back to top
...
    NRWZ.deSchrambergAltes Pfarrhaus in Waldmössingen für Flüchtlinge bereitstellen?

    Ortschaftsrat lehnt Pläne der Stadt ab / Am Donnerstag entscheidet der Verwaltungsausschuss

    Altes Pfarrhaus in Waldmössingen für Flüchtlinge bereitstellen?

    Artikel
    Kommentare
    Autor / Quelle
    Weitere Artikel
    Für NRWZ.de+ Abonnenten: 

    Ob in das von der Stadt gekaufte ehemalige Pfarrhaus in Waldmössingen künftig Flüchtlinge einquartiert werden, darüber entscheidet am Donnerstag der Verwaltungsausschuss des Schramberger Gemeinderats. In einer Vorlage hat Fachbereichsleiterin Susanne Gwosch erklärt, das Gebäude sei für die Unterbringung von Geflüchteten „ideal“. Der Ortschaftsrat von Waldmössingen sieht das anders und hat die Pläne am Montagabend einstimmig abgelehnt.

    Schramberg. Über die künftige Nutzung hatte es schon im Vorfeld heftigen Streit gegeben. Ortsvorsteher Reiner Ulrich hatte Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr in diesem Zusammenhang Verfassungsbruch vorgehalten, was sie mit „aufgeplustertem Ego“ konterte.

    In ihrer Vorlage schlägt Gwosch vor, dass Gebäude Kirchbergstraße 6 in Waldmössingen solle „für Wohnzwecke ertüchtigt und für die Anschlussunterbringung von Flüchtlingen bereitgestellt“ werden.

    Haus ist in gutem Zustand

    Die Stad Schramberg habe das alte Pfarrhaus von der katholischen Kirchengemeinde gekauft, es verfüge über sieben Zimmer, zwei Bäder einschließlich Toilette, eine separate Toilette und eine große Küche.

    Zudem gebe es einen großen Kellerbereich und eine Garage, die von der Wohnnutzung abtrennbar sind und über einen separaten Eingang verfügen. „Dort könnte gut ein Lager eingerichtet werden“, schreibt Gwosch. Die Ortschaftsrätinnen und -räte von Waldmössingen hatten nämlich gefordert, die Stadt solle das Gebäude für die Vereine als Lagerraum zur Verfügung stellen.

    Laut Verwaltung befindet sich das Haus in einem guten Zustand und sei „für die Unterbringung von Geflüchteten … ideal.“ Das Wohnzimmer könne man ohne großen Aufwand teilen, so dass man insgesamt acht Zimmer hätte. Weil die Küche gemeinsam zu nutzen wäre, würde sie empfehlen, „Personen mit ähnlichem Kulturkreis“ unterzubringen.

    Bevor man es für die Flüchtlingsunterbringung nutzen könne, müsse man noch einiges renovieren. Die Kosten schätzt die Verwaltung auf 56.000 Euro.

    Talstadt entlasten

    Gwosch weist darauf hin, dass der Gemeinderat vor einem Jahr beschlossen hat, „dass die Anschlussunterbringung von Geflüchteten außerhalb der Talstadt in erhöhtem Maß verfolgt wird“.

    Die Stadt wolle die Mietverhältnisse der in der Talstadt angemieteten Wohnungen „Schritt für Schritt“ beenden. Diese Wohnungen müsse man ersetzen. „Daher muss Wohnraum vorgehalten werden, um bei Zuweisungen durch den Landkreis schnell reagieren zu können“, heißt es in der Vorlage.

    „Eigene Gebäude können effektiver und sozialverträglicher belegt werden, da die Stadt hier einen direkten Zugriff hat“, erläutert Gwosch.

    Waldmössingen sträubt sich

    Angeblich soll neben den Vereinen die Grundschule Platzbedarf angemeldet haben, heißt es aus Waldmössingen. Obwohl in Waldmössingen derzeit lediglich 24 Flüchtlinge von der Stadt untergebracht sind, hat der Ortschaftsrat sich einstimmig gegen den Plan der Stadt gewandt.

    Diese Zahlen präsentierte die Verwaltung Ende 2023 im Gemeinderat. Archiv-Foto: him

    Talstadt trägt die Hauptlast

    Weitaus die meisten Geflüchteten, nämlich 750 der etwa 920 lebten vor einem Jahr im Tal.

    Zur aktuellen Situation erläutert der Sprecher der Stadt Hannes Herrmann auf Nachfrage der NRWZ: „In der Talstadt haben wir in vier Gemeinschaftsunterkünften Platz für rund 100 Personen.“ Dazu habe die Stadt in etwa 40 angemieteten oder eigenen Wohnungen etwa 160 Geflüchtete untergebracht. „Darüber hinaus finden in der Talstadt die meisten Menschen privat eine Wohnung“, so Herrmann.

