Vor 100 Jahren fuhren Dampfmaschinen-betriebene Loks vom Bahnhof an die Geißhalde

Die Junghans’sche Zuglokomotive in den 20er Jahren

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Eine Besonderheit auf den Schramberger Straßen vom Bahnhof in die Geißhalde stellte in den 1920er Jahren die Junghans‘sche Zuglokomotive dar. Diese war in der Lage bis zu vier beladene Anhänger zu ziehen und den Transport für die Uhrenfabrik zu vereinfachen. Der angehende Historiker und NRWZ-Mitarbeiter David Kuhner hat sich mit dieser verkehrstechnischen Kuriosität in der Schramberger Stadtgeschichte befasst.

Schramberg. Die Zuglokomotive war ein Fabrikat der Mannheimer Firma von Heinrich Lanz (1838-1905) aus dem Jahr 1916. Sie besaß einen Dampfantrieb. Vor der Aufnahme des Betriebs erhielt die Firma Junghans die städtische Erlaubnis, mit einem Wagen mit „Eisenbereifung“ der Autovermietung Letzgus ihre Waren zum Bahnhof zu befördern.

Grund für die Umrüstung von Lastkraftwagenbetrieb und Pferdefuhrwerken auf eine Zuglokomotive waren „Futtermangel und [-] Mangel an Stallräumen“ sowie fehlender Treibstoff. Die Zuglokomotive erreichte eine maximale Geschwindigkeit von sechs Stundenkilometern und war zudem beweglich, weshalb „der Straßenverkehr weniger in Mitleidenschaft gezogen“ werden würde, als mit den Lastkraftwagen.

Bürokratische Hürden gabs schon damals

Nur ein Jahr später stellte die Uhrenfabrik fest, dass die bisherige Zuglokomotive mit 9,5 Tonnen Gewicht „für die ansteigenden Straßen etwas zu schwach ist“. Deshalb suchte die Firma um die Erlaubnis zur Anschaffung und Verwendung einer weiteren mit 12,5 Tonnen nach.

Für den Betrieb zweier Straßenlokomotiven arbeitete die Stadt einen Bedingungskatalog mit zunächst elf Paragraphen aus, den sie nochmals um einige Punkte ausweitete. Unter anderem musste die Fabrik garantieren, dass die Zuglokomotiven keine Gefährdung verursachen, von einem zusätzlichen Begleitmann beaufsichtigt werden, nur mit vier Stundenkilometern gefahren werden und dabei niemals nachts zum Einsatz kommen sowie nur vier Anhänger führen dürfen.

Die neue Maschine war eine Wolf’sche Patent-Heißdampf-Straßenzug-Lokomotive mit 32 PS, einer Länge von 5,9 Metern, einer Breite von 2,4 Metern und einer Höhe von 3,9 Metern. Die Lanz’sche Maschine hatte nur 24 PS sie war einen halben Meter kürzer und niedriger, aber nur wenige Zentimeter schmaler.

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Eine der Junghans’sche Zuglokomotiven als Teerlokomotive im Einsatz bei einer Teerkolonne am Hammergraben. Fotos: Stadtarchiv Schramberg

Auch die H.A.U. wollte so einen Koloss

Auch die Hamburg-Amerikanische-Uhrenfabrik setzte in den 1920er Jahren auf Zugwagen, die jedoch deutlich kleiner als die von Junghans waren. In einem Schreiben vom 5. Mai 1928 legt die Firma Beschwerde ein, dass die Lokomotive ein Höchstgewicht von 5600 Kilogramm habe und weniger Belastung für die Straßen bedeute als ein voll beladener Fünftonner Lastwagen, der bis zu zehn Tonnen wiege. Die Uhrenfabrik versicherte, dass die Gewichtsüberschreitung „bei einer normalen Straße doch gewiss keine Rolle spielen“ würde.

In der Gemeinderatsitzung vom 10. Juli 1928 beschlossen die Ratsmitglieder, dass die Zugmaschine eine Luftgummibereifung benötige, da die bisherige zu schmal sei und nicht mehr den Anforderungen entspreche. Die Benutzung des Wagens sei daher nur gestattet, „wenn er nicht beladen wird“, wie Stadtbaurat Schwarz betonte.

Gegen diesen Beschluss erhob die H.A.U. Einspruch, da sie statt der neu ausgebauten Bahnhof- und Graf-von-Bissingen-Straße durch die Stadt und am Rathaus vorbeifahren müsse. Dennoch blieb es bei der Entscheidung, die der Zuglokomotive den Betrieb ab dem 1. Juli 1929 untersagte.

Und so verschwand dieses Kuriosum aus dem Schramberger Stadtbild wieder.

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THPOLLER
THPOLLER
1 Monat her

Danke für diesen neuen Einblick! Sehr beeindruckend, wie man versuchte, sich in den Kriegsjahren mit diesen schweren Zuglokomotiven zu helfen. Ich nehme an, dass als Route von der Geißhalde zum Bahnhof die Hauptstraße benutzt werden musste.

