back to top
...
    NRWZ.deSchrambergDem Artensterben auch lokal begegnen

    Biotopverbundplanung im AUT

    Dem Artensterben auch lokal begegnen

    Artikel
    Kommentare
    Autor / Quelle
    Weitere Artikel
    Für NRWZ.de+ Abonnenten: 

    „Wir erleben wahrscheinlich gerade das sechste große Artensterben der Erdgeschichte“, so Dr. Christina Kraus vom Landesentwicklungsverband (LEV) Rottweil. „Dieses ist wohl menschengemacht.“ Das letzte Artensterben betraf die Dinosaurier vor ungefähr 65 Millionen Jahren. Die Biotopverbundbotschafterin wollte den Mitgliedern des Ausschusses für Umwelt und Technik (AUT) mit diesem drastischen Hinweis deutlich machen, wie wichtig die Erhaltung der Artenvielfalt – und damit auch die Biotope für unsere Zukunft sind.

    Schramberg.  Die Zahl der Arten, aber auch die Zahl der einzelnen Tiere ihrer Art sei in den letzten Jahren „teilweise extrem“ zurückgegangen. Grund seien die Zerstörung und Veränderung der Lebensräume, die starke Zerschneidung der Landschaft und monotone Flächen, erläuterte Dr. Kraus.

    Volksbegehren als Ausgangspunkt

    Als Folge des erfolgreichen Volksbegehrens „Rettet die Bienen“ habe die Landesregierung ein Biodiversitätsverstärkungsgesetz beschließen lassen mit dem Ziel bis zu diesem Jahr zehn Prozent und bis 2030 mindestens 15 Prozent des Offenlandes als Biotope auszuweisen.

    Schramberg liege derzeit bei etwa 8,5 Prozent über einen Biotopverbund miteinander zu vernetzen. Die Zielvorgabe gelte für das Land insgesamt, nicht für jede einzelne Kommune, weil die Bedingungen doch sehr unterschiedlich seien.

    Am Ratstisch: OB Dorothee Eisenlohr und Dr. Christina Kraus. Foto: him

    Die Kosten für die Biotopverbundplanung übernehme das Land zu 90 Prozent, bei Landwirten gar bis zu 100 Prozent. Bei der Umsetzung werde die Förderung von 50 auf 70 Prozent angehoben. Die Maßnahmen im Rahmen des Biotopverbunds können sich die Kommunen auch auf ihr Ökopunktekonto anrechnen lassen.

    Nichts wird übergestülpt

    Die Planung, die die Kommune ausschreiben müsse, dauere zwei bis drei Jahre, so Kraus. Dabei unterstütze der LEV die Gemeinden. Man lege Wert auf eine offene Planung und Beteiligung der Öffentlichkeit. „Niemand soll etwas übergestülpt werden“, versicherte Kraus.

    Ein Planungsbüro untersuche zunächst die vorhandenen Biotope und lege die Ziele fest. Dann würden Verbundachsen und „Trittstein“-Maßnahmen entwickelt, damit sich die Tiere von einem zum anderen Biotop bewegen könnten. Da gehe es auch um kleine Maßnahmen wie beispielsweise Randstreifen an Wegen und Straßen länger wachsen zu lassen und nicht alles gleichzeitig zu mähen.

    Kraus ging auch auf die Zunahme der Biber ein: „Was der Biber anrichtet, ist für den Biotopverbund sehr förderlich.“ Die Biberbauten führten natürlich auch zu Konflikten.

    Dreimal 4000 Euro

    Wenn der Gemeinderat eine Biotopverbundplanung wolle, dann wäre der nächste Schritt ein Planungsbüro zu finden und etwa 120.000 Euro dafür im Haushalt auf drei Jahre aufgeteilt einzuplanen. Da 90 Prozent zurückflössen, wären das also 4000 Euro pro Jahr.

    Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr fragte, ob das Land die Kommunen zur Biotopverbundplanung verpflichte. Noch sei es freiwillig, antwortete Kraus. Das Land erwarte aber, dass die Kommunen mitmachen. Jetzt sei die Förderung gegeben. Wenn es verpflichtend würde, weil nicht ausreichend viele mitmachen, könnte das anders sein.

    Jürgen Kaupp (CDU) bohrte nach: Wenn sich genügend Kommunen freiwillig meldeten, könnte man nach 2030 auch so davonkommen. Kraus sagte, das Ziel 15 Prozent sei sehr hochgesteckt. Im Kreis müssten pro Jahr 600 Hektar Biotope dazu kommen. „Das ist utopisch.“

    Personalaufwand überschaubar

    Kaupp fragte nach, welche Personalkosten nach der Planung auf die Stadt zukommen, wie aufwändig die Planung sei.  Zunächst müsse die Stadt die vorhandenen Daten zusammentragen und schauen, was Schramberg schon geleistet habe. Mit dem Planungsbüro werde man drei Besprechungen brauchen, entgegnete Kraus.

    OB Eisenlohr nannte den Aufwand „überschaubar“, neues Personal werde nicht benötigt. „Die Bebauungspläne gehen trotzdem voran“, versuchte sie Kaupp zu beruhigen. Alle Maßnahmen würden vom politischen Gremium beschlossen.

    Ökokonten profitieren

    Stadtplaner Joschka Joos wies nochmals auf den Vorteil hin, dass die Maßnahmen auf das Ökokonto der Stadt eingezahlt werden. Die Biotopverbundplanung könne zugleich Grundlage für die städtische Ökopunktplanung werden.

    Thomas Brugger (CDU) sprach vom scharfen Wettbewerb von Industrie, Häuslebauern und Landwirtschaft um die Flächen. Er sehe deshalb die Notwendigkeit des Biotopverbunds. Dadurch werde aber auch die Komplexität nochmals erhöht.

    Kraus versicherte, man brauche die Landwirte und wolle nichts gegen sie planen. Die Landwirte würden gefördert, wenn sie Brachflächen an ihren Äckern lieferten oder Grenzstandorte nicht bewirtschafteten. „Da ist der Naturschutz vielleicht attraktiver.“

    Es sei wichtig, dass dieses Thema in der Öffentlichkeit klar werde, so Brugger.  Deshalb plane man extra für die Landwirte eine Veranstaltung und eine für die Allgemeinheit, erwiderte Kraus.

    Nach anfänglichen Bedenken sei er nun auch überzeugt, dass die Biotopverbundplanung „absolut notwendig“ sei, erklärte Mirko Witkowski für SPD-Buntspecht. Das Artensterben werde immer noch unterschätzt. Was von der Planung umgesetzt werde, entscheide später immer noch der Rat. Die Planung sei jetzt gut zu machen.

    Besser vorn dabei sein

    „Es ist richtig, jetzt vorne mit dabei zu sein, und nicht später dazu gezwungen zu werden“, warb er für den Vorschlag der Verwaltung. Dr. Kraus wies auch darauf hin, dass Maßnahmen, die sich während der Planung als sinnvoll erwiesen, gleich umgesetzt werden könnten. Umgekehrt könnten Maßnahmen, die sich als nicht umsetzbar erwiesen, auch gestrichen werden.

    Emil Rode (Freie Liste) meinte, mit den Ökokonten habe die Stadt schon einiges getan. Was 2030 sei, sei der Blick in die berühmte Glaskugel. „Wenn es für die Ökopunkte funktioniert, wären wir doch blöd, wenn wir die Chance jetzt nicht ergreifen.“

    Frank Kuhner („Aktive Bürger“) sah es ebenso. Er befürchtete allerdings, dass das Umsiedeln von Bibern immer schwieriger werde. „Wir haben für die Trittsteine keine Flächen“, so Kuhner.

