Über ein volles Haus freute sich Barbara Olowinsky am Dienstagabend. Im Foyer des Schlosses waren die meisten Stühle besetzt, manche Gäste saßen auch noch auf der Treppe. Im Rahmen der Friedensdekade standen die deutsch-französischen Beziehungen im Mittelpunkt. Und zwar die ganz persönlichen: Olowinsky hatte deutsch-französische (Ehe-)Paare eingeladen und befragte sie zu ihren Erfahrungen.
Schramberg. Den Titel „Deutschland küsst Frankreich“ habe sie von einer luxemburgischen Köchin entlehnt, die die deutsche und die französische Küche möge und in ihrem gleichnamigen Buch dazu Rezepte beschreibe.
„Erzähl‘ mir vom Frieden“ laute das Motto der Friedensdekade. Im Frauenbeirat sei daher die Idee entstanden, Paare von ihrer deutsch-französischen Beziehung erzählen zu lassen. Mit Anne und Thomas Herzog habe man in Schramberg ja „ein Musterpaar“.
Neben diesem Musterpaar bat Olowinsky Michaela Schottenhauer und Jean-Marc Herrgott, Anne-Marie Beaurier-Storz und Christine Gay-Rupp nach vorn.
Sag mir, wo die Blumen sind…“
Doch bevor es richtig los ging, stimmte Mark Finnern mit seiner Ukulele Marlene Dietrichs Lied „Sag mir, wo die Blumen sind… „an.
In einer Vorstellungsrunde erzählten die Gäste, wie sie ihre Liebe zu Frankreich beziehungsweise Deutschland entdeckt haben. Ganz häufig waren es Schüleraustauschprogramme, die den Anstoß gaben.
Die kamen über Schulen aber auch über Städtepartnerschaften zustande. In Schramberg, so Schrambergs früherer OB Thomas Herzog, sei seine Französischlehrerin (eben Barbara Olowinsky) dafür verantwortlich gewesen.
Schüleraustausch als Grundlage
Anne Herzog kam zum Germanistikstudium nach Bayreuth – wo Thomas damals Jura studiert hat. „Eine meiner Freundinnen war Thomas Brieffreundin…“, erzählt sie unter dem Gelächter der Gäste.
Christine Gay-Rupp, war aus ihrer Heimatstadt über eine Städtepartnerschaft mit Hannover nach Niedersachsen gekommen.
Anne-Marie Beaurier-Storz war als junge Berufstätige in einem Austauschprogramm nach Stuttgart gekommen und arbeitete in der Filiale einer französischen Firma. Nach einem Jahr sei ihr Deutsch noch nicht gut genug gewesen, sie sei geblieben und habe ihren Mann Rudolf kennengelernt und sei mit ihn nach Schramberg gekommen. Im vergangenen Jahr war er verstorben.
Fernbeziehung
Jean-Marc Herrgott und Michaela Schottenbauer haben sich in Bayern kennengelernt und zunächst eine Fernbeziehung über 1000 Kilometer gepflegt. Alle 14 Tage sei er über Paris mit dem Zug ins bayrische Günzburg gefahren, samstags angekommen und sonntags wieder zurück. „Und direkt aus dem Zug in den Unterricht…“
Die beiden verkürzten die Fahrtzeiten, Schottenbauer ließ sich nach Schramberg versetzen, Jean-Marc Herrgott an eine Schule ins Elsass. Seit er in Rente ist, leben beide zusammen in Schramberg. „Ich fühle mich als halber Schramberger.“
Auch aus Publikum berichteten einige Paare von ihren Erlebnissen. Auch bei ihnen haben die Partnerschaften von Städten und Schulen eine große Rolle gespielt.
Wie denn die Familien reagiert hätten, als sie vom Partner oder der Partnerin aus dem Nachbarland erfahren haben, wollte Olowinsky wissen.
Die Älteren hatten Vorbehalte
Thomas Herzog erzählt, er habe seine Mutter damals aus Frankreich angerufen und erklärt, er brauche ihr Auto noch zwei Wochen länger. „Es hat sich da was ergeben…“ Seine Mutter habe nur gefragt, ob er keine finden könne, die „bissle näher hier“ wohnt. Konnte – und wollte – er offenbar nicht. Seiner Familie sei Annes Nationalität egal gewesen. „Wir sind im Vereinten Europa aufgewachsen.“ Schengen und Euro, das sei für sie schon selbstverständlich.
