Anschlussunterbringung Geflüchteter in Schramberg: Lage entspannt
Marcel Dreyer berichtete im Verwaltungsausschuss
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Geflüchtete Familie aus Syrien in einer Unterkunft. Archiv-Foto: leg
Wer den Wahlkampf und die politischen Debatten der letzten Wochen verfolgt, könnte meinen, Deutschland stehe wegen geflüchteter Menschen kurz vor dem völligen Zusammenbruch. Das Thema beschäftigt die Parteien im Bundestag, die Menschen auf der Straße und es beherrschte das Kandidatenduell am Sonntagabend. Über den Klimawandel haben die beiden Spitzenpolitiker am Sonntagabend in ihren 90 Minuten gerade mal eine Minute und 37 Sekunden gesprochen. Ansonsten ging es gefühlt die erste Hälfe nur darum, wer mehr für die Abschottung getan hat oder tun will. Wie es vor Ort tatsächlich aussieht, ist eine ganz andere Frage.
Schramberg. Die hat am Donnerstag in der Sitzung des Verwaltungsausschusses Marcel Dreyer beantwortet. Er ist unter anderem in der Verwaltung zuständig für die Unterbringung geflüchteter Menschen. Er beobachte seit dem vergangenen Jahr „einen starken Rückgang“ bei den Zahlen.
Schon im April 2024 sprach Dreyer in seinem Bericht davon, dass bei der Unterbringung von Geflüchteten „nicht mehr so viel los war“. Dieser Trend hat sich nun weiter fortgesetzt. Gerade einmal zehn neue Asylbewerber seien in den vergangenen Monaten Schramberg neu zugewiesen worden.
Zum Schluss die Anschlussunterbringung
In der Sitzung hatte Dreyer er über das dreistufige Unterbringungssystem informiert: Für die Erstaufnahme – bis zu sechs Monate – ist das Regierungspräsidium zuständig. Für die vorläufige Unterbringung, die maximal zwei Jahre dauert, der Landkreis. Die Kommune schließlich bringe die Menschen danach dauerhaft unter. Geregelt sei das im Polizeigesetz: Wer keine Wohnung hat, den muss die Kommune in einer Wohnung unterbringen.
Dreyer berichtete, die Stadt übererfülle ihre Quoten derzeit. So seien 74 Geflüchtete aus der Ukraine mehr in Schramberg untergebracht, als es die Quote des Landkreises eigentlich vorsehe. Bei den übrigen Geflüchteten seien es 23 Personen. „Das Ziel ist weiterhin, Menschen aus der Talstadt in den Teilorten oder in Sulgen unterzubringen“, betonte Dreyer.
Waldmössingen: „Wir warten…“
In diesem Zusammenhang erwähnte Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr die Kirchbergstraße 6 in Waldmössingen, sprich das ehemalige katholische Pfarrhaus. Die Stadt hatte es erworben, mit dem Ziel dort Geflüchtete unterzubringen.
Der Waldmössinger Ortschaftsrat möchte das Gebäude lieber für Vereinszwecke nutzen. Der Rat beschloss daraufhin, man könne das so machen, wenn der Ortschaftsrat eine Alternative zur Unterbringung von 12 bis 14 Personen im Ort finde. „Wir warten auf eine Rückmeldung aus dem Ortschaftsrat“, so Eisenlohr, es wäre schön, wenn es da weiterginge.“
Überschuss – ohne Personalkosten
Dreyer berichtete, die Stadt erwirtschafte derzeit bei der Unterbringung einen Überschuss. Einem Aufwand von gut 182.000 Euro für Miete, Gebäudebewirtschaftung und Verwaltergebühren an die Schramberger Wohnungsbau (SWB) stünden Einnahmen von 244.000 Euro gegenüber. Die Einnahmen entstünden durch die vom Kreis gezahlte Pauschale für die Anschlussunterbringung und eine Nutzungsentschädigung der SWB.
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Knapp 62.000 Euro habe also der Jahresüberschuss betragen, allerdings ohne den Personalaufwand für die Betreuung zu berücksichtigen. Zu diesen Personalkosten gehöre ein Hausmeister, so Eisenlohr, den die Stadt zur Betreuung der Wohnungen eingestellt habe. Jürgen Reuter (Aktive Bürger) bat „im Sinne der Transparenz“ zukünftig auch die Personalkosten aufzuführen.
Widersprüchliche Gesetze
Ralf Rückert (Freie Liste) sprach von einer „stärkeren Entspannung“ und erkundigte sich, ob die Stadt dauerhaft die Mieten übernehme und für die Unterbringung zahlen müsse. Dreyer erläuterte, neben dem Polizeigesetz, das die Unterbringung vorschreibe, gebe es das Flüchtlingsaufnahmegesetz. Darin sei vorgesehen, dass Geflüchtete möglichst schnell selbstständig werden, also beispielsweise eigene Mietverträge schließen.
Eigentlich würde die Stadt das gerne umsetzen und Mieter und Vermieter direkt Verträge schließen lassen. Aber: „Wir bekommen nur die Geflüchteten auf unsere Quote angerechnet, die wir unterbringen.“
Man habe schon mehrfach versucht, das zu ändern. Aber der Kreis bestehe auf dieser Regelung. Die Stadt sei also gezwungen, die Menschen weiter unterzubringen, um nicht mehr Geflüchtete aufnehmen zu müssen. Eisenlohr beklagte den „bürokratischen Wasserkopf“, der so entstehe. Die Stadt stecke dauerhaft in der Rolle als Mieter und Vermieter, bedauerte sie.
Kaum neue Wohnungen angemietet
Weil sich die Lage deutlich entspannt hat, hat Dreyers Team in den vergangenen Monaten eine Wohnung in der Talstadt aufgelöst und sieben angebotene Wohnungen abgelehnt. Neu angemietet hat die Stadt eine Wohnung in Sulgen. Ein Gebäude in Tennenbronn habe sein Team geprüft, dann aber abgelehnt. Ein weiteres Gebäude sei derzeit in der Gremienabstimmung.
Der Ausschuss nahm den Bericht zur Kenntnis.
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