SCHRAMBERG (him) – Ausführlich diskutiert hat der Gemeinderat letzte Woche eine Idee, wie künftig der Verkehr in der Talstadt organisiert werden könnte. Dabei betonte Oberbürgermeister Thomas Herzog, es gehe nicht um einen Beschluss, sondern nur darum, „Überlegungen vorzustellen“, die erst im Dezember vom Gemeinderat beschlossen würden. Auch Fachbereichsleiter Rudolf Mager betont auf Nachfrage der NRWZ: „Es war nur ein erster Anstoß.“
Die beiden haben vorgebaut, denn der Vorschlag der Verwaltung sieht vor, auf den eigentlich beschlossenen „Zwei-Richtungsverkehr“ im Schlossbergtunnel zu verzichten. Damit würden die ungeliebten und teuren Kreisverkehre beim Schloss und am Leibbrandplatz entfallen. Mager möchte die Kreuzung Weihergasse, Berneckstraße, Lauterbacher-Straße an der neuen Brücke neu regeln.
Fußgängerzone bis zur Heilig-Geist-Kirche
Sein Ziel ist, den Busbahnhof an die Fußgängerzone direkt anzuschließen, diese weiter zu führen bis zur Heilig-Geist-Kirche und damit die Innenstadt fußgängerfreundlicher zu gestalten. Dafür wird die Berneckstraße verlegt. Sie soll – wie schon beim Zwei-Richtungsverkehr geplant – nach dem Tunnel auf der anderen Seite des Busbahnhofes vorbei geleitet werden.
Die Weihergasse möchte Mager „abhängen“, sie soll keine Durchfahrtsstraße bleiben. Der Verkehr würde stadtauswärts zunächst über die etwas verschwenkte Berneckstraße geleitet. Wer Richtung Norden und Sulgen fahren möchte, würde über eine neue Querverbindung vor der Heilig-Geist-Kirche hoch zur Schillerstraße und weiter zur Oberndorfer Straße gelenkt.
Erst der Schulcampus, dann das neue Konzept
Damit ist klar, dass diese Pläne eng mit dem neuen Schulcampus verknüpft sind. Diese Querspange wäre erst nach einem Abriss der Berneckschule möglich – und der käme erst, wenn die Berneckschule auf dem neuen Campusgelände an der Graf-von-Bissingen-Straße bezogen ist. Das zeigt die zeitliche Dimension der Pläne: Stadtentwicklung 2030+ eben. Insgesamt sieht Mager bei dieser Verkehrsführung „keine Verschlechterung gegenüber heute“. Gleichzeitig möchte die Verwaltung den Öffentlichen Personennahverkehr stärken.
Fernziel für Mager ist das im Zuge der Landesgartenschau entwickelte Konzept der Revitalisierung der Schiltach, das „Blaue Band“. Durch die Verlegung der Berneckstraße könnte die Terrassierung beim Cityhochhaus der umgesetzt werden. „Es gäbe keine Längsdeckelungen der Schiltach mehr.“
Neues Denken braucht Mut
Aus Freiburg war Planer Bernd Fahle in die Sitzung gekommen. Er war vor etwa zehn Jahren am Stadtentwicklungsprogramm 2020+ maßgeblich beteiligt – und der sich damals für den „Zwei-Richtungsverkehr“ im Tunnel ausgesprochen hatte. Fahle wies darauf hin, dass sich Rahmenbedingungen änderten und deshalb ein Umdenken legitim sei. Die Schiltach, die Revitalisierung und Attraktivierung der Innenstadt seien heute stärker in den Fokus gerückt. Fahle lobte die Verwaltung: „Es braucht Mut, Dinge in Frage zu stellen.“
Das fand der Sprecher der CDU-Fraktion, Clemens Maurer, auch. „Wir sind offen für bessere Lösungen“, versicherte er. Seine Fraktion werde aber die Vorschläge kritisch hinterfragen und forderte mehr Zeit und „mehr Substanz bei der Verkehrsplanung“. Auch schlug er vor, das Konzept mit dem „Zwei-Richtungsverkehr“ zu machen. „Dann wird es noch besser.“ Bei all den vielen Zukunftsplänen dürfe die Verwaltung die „Mikroebene“ nicht vergessen und sich beispielsweise auch um attraktive Wohnquartiere kümmern.
