„Wenn sie beim Waschen helfen, why not?“ Facebook reagiert wie immer abgeklärt auf unsere Nachfrage, ob Rottweil-Bühlingen eine Waschbärenplage erlebe. Verantwortliche sehen es anders, sehen die Population der anpassungsfähigen Tiere überhandnehmen. Deshalb seien jetzt 20 von ihnen entnommen worden, wie es heißt.
„In der Tat haben wir in Bühlingen, im Bereich Unterdorf, Fischersteig und teilweise auch schon im Oberdorf, eine extreme Population von Waschbären festzustellen.“ Das sagt auf Nachfrage der NRWZ der heimliche Ortsvorsteher des Rottweiler Ortsteils (Bühlingen ist kein Teilort), Gerhard Gurreck. Er selbst nennt sich lieber „Kümmerer für Bühlinger Belange“, auf ihn verweist auf Nachfrage Dr. Peter Schellenberg, der das Thema Waschbären im Gemeinderatsausschuss vorgebracht hat.
Jedenfalls: Laut Gurreck habe man vor Ort schon reagiert: „Um den damit weiteren aufgetretenen Schäden entgegenzuwirken, wurden bis dato, in Absprache mit den zuständigen Stellen beim Landratsamt und unter Beachtung tierschutzrechtlicher beziehungsweise jagdrechtlicher Vorgaben, 20 Tiere der Population entnommen“, sagt er. Im Klartext bedeutet das: Fangen in der Lebendfalle und anschließendes Töten. Es werde zudem auch mittels elektronischen Vergrämungsgeräten versucht, die Tiere zu vertreiben, so Gurreck.
Matthias Oettle, der Leiter des Hegerings Rottweil – also ein Jäger – sagt: „Waschbären gibt es in Rottweil und Umgebung schon seit einigen Jahren. Waschbären sind Kulturfolger und halten sich aufgrund des Nahrungsangebotes gerne in der Nähe von Menschen auf.“ Er bestätigt: „Aktuell erkennen wir in Bühlingen ein erhöhtes Vorkommen.“ Aus aktuellem Anlass habe man daher im Hegering Rottweil eine Arbeitsgruppe gegründet, „die sich in enger Zusammenarbeit mit der unteren Jagdbehörde hierzu abstimmt.“
Diese Untere Jagdbehörde, das Forstamt im Landratsamt Rottweil, vertritt Hannes Vöhringer. Auch er bestätigt: „Waschbären gibt es bereits seit längerem in Deutschland und auch im Kreis Rottweil. In den letzten Monaten sind sie verstärkt in Bühlingen aufgetreten.“ Es sei bereits auf Antrag eine Ausnahmegenehmigung zur Fallenjagd mit der Lebendfangfalle für den befriedeten Bezirk nach Paragraf 13 Abs. 4 Jagd- und Wildtiermanagementgesetz (JWMG) für einen Bereich in Bühlingen erteilt worden. Die Untere Jagdbehörde des Landratsamtes prüfe zudem derzeit, „wie hier weiter sinnvoll unterstützt werden kann.“ Hierzu stehe man bereits auch mit der Stadt und dem Hegering Rottweil der Kreisjägervereinigung im Kontakt. Der Hegering habe bereits eine Arbeitsgruppe Fallenjagd ins Leben gerufen, erklärt auch Vöhringer.
Da es sich bei Wohngebäuden, Hausgärten und ähnlichen um einen sogenannten befriedeten Bezirk handelt, hier die Jagd also ruht (siehe Paragraf 13 Absatz 1+2 JWMG), können und dürfen Jäger nicht einfach tätig werden, sagt der Forstamtsleiter. Sie benötigen dafür eine besondere Genehmigung. Im befriedeten Bezirk sind die Grundstücksbesitzerinnen und -besitzer in der Verantwortung, ihr Grundstück gegen Wildtiere zu sichern.
Diesen schreibt Vöhringer ins Stammbuch: „Die meisten Probleme entstehen durch falsch ausgedrückte Tierliebe und Zuneigung, welches die Tiere sich erst an den Menschen gewöhnen lässt und sie zutraulich und gegebenenfalls aufdringlich macht.“ Besonders wichtig sei es, die Tiere nicht zu füttern. Waschbären sollten in den Gärten nichts fressbares vorfinden wie Katzen- oder Hundefutter auf der Terrasse, Meisenknödel oder einen offenen Kompost. „Sonst lernen diese schnell, wo es sich lohnt, regelmäßig vorbeizuschauen.“
Bühlingens Bürger Gurreck ergänzt, es sei „sehr wichtig, die Einwohnerschaft für eine unzugängliche Aufbewahrung aller möglichen Nahrungsreste für diese Tiere, zu sensibilisieren. Dabei sollten Futterstellen beziehungsweise Katzenklappen unbedingt mit beachtet werden.“
Laut unseren Lesern gibt es Waschbären in der gesamten Gegend, etwa auch im benachbarten Deißlingen. Dessen Bürgermeister Ralf Ulbrich sieht das aber entspannt. Er schreibt auf Nachfrage der NRWZ: „Ich weiß von einem oder mehreren Waschbären in unserer Gemeinde (mehrere Sichtungen im Bereich Buchwald). Von einer Plage würde ich aber definitiv nicht sprechen. Unser Förster bestätigte diese Sichtungen; Grund für die Vermehrung der Tiere ist schlicht die Tatsache, dass sie keine Fressfeinde in unseren Breitengraden haben.“