David Kuhner (dk)
David Kuhner (dk)
David Kuhner (*2002) geboren in Rottweil und aufgewachsen in Schramberg. Nach dem Abitur am Gymnasium Schramberg im Jahr 2020 absolvierte er ein FSJK im Stadtarchiv und Stadtmuseum Schramberg. Sein großes Interesse gilt der Lokalgeschichte seines Heimatortes Schramberg. Seit dem Wintersemester 2021/22 studiert er an der Eberhard Karls Universität Tübingen Geschichtswissenschaft im Hauptfach und katholische Theologie im Nebenfach.

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Eine Besonderheit auf den Schramberger Straßen vom Bahnhof in die Geißhalde stellte in den 1920er Jahren die Junghans‘sche Zuglokomotive dar. Diese war in der Lage bis zu vier beladene Anhänger zu ziehen und den Transport für die Uhrenfabrik zu vereinfachen. Der angehende Historiker und NRWZ-Mitarbeiter David Kuhner hat sich mit dieser verkehrstechnischen Kuriosität in der Schramberger Stadtgeschichte befasst.

Schramberg. Die Zuglokomotive war ein Fabrikat der Mannheimer Firma von Heinrich Lanz (1838-1905) aus dem Jahr 1916. Sie besaß einen Dampfantrieb. Vor der Aufnahme des Betriebs erhielt die Firma Junghans die städtische Erlaubnis, mit einem Wagen mit „Eisenbereifung“ der Autovermietung Letzgus ihre Waren zum Bahnhof zu befördern.

Grund für die Umrüstung von Lastkraftwagenbetrieb und Pferdefuhrwerken auf eine Zuglokomotive waren „Futtermangel und [-] Mangel an Stallräumen“ sowie fehlender Treibstoff. Die Zuglokomotive erreichte eine maximale Geschwindigkeit von sechs Stundenkilometern und war zudem beweglich, weshalb „der Straßenverkehr weniger in Mitleidenschaft gezogen“ werden würde, als mit den Lastkraftwagen.

Bürokratische Hürden gabs schon damals

Nur ein Jahr später stellte die Uhrenfabrik fest, dass die bisherige Zuglokomotive mit 9,5 Tonnen Gewicht „für die ansteigenden Straßen etwas zu schwach ist“. Deshalb suchte die Firma um die Erlaubnis zur Anschaffung und Verwendung einer weiteren mit 12,5 Tonnen nach.

Für den Betrieb zweier Straßenlokomotiven arbeitete die Stadt einen Bedingungskatalog mit zunächst elf Paragraphen aus, den sie nochmals um einige Punkte ausweitete. Unter anderem musste die Fabrik garantieren, dass die Zuglokomotiven keine Gefährdung verursachen, von einem zusätzlichen Begleitmann beaufsichtigt werden, nur mit vier Stundenkilometern gefahren werden und dabei niemals nachts zum Einsatz kommen sowie nur vier Anhänger führen dürfen.

Die neue Maschine war eine Wolf’sche Patent-Heißdampf-Straßenzug-Lokomotive mit 32 PS, einer Länge von 5,9 Metern, einer Breite von 2,4 Metern und einer Höhe von 3,9 Metern. Die Lanz’sche Maschine hatte nur 24 PS sie war einen halben Meter kürzer und niedriger, aber nur wenige Zentimeter schmaler.

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Eine der Junghans’sche Zuglokomotiven als Teerlokomotive im Einsatz bei einer Teerkolonne am Hammergraben. Fotos: Stadtarchiv Schramberg

Auch die H.A.U. wollte so einen Koloss

Auch die Hamburg-Amerikanische-Uhrenfabrik setzte in den 1920er Jahren auf Zugwagen, die jedoch deutlich kleiner als die von Junghans waren. In einem Schreiben vom 5. Mai 1928 legt die Firma Beschwerde ein, dass die Lokomotive ein Höchstgewicht von 5600 Kilogramm habe und weniger Belastung für die Straßen bedeute als ein voll beladener Fünftonner Lastwagen, der bis zu zehn Tonnen wiege. Die Uhrenfabrik versicherte, dass die Gewichtsüberschreitung „bei einer normalen Straße doch gewiss keine Rolle spielen“ würde.

In der Gemeinderatsitzung vom 10. Juli 1928 beschlossen die Ratsmitglieder, dass die Zugmaschine eine Luftgummibereifung benötige, da die bisherige zu schmal sei und nicht mehr den Anforderungen entspreche. Die Benutzung des Wagens sei daher nur gestattet, „wenn er nicht beladen wird“, wie Stadtbaurat Schwarz betonte.

Gegen diesen Beschluss erhob die H.A.U. Einspruch, da sie statt der neu ausgebauten Bahnhof- und Graf-von-Bissingen-Straße durch die Stadt und am Rathaus vorbeifahren müsse. Dennoch blieb es bei der Entscheidung, die der Zuglokomotive den Betrieb ab dem 1. Juli 1929 untersagte.

Und so verschwand dieses Kuriosum aus dem Schramberger Stadtbild wieder.

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