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Die Politik ist „außen vor“

Schramberg. Betreibt die Stadt Schramberg Panikmache und ist bundesweit die einzige Stadt, die sich auf einen längerfristigen Blackout einstellt? Oder gibt die Stadt alles, was sie kann, „um die Bevölkerung zu schützen?“

Zwischen diesen beiden Meinungspolen siedelte sich die Diskussion um den Bericht zum Krisen- und Notfallmanagement der Stadt an, den Fachbereichsleiter Matthias Rehfuß im Gemeinderat vorlegte. Am bundesweiten Alarmtag übrigens.

Krisenmanagement schon lange Thema

Rehfuß erinnerte daran, dass die Stadt schon vor der Hochwasserkatastrophe im Ahrtal „in das Thema eingestiegen“, sei. Mit Unterstützung der EnBW habe es eine Übung und Schulungen zum Thema bereits gegeben. Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr bestätigte, Rehfuß habe sich seit 1018 da „reingehängt“.

Inzwischen gebe es eine Reihe von Ergebnissen. So habe die Verwaltung eine Warnapp für die wichtigsten Rathausmitarbeiter eingeführt, über die diese rund um die Uhr alarmiert würden. Außerdem sollen einige Mitglieder des Krisenstabs Stromausfallmelder erhalten.

Die Verwaltung habe Schutzziele definiert, also festgelegt, dass Alters- und Pflegeheime, Schulen, Kindergärten und Rathäuser, aber auch die Kläranlagen und die Wasserversorgung besonders geschützt werden müssen. Weiter habe man festgelegt, was zur „kritischen Infrastruktur“gehöre und wie Apotheken, Lebensmittelläden oder Tankstellen im Falle eines Stromausfalls weiter arbeiten können.

In jedem Stadtbezirk gebe es Notunterkünfte, um Menschen aufnehmen zu können: In der Talstadt die Sporthalle des Gymnasiums, in Sulgen die Turn- und Festhalle. In Waldmössingen die Kastellhalle und in Tennenbronn die Sport- und Festhalle. Über Notstromaggregate sollen diese Notunterkünfte versorgt werden.

Matthias Rehfuß stellt das Konzept im Rat vor. Foto: him

Kommunikation im Notfall

Wichtig sei auch „die Kommunikation mit den Bürgern“, so Rehfuß. Über Infopoints bei den Rathäusern, aber auch per Lautsprecherdurchsagen werde die Bevölkerung unterrichtet, sofern Internet und Telefon ausfielen.

Die Anschaffung von Sirenen sei eigentlich dieses Jahr vorgesehen gewesen, aber am fehlenden Bundeszuschuss gescheitert. „Jetzt gibt es drei Jahre Lieferzeit“, so Rehfuß. Schließlich prüfe die Verwaltung, ob neben dem Serverraum im Untergrund des Gymnasiums nicht ein Parallelserverraum in Sulgen aufgebaut werden soll.

Übung macht den Meister

Und die bisher erworbenen Fähigkeiten zu erhalten, werde die Verwaltung künftig regelmäßige Übungen abhalten. Eisenlohr erinnerte sich an die erste derartige Übung: „Die war richtig chaotisch“, lacht sie. Deshalb habe man bereits eine Folgeübung bei der EnBW gebucht.

Schwerpunkt Notstromaggregate

Lara Kiolbassa (SPD-Buntspecht) wollte wissen, ob die Verwaltung aktuell eine Krise meistern könnte beziehungsweise zu wie viel Prozent die Voraussetzungen erfüllt wären. Rehfuß erwiderte, der Krisenstab wäre bereit, es fehlten aber noch die Notstromaggregate und die Lautsprecheranlagen. Auch bei der IT gäbe es noch Nachholbedarf. Im neuen Jahr kämen die Lautsprecher. Er schätze, man sei zu 40 bis 50 Prozent fertig. Im neuen Jahr kämen die Lautsprecher.