Als sie in Frankreich geheiratet haben, sei natürlich auch die deutsche Verwandtschaft angereist, erzählt Herzog. „Und der Koch wollte unbedingt Kassler und Sauerkraut machen. Das haben wir ihm ausgeredet.“
Anne Herzog erinnert sich, dass damals nur ihre Oma nicht begeistert war. Sie war Jahrgang 1911 und hatte beide Weltkriege miterlebt. „Jedes Mal waren Männer aus der Familie gefallen…“
Ähnliches berichtet auch Anne-Marie Beaurier-Storz. „Bring‘ mir bloß keinen Deutschen mit“, habe ihr Opa gefordert. Dass sie dann doch ihren Rudolf heiratete, habe er nicht mehr erlebt.
Auch Jean-Marc Herrgott erinnert sich, dass seine Mutter es wohl „nicht kapiert und nicht ertragen“ hätte. Sein Vater habe es gut verstanden. Michaela Schottenbauer erzählt, die Nationalität sei für ihre Eltern kein Problem gewesen, aber der Altersunterschied.
Vorbehalte gegen die Deutschen habe es schon gegeben, berichten auch Besucherinnen und Besucher. „In den Filmen waren die Bösen ja immer die Deutschen…“ Es habe gedauert, bis da Vorurteile abgebaut waren. Andererseits gab es auch viele französische Familien, bei denen Deutschland sehr beliebt war.
Eine französische Besucherin berichtete, ihre Mutter habe gesagt: „Hauptsache, du bist glücklich.“ Und ein Deutscher berichtete, sein französischer Schwiegervater habe ihn mit dem Satz begrüßt: „Willkommen in der Familie.“
Was ist typisch?
Was denn am Partner typisch französisch beziehungsweise deutsch sei, wollte Olowinsky wissen – und Michaela Schottenbauer meinte unter dem Gelächter der Besucher: „Sein Nachname!“
Die Herzogs waren sich einig, dass es die Pünktlichkeit beziehungsweise eben Unpünktlichkeit sei. Thomas: „Wenn die Schwiegereltern uns um 13 Uhr zum Mittagessen einladen, dann bin ich pünktlich da. Um 12.30.“ Anne: „Aber erwarten tun sie uns frühestens um 13.30!“
Zur Erklärung erzählt Herzog, er habe mal ein Amt gehabt, da sei es wichtig gewesen, wirklich früh da zu sein, um Gäste begrüßen zu können, beispielsweise. Aber ja, seine Pünktlichkeit sei schon „sehr deutsch.“
Wie es denn ihre vier Kinder damit hielten, kam eine Frage aus dem Publikum. Weil alle vier Musik machten und es da in Ensembles wichtig sei, pünktlich zu sein, um zusammen zu spielen, seien sie da wohl sehr deutsch, so Thomas Herzog.
Schließlich fragte Olowinsky, ob es Tipps für ein gutes Miteinander in einer solchen binationalen Beziehung gebe. Anne Herzog empfahl gegenseitigen Respekt. Das sei ihrer Ansicht nach das Wichtigste, ganz unabhängig von Nationalitäten. Und Thomas Herzog? „Es braucht zumindest einen, der sehr tolerant ist.“ Allgemeine Heiterkeit.
Büchertisch mit dem Petit Prince
Britta Blaurock von der Buchlese hatte eine Auswahl von Büchern zu deutsch-französischen Beziehungen vorbereitet. In der Literatur seien viele Werke bis heute von den Weltkriegen geprägt. Das sei alles recht „rückwärts gewandt“, bedauerte die Buchhändlerin.
Sie sei dann aber auf ein Buch gestoßen, das „wir alle kennen und das uns seit Generationen begeistert“. Es erkläre den Frieden auf ganz einfacher Ebene. Sie habe eine Ausgabe gefunden in Französisch und Deutsch. „Der kleine Prinz- Le Petit Prince“. Ein Buch „das uns zusammenführt“. Es sei für sie von allen ausgewählten Büchern das Wichtigste.
Dank an Barbara Olowinsky
Mit einem großen Dankeschön an Barbara Olowinsky und die Teilnehmerinnen und Teilnehmer beendete Dorothee Golm, die Vorsitzende des Frauenbeirats, den offiziellen Teil. Olowinsky habe den Abend „mit allem Drum und Dran auf die Beine gestellt“. Dafür gab es großen Beifall.
Golm dankte auch Krystyna Saurer und Patricia Diethelm für die Organisation der Friedensdekade und Mark Finnern für die musikalische Begleitung.
Im angrenzenden Museums-Café lud der Frauenbeirat zu einem deutsch-französischen Fingerfood-Buffet, das die Besucherinnen und Besucher gerne annahmen und noch lange bei Rotwein oder Saft miteinander plauderten.