    Biberproblem

    Kraus bestätigte, dass die Biber unter Naturschutz stünden. Flächen, die er nutze, könne man sich aber auf die Biotopflächen anrechnen lassen. Der betroffene Landwirt erhalte eine Bezahlung für die vom Biber beanspruchte Fläche. „Und sollte der Biber wieder verschwinden, kann der Landwirt die Fläche auch wieder nutzen.“

    Biberspuren am Dorfweiher in Tennenbronn vom Januar 2023. Foto: Grießhaber

    Mit Blick auf die Vergangenheit versicherte Kraus: „Das Trauma der FFH-Gebiete sitzt tief. Das wollen wir nicht wiederholen.“

    Kaupp hakte nochmals nach und fragte nach den Verträgen mit Landwirten. Er wollte wissen, was nach Ablauf der Verträge geschehe. Solche Verträge würden auf fünf Jahre geschlossen und meist verlängert, so Kraus.

    Joos ergänzte, die Stadt ziehe weiterhin städtische Flächen für Ökopunkte vor. Mit dem Biotopverbundplan habe die Stadt aber die Grundlage um zu sehen „wo wir Maßnahmen umsetzen“. Dann könne man schauen, das man städtische Flächen nutze.

    Oskar Rapp (Freie Liste) wollte wissen, ob ein Landwirt seine Fläche verkaufen kann, wenn er eine Vertrag geschlossen hat. Sie seien fünf Jahre verpflichtet, sie könnten den Vertrag aber auflösen, müssten dann aber die erhaltenen Zuschüsse zurückzahlen, erläuterte Kraus.

    Verwaltungsgemeinschaft einbeziehen

    Sie wies schließlich darauf hin, dass die Stadt die Planung auch in der Verwaltungsgemeinschaft umsetzen könne. OB Eisenlohr bestätigt, dass dafür Interesse bestünde.

    Bei einer Enthaltung von Jürgen Kaupp und einer Nein-Stimme von Frank Kuhner fasste der Ausschuss einen Empfehlungsbeschluss für den Gemeinderat.

    image_pdfArtikel als PDF speichernimage_printArtikel ausdrucken

    Diskutieren Sie mit!

    Hier können Sie einen Kommentar zu unserem Artikel hinterlassen.

    image_pdfArtikel als PDF speichernimage_printArtikel ausdrucken

    NRWZ-Redaktion Schramberg
    NRWZ-Redaktion Schramberg
    Unter dem Label NRWZ-Redaktion beziehungsweise NRWZ-Redaktion Schramberg veröffentlichen wir Beiträge aus der Feder eines der Redakteure der NRWZ. Sie sind von allgemeiner, nachrichtlicher Natur und keine Autorenbeiträge im eigentlichen Sinne.Die Redaktion erreichen Sie unter redaktion@NRWZ.de beziehungsweise schramberg@NRWZ.de

    Beiträge

    Dunningen-Seedorf: Einbruch in Bäckerei in der Freudenstädter Straße

    Unbekannte Täter sind in der Nacht auf Montag in eine Bäckereifilialein der Freudenstädter Straße eingebrochen.Seedorf. Vermutlich in den frühen Morgenstunden verschafften sich die...

    Schenkenzell: Unfallflucht auf der Bundesstraße 294

    Am Montagvormittag kurz vor 9.45 Uhr, ist es auf der Bundesstraße 294 zwischen Schiltach und Schenkenzell zu einem Unfall gekommen. Ein unbekannter Fahrer...

    40 Jahre UBL – Feierliches Jubiläum in der Wilhelm-Kimmich-Galerie

    Die Wählervereinigung Unabhängige Bürger Lauterbach (UBL) feierte kürzlich ihr 40-jähriges Bestehen in der stilvollen Atmosphäre der Wilhelm-Kimmich-Galerie. Unter den Gästen befanden sich Mitglieder und...

    Dunningen: Unfall auf der Kreuzung Härdtnerstraße/Seedorfer Straße

    Insgesamt etwa 22.000 Euro Blechschaden sind die Folgen eines Unfalls, der sich am Dienstagabend auf der Kreuzung Härdtnerstraße/Seedorfer Straße ereignet hat.Dunningen. Eine 39-jährige...