    Deshalb hatte der Gemeinderat am 14. Dezember 2023 auf Antrag der CDU mit großer Mehrheit (bei lediglich vier Enthaltungen) beschlossen, Wohnraum außerhalb der Talstadt zu suchen und anzumieten.

    Waldmössinger Argumente gegen die Geflüchteten im alten Pfarrhaus

    In der Einwohnerfragestunde muss es bereits hoch her gegangen sein. Argumente wie Muslime dürfe man nicht neben einer katholischen Kirche unterbringen, oder Geflüchtete seien nur Wirtschaftsasylanten, die die Stadt „durchfüttern“ müssen, sollen genannt worden sein.

    Im Ortschaftsrat sei argumentiert worden, als jugendlicher Flüchtling wolle man sicher nicht neben einer Kirche wohnen, das sei ein schlechter Platz, um sich zu integrieren. Ortsvorsteher Ulrich habe die Grundschule ins Feld geführt, da müssten die Kinder im Obergeschoss ihr Mittagessen im Flur einnehmen.

    Missverhältnis

    Obwohl in Waldmössingen bisher lediglich 24 Flüchtlinge von der Stadt untergebracht sind, hat der Ortschaftsrat sich einstimmig gegen den Plan der Stadt gewandt. Betrachtet man das Verhältnis bezogen auf die Einwohnerschaft, dann wird das Missverhältnis deutlich: Waldmössingen hat bei etwa 2500 Einwohnern 24 Geflüchtete zu beherbergen, die Talstadt mit etwa 8000 Einwohnern 750.

    Seit vielen Jahren leben in der Schiltachstraße einen Steinwurf von der St.-Maria-Kirche entfernt etwa 40 Geflüchtete in einem Gebäude, das der Landkreis angemietet hat. Von Konflikten ist bisher nichts bekannt geworden.

    Spannend wird sein, wie sich der Verwaltungsausschuss am Donnerstag nach diesem Votum aus Waldmössingen verhalten wird.

    Info:  Mit Stichtag 1. Oktober 2024 lag Schramberg in der Anschlussunterbringung bei Flüchtlingen aus der Ukraine mit 68 Personen über der Quote. Bei sonstigen Flüchtlingen lag Schramberg mit zehn Personen unter der Quote.

    image_pdfArtikel als PDF speichernimage_printArtikel ausdrucken

    Diskutieren Sie mit!

    Hier können Sie einen Kommentar zu unserem Artikel hinterlassen.

    image_pdfArtikel als PDF speichernimage_printArtikel ausdrucken

    Martin Himmelheber (him)
    Martin Himmelheber (him)
    ... begann in den späten 70er Jahren als freier Mitarbeiter unter anderem bei der „Schwäbischen Zeitung“ in Schramberg. Mehr über ihn hier.

    Beiträge

    image_pdfArtikel als PDF speichernimage_printArtikel ausdrucken

    image_pdfArtikel als PDF speichernimage_printArtikel ausdrucken

    Ob in das von der Stadt gekaufte ehemalige Pfarrhaus in Waldmössingen künftig Flüchtlinge einquartiert werden, darüber entscheidet am Donnerstag der Verwaltungsausschuss des Schramberger Gemeinderats. In einer Vorlage hat Fachbereichsleiterin Susanne Gwosch erklärt, das Gebäude sei für die Unterbringung von Geflüchteten „ideal“. Der Ortschaftsrat von Waldmössingen sieht das anders und hat die Pläne am Montagabend einstimmig abgelehnt.

    Schramberg. Über die künftige Nutzung hatte es schon im Vorfeld heftigen Streit gegeben. Ortsvorsteher Reiner Ulrich hatte Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr in diesem Zusammenhang Verfassungsbruch vorgehalten, was sie mit „aufgeplustertem Ego“ konterte.

    In ihrer Vorlage schlägt Gwosch vor, dass Gebäude Kirchbergstraße 6 in Waldmössingen solle „für Wohnzwecke ertüchtigt und für die Anschlussunterbringung von Flüchtlingen bereitgestellt“ werden.

    Haus ist in gutem Zustand

    Die Stad Schramberg habe das alte Pfarrhaus von der katholischen Kirchengemeinde gekauft, es verfüge über sieben Zimmer, zwei Bäder einschließlich Toilette, eine separate Toilette und eine große Küche.

    Zudem gebe es einen großen Kellerbereich und eine Garage, die von der Wohnnutzung abtrennbar sind und über einen separaten Eingang verfügen. „Dort könnte gut ein Lager eingerichtet werden“, schreibt Gwosch. Die Ortschaftsrätinnen und -räte von Waldmössingen hatten nämlich gefordert, die Stadt solle das Gebäude für die Vereine als Lagerraum zur Verfügung stellen.

