Die Fraktion „Aktive Bürger Schramberg“ hat beantragt, dass „sämtliche Gemeinderatsvorlagen, die in ihren finanziellen Auswirkungen den städtischen Haushalt beeinflussen“ durch eine „qualifizierte Folgekostenberechnung“ ergänzt werden. Ehemalige Mitarbeiter aus der Verwaltung halten den Vorschlag „grundsätzlich“ für richtig, die Umsetzung aber für schwierig.
Die drei Mitglieder der Fraktion begründen ihren Antrag damit, dass bei der Diskussion und Entscheidung über einen Tagesordnungspunkt „die finanziellen Weichen gestellt“ werden. Gemeinderatsbeschlüsse würden die Finanzkraft der Stadt über Jahre binden. Der Gemeinderat müsse darüber schon beim Beschluss informiert sein, „um diese Folgen politisch abwägen zu können“, heißt es weiter.
Grimm: Alles betrachten
Zu einer qualifizierten Folgekostenberechnung gehöre die Art der Maßnahme, die Gesamtkosten der Maßnahme, also die Kosten für Grund und Boden, die Baukosten und Einrichtungsgegenstände. Außerdem die Folgekosten wie Abschreibungen Personalkosten, Unterhaltsaufwendungen, Mieten.
Andererseits seien auch die Entlastungen und Erträge aufzuführen, ebenso Mietersparnis, Energiekostenersparnis, geringere Unterhaltskosten und Zinsersparnisse. „Diese Aufzählung ist beispielhaft und betriebswirtschaftlich und kommunal-haushaltsrechtlich nicht abschließend“, schreibt „Aktive Bürger“-Stadtrat Johannes Grimm abschließend.
Eigentlich ein alter Hut
Mit ihrem Antrag greifen die „Aktiven Bürger“ ein Verfahren auf, das vor vielen Jahren in Schramberg schon angewandt wurde. Auf den Sitzungsvorlagen findet sich bis heute ein Feld „Folgekostenberechnung ja/nein.“ Eingeführt hatte die Stadt eine solche Folgekostenberechnung vor etwa zwei Jahrzehnten.
Auch die Gemeindehaushaltsordnung von Baden-Württemberg sieht vor, dass bei Investitionen Wirtschaftlichkeitsvergleiche „unter Einbeziehung der Folgekosten“ angestellt und dann die für die Gemeinde wirtschaftlichste Lösung ermittelt werden soll. Allerdings schränkt die Verordnung ein, dass dies nur für „Investitionen von erheblicher finanzieller Bedeutung“ gelte.
Dem Rat waren die Berechnungen nicht so wichtig
Grundsätzlich sei es natürlich richtig und wichtig, eine solche Folgekostenberechnung vor einer Entscheidung zu haben, sagen drei frühere erfahrene Verwaltungsleute übereinstimmend. Es habe sich aber herausgestellt, dass bei Entscheidungen der politische Wille des Gemeinderates maßgeblich war. Einer der drei sagt der NRWZ, der Gemeinderat habe die Folgekostenberechnungen „wenig wahrgenommen“, ein anderer drückt sich deutlicher aus: „Das hat nicht sonderlich interessiert.“
Er nennt ein Beispiel: Rein haushaltstechnisch betrachtet, hätte man das „Badschnass“ nicht bauen dürfen. Da waren die Folgekosten von vornherein klar: Es kostet mindestens 800.000 Euro pro Jahr als Zuschuss. Dennoch habe man das Hallenbad in Sulgen selbstverständlich gebaut, weil es politisch gewollt und für die Kommune sehr wichtig ist.
Zeit- und arbeitsintensiv
Ein weiterer Grund, weshalb die Folgekostenberechnungen „eingeschlafen“ sind, war, dass sie „sehr viel Arbeitskraft gebunden“ hätten. Auch gebe es Vorgänge, bei denen eine Folgekostenberechnung schwierig sei und man „doch nur über den Daumen peilen“ kann. Etwa, wenn Grundstücke noch gar nicht verfügbar sind und deshalb die Kaufpreise nicht feststehen.
Bei den Haushaltsberatungen sei es viel zu früh, mit einer Folgekostenberechnung zu kommen, weil dann noch kaum konkrete Daten vorlägen, sagt einer der früheren Rathausmitarbeiter. Man habe die Berechnung deshalb meist erst bei der „Sachentscheidung“ gemacht, also wenn es konkret um die Umsetzung eines Bauvorhabens beispielsweise ging.
In solchen Fällen seien die Vorlagen aus den technischen Ämtern oft erst so spät in der Kämmerei angekommen, dass eine seriöse Folgekostenberechnung bis zur Gemeinderatssitzung nicht zu schaffen war. „Dann hätten wir nochmal vier Wochen länger gebraucht….“ Bei Bauvorhaben eine oft zu lange Zeit.
Würde man den Antrag der „Aktiven Bürger“ umsetzen, dann ist die einhellige Meinung der alten Fahrensleute, sei das mit dem bisherigen Personal zeitlich nicht zu schaffen. „Dann braucht man mehr Leute, die sich nur darum kümmern.“
Uwe Weisser: Wir machen einen Vorschlag
Fachbereichsleiter Uwe Weisser, dem auch die Kämmerei untersteht, betrachtet die Folgekostenberechnungen ebenfalls als „zeit- und arbeitsintensiv“. Sie seien aber auch „eine wertvolle Ergänzung, um gute Entscheidungen treffen zu können“. Die Verwaltung werde einen Vorschlag erarbeiten und dabei eine Wertgrenze vorschlagen, ab der gegebenenfalls die Folgekostenberechnungen wieder erarbeitet werden sollen.
Da die Kämmerei derzeit zwei Jahresabschlüsse zu erstellen habe, die Haushaltskonsolidierung vorbereitet und der Haushaltsplan 2021 erarbeitet werden müsse, bitte er aber um etwas Geduld, bis der Antrag bearbeitet werde, so Weisser zur NRWZ.