    Schramberg: Versuchter Handtaschenraub

    Am Dienstagnachmittag ist es im Mühlegrabenweg zu einem versuchten Handtaschenraub gekommen. Gegen 17.15 Uhr lief ein 81-Jähriger vom Mühlegrabenweg über die dortige Treppe in...

    Herausforderungen in Chancen verwandeln

    Mit einer feierlichen Verabschiedung entließen die Beruflichen Schulen Schramberg 48 Auszubildende in das Berufsleben. Schulleiter Axel Rombach würdigte laut Pressemitteilung die hervorragenden Leistungen der...

    IHK senkt Mitgliedsbeiträge für das Jahr 2025

    Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Schwarzwald-Baar-Heuberg senkt einmalig ihre Beiträge für Mitgliedsunternehmen. Im kommenden Wirtschaftsjahr werden diese branchenübergreifend laut Pressemitteilung um durchschnittlich 20 Prozent...

    Black Forest Panthers am Schramberger Gymnasium

    Die Schüler und Schülerinnen der beiden Sport-Leistungsfächer der Jahrgangstufen 11 und 12 sowie die Basketball-AG des Gymnasiums freuten sich über den Besuch von vier...

    Kirchenmusik in St. Maria und Heilig Geist Schramberg über die Feiertage

    Über die Weihnachtsfeiertage erklingen in der Katholischen Kirchengemeinde St. Maria – Hl. Geist in Schramberg wieder besinnlich-festliche Klänge dank des Einsatzes vieler Sängerinnen und...

    Uwe Weisser im Gemeinderat verabschiedet

    Die letzte Sitzung des Jahres ist immer etwas Besonderes für den Schramberger Gemeinderat. Die letzten Punkte für den Haushalt werden festgeklopft. In diesem Jahr...

    Pflegeheim Waldmössingen: Betrieb soll weiter gehen

    Nach der Insolvenzanmeldung soll es im Pflegeheim Waldmössingen mit einem neuen Betreiber weiter gehen. Das bestätigt der Sprecher des Insolvenzverwalters, Thomas Schulz, auf Nachfrage...

    Schallende Ohrfeige

    Mit großer Bestürzung haben wir, die Anwohner und Grundstücksnachbarn, den Bericht über das geplante und nunmehr vom Baurechtsamt genehmigte Wohnbauprojekt an der Rochus-Merz-Straße gelesen....

    image_pdfArtikel als PDF speichernimage_printArtikel ausdrucken

    Weihnachtszauber in der Mensa der Berufsschule Schramberg

    Es ist noch dunkel, als in der Mensa der Beruflichen Schulen eifriges Treiben beginnt. Stühle werden beiseite geräumt, Kabel verlegt, Tische geschleppt und aufgebaut....

    Wundzentrum Schramberg einmalige Einrichtung in der Region

    In Baden-Württemberg haben Versicherte mit chronischen und schwer heilenden Wunden in Schramberg und an dreiweiteren Standorten in Baden-Württemberg (Freiburg, Heidelberg und Ulm)die Möglichkeit, eine...

    Weihnachtskonzert des Musikvereins Dunningen entführt musikalisch mit Königlichen Klängen zurück ins Mittelalter

    Auf eine musikalische Zeitreise zurück ins Mittelalter nahm der MV Dunningen seine zahlreichen Zuhörer beim diesjährigen Weihnachtskonzert mit. Das Motto schien gut gewählt; die...

    Für Damian aus Irslingen: Spendenaktion für Zwölfjährigen und seine Familie nach Schussverletzung gestartet

    Nach dem schlimmen Vorfall in Dietingen-Irslingen, bei dem ein Zwölfjähriger angeschossen wurde und schwerste Verletzungen davontrug, ist ein Spendenaufruf gestartet worden. Die Familie des Jungen...

    Heizung und Gebäudereinigung teurer

    Das Gebäudemanagement der Stadt hat höhere Kosten verursacht, als im Haushaltsplan für 2024 vorgesehen war. Deshalb hat die Stadt überplanmäßige Mittel in Höhe von...