    Laut Verwaltung befindet sich das Haus in einem guten Zustand und sei „für die Unterbringung von Geflüchteten … ideal.“ Das Wohnzimmer könne man ohne großen Aufwand teilen, so dass man insgesamt acht Zimmer hätte. Weil die Küche gemeinsam zu nutzen wäre, würde sie empfehlen, „Personen mit ähnlichem Kulturkreis“ unterzubringen.

    Bevor man es für die Flüchtlingsunterbringung nutzen könne, müsse man noch einiges renovieren. Die Kosten schätzt die Verwaltung auf 56.000 Euro.

    Talstadt entlasten

    Gwosch weist darauf hin, dass der Gemeinderat vor einem Jahr beschlossen hat, „dass die Anschlussunterbringung von Geflüchteten außerhalb der Talstadt in erhöhtem Maß verfolgt wird“.

    Die Stadt wolle die Mietverhältnisse der in der Talstadt angemieteten Wohnungen „Schritt für Schritt“ beenden. Diese Wohnungen müsse man ersetzen. „Daher muss Wohnraum vorgehalten werden, um bei Zuweisungen durch den Landkreis schnell reagieren zu können“, heißt es in der Vorlage.

    „Eigene Gebäude können effektiver und sozialverträglicher belegt werden, da die Stadt hier einen direkten Zugriff hat“, erläutert Gwosch.

    Waldmössingen sträubt sich

    Angeblich soll neben den Vereinen die Grundschule Platzbedarf angemeldet haben, heißt es aus Waldmössingen. Obwohl in Waldmössingen derzeit lediglich 24 Flüchtlinge von der Stadt untergebracht sind, hat der Ortschaftsrat sich einstimmig gegen den Plan der Stadt gewandt.

    Diese Zahlen präsentierte die Verwaltung Ende 2023 im Gemeinderat. Archiv-Foto: him

    Talstadt trägt die Hauptlast

    Weitaus die meisten Geflüchteten, nämlich 750 der etwa 920 lebten vor einem Jahr im Tal.

    Zur aktuellen Situation erläutert der Sprecher der Stadt Hannes Herrmann auf Nachfrage der NRWZ: „In der Talstadt haben wir in vier Gemeinschaftsunterkünften Platz für rund 100 Personen.“ Dazu habe die Stadt in etwa 40 angemieteten oder eigenen Wohnungen etwa 160 Geflüchtete untergebracht. „Darüber hinaus finden in der Talstadt die meisten Menschen privat eine Wohnung“, so Herrmann.

    Deshalb hatte der Gemeinderat am 14. Dezember 2023 auf Antrag der CDU mit großer Mehrheit (bei lediglich vier Enthaltungen) beschlossen, Wohnraum außerhalb der Talstadt zu suchen und anzumieten.

    Waldmössinger Argumente gegen die Geflüchteten im alten Pfarrhaus

    In der Einwohnerfragestunde muss es bereits hoch her gegangen sein. Argumente wie Muslime dürfe man nicht neben einer katholischen Kirche unterbringen, oder Geflüchtete seien nur Wirtschaftsasylanten, die die Stadt „durchfüttern“ müssen, sollen genannt worden sein.

    Im Ortschaftsrat sei argumentiert worden, als jugendlicher Flüchtling wolle man sicher nicht neben einer Kirche wohnen, das sei ein schlechter Platz, um sich zu integrieren. Ortsvorsteher Ulrich habe die Grundschule ins Feld geführt, da müssten die Kinder im Obergeschoss ihr Mittagessen im Flur einnehmen.

    Missverhältnis

    Obwohl in Waldmössingen bisher lediglich 24 Flüchtlinge von der Stadt untergebracht sind, hat der Ortschaftsrat sich einstimmig gegen den Plan der Stadt gewandt. Betrachtet man das Verhältnis bezogen auf die Einwohnerschaft, dann wird das Missverhältnis deutlich: Waldmössingen hat bei etwa 2500 Einwohnern 24 Geflüchtete zu beherbergen, die Talstadt mit etwa 8000 Einwohnern 750.

    Seit vielen Jahren leben in der Schiltachstraße einen Steinwurf von der St.-Maria-Kirche entfernt etwa 40 Geflüchtete in einem Gebäude, das der Landkreis angemietet hat. Von Konflikten ist bisher nichts bekannt geworden.

    Spannend wird sein, wie sich der Verwaltungsausschuss am Donnerstag nach diesem Votum aus Waldmössingen verhalten wird.

    Info:  Mit Stichtag 1. Oktober 2024 lag Schramberg in der Anschlussunterbringung bei Flüchtlingen aus der Ukraine mit 68 Personen über der Quote. Bei sonstigen Flüchtlingen lag Schramberg mit zehn Personen unter der Quote.

    image_pdfArtikel als PDF speichernimage_printArtikel ausdrucken

    [adinserter name="AnzeigenImArtikelDesktop"]

    Das interessiert diese Woche

    [adinserter name="AnzeigenImArtikelDesktop"]