Euro seien kein Pappenstiel, andererseits sei es „genug der Sonntagsreden“. Man könne das Ticket auch als Stadtmarketing betrachten. Die drei Jahre schienen ihm zu lang, dann sei es schwer, so etwas wieder abzuschaffen.

Nöhre: Bus zu teuer

Gertrud Nöhre (SPD-Buntspecht) plädierte für die Einführung. Es sei wichtig, erst mehr Leute für den ÖPNV zu gewinnen. Dann könne man auch das Angebot verbessern. “Ich höre oft, mir ist der Bus zu teuer.“ Eine Fahrt zum Arzt mit dem Partner koste hin und zurück zehn Euro. Eisenlohr pflichtete ihr bei. Sie höre immer wieder, die Busse seien leer.

Für die Vertagung stimmten schließlich fünf Ausschussmitglieder, vier hätten gerne einen Empfehlungsbeschluss gefasst, eine/r enthielt sich.(Nach wie vor ist die elektronische Anzeigentafel im Sitzungssaal so schlecht, dass es für die Öffentlichkeit und die Pressevertreter unmöglich ist, das Abstimmungsverhalten abzulesen.)

Tuttlingen: Die Zahlen haben sich verdreifacht

Seit der Einführung der Ein-Euro-Tickets am Jahresanfang haben sich die Zahlen auf sehr hohem Niveau stabilisiert. „Wir zählen seit Jahresanfang zwischen 22.500 und 25.000 Fahrgäste mit Einzelfahrschein“, berichtet Tuttlingens Stadtsprecher Arno Specht auf Nachfrage der NRWZ. „Im Jahr 2019, dem letzten vor Corona, waren es 8000 bis 9000, die Zahlen haben sich also verdreifacht.“

Die Einführung des 49-Euro-Tickets mache sich nicht bemerkbar. Kein Wunder, denn es sei für eine andere Zielgruppe gedacht, Berufspendler und Schüler. „Das Ein-Euro-Ticket ist für die Gelegenheitsfahrgäste.“

Tuttlingen am Umsatz beteiligt, Schramberg nicht

Tuttlingen könne von der höheren Fahrgastzahl deshalb profitieren, weil die Stadt – anders als Schramberg – auch an den Umsätzen des Stadtverkehrs beteiligt ist. Steigt also der Gesamtumsatz stark an, sinkt das Gesamtdefizit und damit auch der Zuschussbedarf.

 

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