    Frauenhaus: 1,8 Millionen Euro Förderung vom Land

    Nach einer längeren Wegstrecke geht es nun in die Zielgerade: Dank Landes-Fördermitteln in Höhe von 1,8 Millionen Euro wird es imLandkreis Rottweil bald ein...

    Stadtwerke liefern weiter Strom und Gas an die Stadt

    Ein Routinevorgang, nämlich die Vergabe der städtischen strom- und Gaslieferungen durch den Gemeinderat weitete sich dieses Mal zu einer Grundsatzdebatte aus. Clemens Maurer (CDU)...

    Gasaustritt im Heizungskeller: Unternehmen auf der Saline Rottweil geräumt

    Die gute Nachricht zunächst: Es hat offenbar zu keiner Zeit eine Explosionsgefahr bestanden. Dennoch kam es am Montagmittag zu einem Einsatz von Feuerwehr, DRK...

    „Ich war ein ziemlicher Lausbub“

    Vor genau zehn Jahren hat der am 17. Dezember 2024 verstorbene langjährige Rottweiler Stadtarchivar Dr. Winfried Hecht im Gespräch mit der NRWZ berichtet, was...

    Von Zimmern an die Dreisam: Schwendemann wird neuer Trainer im Team der Freiburger Fußballschule

    Florian Schwendemann von der Talentschmiede des SV Zimmern (SVZ) wird neuer Trainer im Team der Freiburger Fußballschule. Das teilte der Verein mit. Schwendemann soll...

    Nach Schuss auf Zwölfjährigen: Haus „beschlagnahmt“, Polizei durchsucht Tatort erneut

    Mit einem großen Aufgebot an Kriminalbeamten und Schutzpolizisten sowie einem Hundeführer hat am Montagmorgen eine erneute Durchsuchung eines Gebäudes im Dietinger Ortsteil Irslingen begonnen....

    Feuerwehreinsatz am Alten Rathaus in Rottweil

    Brandmelderalarm am Rottweiler Alten Rathaus: Feuerwehr und Rettungsdienst rückten am Sonntagabend an. Glücklicherweise gab es keinen Brand, kein Feuer.Rottweil - Einer der Brandmelder im...

    image_pdfArtikel als PDF speichernimage_printArtikel ausdrucken

    „Wir erleben wahrscheinlich gerade das sechste große Artensterben der Erdgeschichte“, so Dr. Christina Kraus vom Landesentwicklungsverband (LEV) Rottweil. „Dieses ist wohl menschengemacht.“ Das letzte Artensterben betraf die Dinosaurier vor ungefähr 65 Millionen Jahren. Die Biotopverbundbotschafterin wollte den Mitgliedern des Ausschusses für Umwelt und Technik (AUT) mit diesem drastischen Hinweis deutlich machen, wie wichtig die Erhaltung der Artenvielfalt – und damit auch die Biotope für unsere Zukunft sind.

    Schramberg.  Die Zahl der Arten, aber auch die Zahl der einzelnen Tiere ihrer Art sei in den letzten Jahren „teilweise extrem“ zurückgegangen. Grund seien die Zerstörung und Veränderung der Lebensräume, die starke Zerschneidung der Landschaft und monotone Flächen, erläuterte Dr. Kraus.

    Volksbegehren als Ausgangspunkt

    Als Folge des erfolgreichen Volksbegehrens „Rettet die Bienen“ habe die Landesregierung ein Biodiversitätsverstärkungsgesetz beschließen lassen mit dem Ziel bis zu diesem Jahr zehn Prozent und bis 2030 mindestens 15 Prozent des Offenlandes als Biotope auszuweisen.

    Schramberg liege derzeit bei etwa 8,5 Prozent über einen Biotopverbund miteinander zu vernetzen. Die Zielvorgabe gelte für das Land insgesamt, nicht für jede einzelne Kommune, weil die Bedingungen doch sehr unterschiedlich seien.