OB Herzog betonte noch einmal, dass man am Beginn eines Prozesses stehe. Bei einem Stadtspaziergang im November möchte die Verwaltung ihre Gedanken auch mit der Bevölkerung erörtern. Mager versichert, „dass hier noch viel Bewegung drin ist und die Bürger mitgenommen werden sollen“. Ein Zwei-Richtungs-Verkehr sei im Dauerbetrieb schwer umzusetzen. Akute Probleme und die Quartiersentwicklung habe er durchaus im Blick, versicherte er.
Beim Busbahnhof sprach Mager denn auch eine unmittelbar mögliche Verbesserung an: Als Interims-Lösung könnten auf dem gerade abgebrochenen Schmid-Kösel-Areal Aufstellflächen für Busfahrerpausen und einer Rückstauspur zur Einfahrt eingerichtet werden. Die sei ein “schneller Lösungsansatz für eine aktuelle Problematik“, so Mager.
Die Verwaltung nimmt damit eine Anregung auf, die die SPD-Buntspechtfraktion vor der Sommerpause gegeben hatte.
Nur nettes buntes Bild?
Jürgen Reuter (fraktionslos) nannte die Pläne ein „nettes, buntes Bild, mehr ist es nicht“. Er verwies darauf, dass „die Talstadtumfahrung im Frühjahr nächstes Jahr in Angriff genommen“ werde und der Zentrale Omnibusbahnhof (ZOB) nach der Umsetzung des Schulcampus auf der anderen Seite der Stadt liege. Er bedauerte den starken Eingriff in den Leibbrandplatz.
Ein Busbahnhof, der nicht direkt bei Schulen angesiedelt sei, sei eine häufige Erscheinung, so Mager. Der ZOB sei „Verteiler für den ÖPNV“. Beim Zwei-Richtungsverkehr wäre der Eingriff in den Leibbrandplatz noch viel stärker. Jürgen Winter (CDU) war klar, dass, wer den Fußgängern mehr Rechte einräume, den Autofahrern etwas wegnehme. Er fragte, wie der zusätzliche Verkehr durch das Medzentrum bewältigt werden solle.
Scharf ging Johannes Grimm (CDU) Bernd Fahle an: Hätte man vor zehn Jahren seine Pläne umgesetzt, „stünden wir heute von den Trümmern und müssten neu planen“. Andererseits begrüßte Grimm, dass der Rat früh in die Überlegungen einbezogen werde, die Weihergasse abgekoppelt werde und man auf die großen Kreisverkehre verzichten wolle.
Bernd Richter (ÖDP) lobte das Konzept insgesamt. „Die Stadt hat ohne Zeitdruck in den letzten Jahren Häuser gekauft für Freiräume, die jetzt die Pläne möglich machen.“ Bei der Planung sollte auch an die Radwege gedacht werden. Richter schlug scherzhaft vor, eine Spur im Tunnel den Radler einzuräumen. Dann müsse man aber am Tunneleingang eine Ohropax-Verteilstelle einrichten, kam die Entgegnung aus der SPD-Buntspechtecke. Mager versichert: „Wir haben noch einige gute Ansätze auch hinsichtlich Radweg in petto.“
Ralf Rückert (Freie Liste) hob hervor, dass man bei der Planung auch an die etwa 800 Schüler im Gymnasium und an dei Bewohner des Spittelseniorenzentrums denken müsse. Tanja Witkowski lobte für die Fraktion SPD-Buntspecht die neue Planung mit dem Einrichtungsverkehr als zukunftsträchtig. „Die Kreisverkehre fanden wir immer schon unglücklich.“
Bürger werden einbezogen
Uli Bauknecht (CDU), der sich seit Jahrzehnten für den Zwei-Richtungsverkehr im Tunnel stark gemacht hat, sprach von einem “großen Wurf“, der auch dank der Ideen von Studierenden gelungen sei. Er schlug vor, einen eingeschränkten Zwei-Richtungsverkehr zu überlegen: Autos vom Med-Zentrum und von Lauterbach her würden durch den Schlossberg-Tunnel gelenkt, alle anderen über die neue Querspange bei der Heilig-Geist-Kirche.
Mit der Zusage, alle Anregungen aufzunehmen und die Bürgerschaft möglicherweise auch in einer Arbeitsgruppe mit einzubeziehen, beendete OB Herzog schließlich die Vorstellung der Planung.