Tanja Witkowski (SPD-Buntspecht) hakte beim Serverraum unter dem Gymnasium nach: Der sei doch „sehr nah am Bach und nicht ideal“, was schon damals bei der Einrichtung zu Stirnrunzeln geführt hatte. Die Halle Tennenbronn sei erst in einigen Jahren fertig. Schließlich sei sie als Schulleiterin bisher noch nicht in das Krisenmanagement einbezogen worden. Witkowski wollt wissen, ob man auch an die Kirchenglocken als historisches und überall verfügbares Warnmittel gedacht habe.

IT am falschen Platz?

Die IT im Gymnasium funktioniere bei allen Krisen – außer bei Hochwasser, so Rehfuß. Deshalb denke man an den zweiten Serverraum beim Feuerwehrgerätehaus Sulgen. Das Gymnasium mit Aula und Mensa sei aber für den Notfallstützpunkt sehr geeignet. In Tennenbronn müsse man die Strukturen erst aufbauen.

Die Stadt prüfe, inwieweit die beiden Stromerzeuger vom Metalacker-Festival in die Notfallplanung eingebaut werden können, berichtete Eisenlohr. Sie bat, man möge doch melden, wo privat oder Unternehmen solche Notstromaggregate vorhanden seien.

Technisch anspruchsvoll sei das mit den Notstromaggregaten, betonte Rehfuß. Bei einem Stromausfall müsse man Inseln bilden, und vorher sogenannte Netzersatzanlagen einrichten. Sonst schmorten nur die Kabel durch.

Das betraf auch die Anregung von Udo Neudeck (Freie Liste), die Biogasanlagen mit zu nutzen. Auch das THW habe ein riesiges Notstromaggregat. Ihm fehlte das Einbeziehen der Politik:.Die sei im Krisenfall erst einmal „außen vor“, entgegnete Rehfuß. Da müsse der Krisenstab der Verwaltung handeln.

Thomas Brantner (CDU) wusste von einem weiteren Notstromaggregat  im Spittel und kleineren beim Bauhof. Das große Aggregat im ehemaligen Krankenhaus benötige eine besondere Regeleinheit, um es weiter nutzen zu können, erläuterte Rehfuß auf einen Hinweis von Emil Rode (Freie Liste).

Gemeinderatssitzung am Donnerstag. Foto: him

Netze hochfahren kompliziert

Nach einem Blackout die Netze wieder hochzufahren, das sei lokal gar nicht möglich, bedauerte Rehfuß. Da die Netze miteinander verknüpft seien, müssten alle Stromerzeuger in Europa gleichzeitig wieder ans Netz gehen. Sehr schwierig zu bewerkstelligen. Deshalb seien Blackouts „die schlimmsten Katastrophen“.

Jürgen Winter (CDU) fragte, inwiefern auch die Grundbedürfnisse, also Essen und Trinken einbezogen seien. Da sei die Eigenverantwortung gefragt, so Rehfuß. Vorräte für fünf Tage würden empfohlen. Oskar Rapp (Freie Liste) erinnerte daran, dass auch Tiere auf Strom angewiesen seien, etwa zum melken. Das sei geregelt, wusste Frank Kuner („Aktive Bürger“). Landwirte, die Milch abgeben, seien verpflichtet, ein Notstromaggregat vorzuhalten.

Sein Fraktionssprecher Jürgen Reuter hatte zuvor die Notwendigkeit der städtischen Vorsorgemaßnahmen in Zweifel gezogen: „Die Wahrscheinlichkeit eines längeren Stromausfalls ist äußerst gering“. Experten gingen von maximal zwei Stunden aus. Auch eine Hochwasserkatastrophe in Schramberg sei unwahrscheinlich. Man müsse das relativieren und: „Wir müssen mit dem Restrisiko leben“, fand Reuter.
OB Eisenlohr fasste schließlich zusammen: „Das Thema wird uns noch länger beschäftigen.“

 

 

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