    Am Ratstisch: OB Dorothee Eisenlohr und Dr. Christina Kraus. Foto: him

    Die Kosten für die Biotopverbundplanung übernehme das Land zu 90 Prozent, bei Landwirten gar bis zu 100 Prozent. Bei der Umsetzung werde die Förderung von 50 auf 70 Prozent angehoben. Die Maßnahmen im Rahmen des Biotopverbunds können sich die Kommunen auch auf ihr Ökopunktekonto anrechnen lassen.

    Nichts wird übergestülpt

    Die Planung, die die Kommune ausschreiben müsse, dauere zwei bis drei Jahre, so Kraus. Dabei unterstütze der LEV die Gemeinden. Man lege Wert auf eine offene Planung und Beteiligung der Öffentlichkeit. „Niemand soll etwas übergestülpt werden“, versicherte Kraus.

    Ein Planungsbüro untersuche zunächst die vorhandenen Biotope und lege die Ziele fest. Dann würden Verbundachsen und „Trittstein“-Maßnahmen entwickelt, damit sich die Tiere von einem zum anderen Biotop bewegen könnten. Da gehe es auch um kleine Maßnahmen wie beispielsweise Randstreifen an Wegen und Straßen länger wachsen zu lassen und nicht alles gleichzeitig zu mähen.

    Kraus ging auch auf die Zunahme der Biber ein: „Was der Biber anrichtet, ist für den Biotopverbund sehr förderlich.“ Die Biberbauten führten natürlich auch zu Konflikten.

    Dreimal 4000 Euro

    Wenn der Gemeinderat eine Biotopverbundplanung wolle, dann wäre der nächste Schritt ein Planungsbüro zu finden und etwa 120.000 Euro dafür im Haushalt auf drei Jahre aufgeteilt einzuplanen. Da 90 Prozent zurückflössen, wären das also 4000 Euro pro Jahr.

    Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr fragte, ob das Land die Kommunen zur Biotopverbundplanung verpflichte. Noch sei es freiwillig, antwortete Kraus. Das Land erwarte aber, dass die Kommunen mitmachen. Jetzt sei die Förderung gegeben. Wenn es verpflichtend würde, weil nicht ausreichend viele mitmachen, könnte das anders sein.

    Jürgen Kaupp (CDU) bohrte nach: Wenn sich genügend Kommunen freiwillig meldeten, könnte man nach 2030 auch so davonkommen. Kraus sagte, das Ziel 15 Prozent sei sehr hochgesteckt. Im Kreis müssten pro Jahr 600 Hektar Biotope dazu kommen. „Das ist utopisch.“

    Personalaufwand überschaubar

    Kaupp fragte nach, welche Personalkosten nach der Planung auf die Stadt zukommen, wie aufwändig die Planung sei.  Zunächst müsse die Stadt die vorhandenen Daten zusammentragen und schauen, was Schramberg schon geleistet habe. Mit dem Planungsbüro werde man drei Besprechungen brauchen, entgegnete Kraus.

    OB Eisenlohr nannte den Aufwand „überschaubar“, neues Personal werde nicht benötigt. „Die Bebauungspläne gehen trotzdem voran“, versuchte sie Kaupp zu beruhigen. Alle Maßnahmen würden vom politischen Gremium beschlossen.

    Ökokonten profitieren

    Stadtplaner Joschka Joos wies nochmals auf den Vorteil hin, dass die Maßnahmen auf das Ökokonto der Stadt eingezahlt werden. Die Biotopverbundplanung könne zugleich Grundlage für die städtische Ökopunktplanung werden.

    Thomas Brugger (CDU) sprach vom scharfen Wettbewerb von Industrie, Häuslebauern und Landwirtschaft um die Flächen. Er sehe deshalb die Notwendigkeit des Biotopverbunds. Dadurch werde aber auch die Komplexität nochmals erhöht.

    Kraus versicherte, man brauche die Landwirte und wolle nichts gegen sie planen. Die Landwirte würden gefördert, wenn sie Brachflächen an ihren Äckern lieferten oder Grenzstandorte nicht bewirtschafteten. „Da ist der Naturschutz vielleicht attraktiver.“

    Es sei wichtig, dass dieses Thema in der Öffentlichkeit klar werde, so Brugger.  Deshalb plane man extra für die Landwirte eine Veranstaltung und eine für die Allgemeinheit, erwiderte Kraus.

    Nach anfänglichen Bedenken sei er nun auch überzeugt, dass die Biotopverbundplanung „absolut notwendig“ sei, erklärte Mirko Witkowski für SPD-Buntspecht. Das Artensterben werde immer noch unterschätzt. Was von der Planung umgesetzt werde, entscheide später immer noch der Rat. Die Planung sei jetzt gut zu machen.

    Besser vorn dabei sein

    „Es ist richtig, jetzt vorne mit dabei zu sein, und nicht später dazu gezwungen zu werden“, warb er für den Vorschlag der Verwaltung. Dr. Kraus wies auch darauf hin, dass Maßnahmen, die sich während der Planung als sinnvoll erwiesen, gleich umgesetzt werden könnten. Umgekehrt könnten Maßnahmen, die sich als nicht umsetzbar erwiesen, auch gestrichen werden.

    Emil Rode (Freie Liste) meinte, mit den Ökokonten habe die Stadt schon einiges getan. Was 2030 sei, sei der Blick in die berühmte Glaskugel. „Wenn es für die Ökopunkte funktioniert, wären wir doch blöd, wenn wir die Chance jetzt nicht ergreifen.“

    Frank Kuhner („Aktive Bürger“) sah es ebenso. Er befürchtete allerdings, dass das Umsiedeln von Bibern immer schwieriger werde. „Wir haben für die Trittsteine keine Flächen“, so Kuhner.

    Biberproblem

    Kraus bestätigte, dass die Biber unter Naturschutz stünden. Flächen, die er nutze, könne man sich aber auf die Biotopflächen anrechnen lassen. Der betroffene Landwirt erhalte eine Bezahlung für die vom Biber beanspruchte Fläche. „Und sollte der Biber wieder verschwinden, kann der Landwirt die Fläche auch wieder nutzen.“

    Biberspuren am Dorfweiher in Tennenbronn vom Januar 2023. Foto: Grießhaber

    Mit Blick auf die Vergangenheit versicherte Kraus: „Das Trauma der FFH-Gebiete sitzt tief. Das wollen wir nicht wiederholen.“

    Kaupp hakte nochmals nach und fragte nach den Verträgen mit Landwirten. Er wollte wissen, was nach Ablauf der Verträge geschehe. Solche Verträge würden auf fünf Jahre geschlossen und meist verlängert, so Kraus.

    Joos ergänzte, die Stadt ziehe weiterhin städtische Flächen für Ökopunkte vor. Mit dem Biotopverbundplan habe die Stadt aber die Grundlage um zu sehen „wo wir Maßnahmen umsetzen“. Dann könne man schauen, das man städtische Flächen nutze.

    Oskar Rapp (Freie Liste) wollte wissen, ob ein Landwirt seine Fläche verkaufen kann, wenn er eine Vertrag geschlossen hat. Sie seien fünf Jahre verpflichtet, sie könnten den Vertrag aber auflösen, müssten dann aber die erhaltenen Zuschüsse zurückzahlen, erläuterte Kraus.

    Verwaltungsgemeinschaft einbeziehen

    Sie wies schließlich darauf hin, dass die Stadt die Planung auch in der Verwaltungsgemeinschaft umsetzen könne. OB Eisenlohr bestätigt, dass dafür Interesse bestünde.

    Bei einer Enthaltung von Jürgen Kaupp und einer Nein-Stimme von Frank Kuhner fasste der Ausschuss einen Empfehlungsbeschluss für den Gemeinderat.

    image_pdfArtikel als PDF speichernimage_printArtikel ausdrucken

    [adinserter name="AnzeigenImArtikelDesktop"]

    Das interessiert diese Woche

    [adinserter name="AnzeigenImArtikelDesktop"]