„Wir haben ihn schon in unser Herz geschlossen“

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Der Verein „Hamami“ mit der in Rottweil praktizierenden Zahnärztin Houma Kustermann und dem Werbefachmann Jürgen „Jockel“ Reiter hat sich zum Ziel gesetzt, Daniel Djiedere zu helfen. Die Tumorerkrankung des Jungen aus dem Kamerun stellt eine besondere Herausforderung dar. Zuletzt bestand für den Jungen höchste Lebensgefahr. Inzwischen in Deutschland, bringt uns Reiter auf den neuesten Stand, wie es um Daniel steht.

Ein Gastbeitrag von Jürgen Reiter

Daniel und sein Vater Salomon sind nun seit zweieinhalb Wochen im Uniklinikum Tübingen auf der Kinderonkologie. Daniel hat eine erste Chemotherapie erhalten, hat sie gut verkraftet und sie zeigt schon ihre Wirkung. Der Tumor hat schon ein wenig an Größe verloren. Genaues kann man noch nicht sagen, die Ärzte können erst nach dem zweiten Chemozyklus  und einer genauen Untersuchung genauere Aussagen machen. 

Was für uns aber ein deutliches Bild der Besserung abgibt, ist die Tatsache, dass Daniel wieder richtig reden kann. Letzte Woche noch konnte er nur mit einer sehr leisen, dünnen Stimme kurze Sätze sprechen. Offensichtlich ist eine Luftröhre nicht mehr so sehr in Mitleidenschaft gezogen wie davor.

Vergangene Woche wurde von Daniel ein Ganzkörper-MRT gemacht. Die Ärztin hat uns berichtet, dass sie die ganze Nacht davor nicht richtig schlafen konnte, weil sie sich gefragt hatte, wie sie es anstellen soll, dass sie dieses Kind mit dem riesigen Tumor überhaupt in die enge Öffnung bekommt und wie sie es schaffen kann, dass er es dort eineinhalb Stunden, ohne sich zu bewegen, aushält. Daniel hat es einfach gemacht. Mucksmäuschenstill. Danach hatte sie zu Frau Kustermann gesagt: „Dieses Kind ist unglaublich. Ich habe so etwas noch nie erlebt. Normalerweise ist es unsere Aufgabe den Kindern und Eltern Hoffnung zu geben, es zu schaffen. Aber bei Daniel ist es genau andersherum. Er gibt uns das Gefühl von Zuversicht und Hoffnung. Dabei kann ich nicht mal mit ihm reden, weil er mich nicht versteht. Es ist die Art, wie er damit umgeht und wie er das alles erträgt“.

Ähnliches hören wir von den Pflegerinnen und Pflegern auf der Station. Sie hätten ihn schon in ihr Herz geschlossen, heißt es da immer wieder.

Was uns besonders freut ist die Tatsache, dass wir mittlerweile einen unerwartet großen Zuspruch von außen haben. Wir bekommen Briefe, Daniel bekommt Briefe. Die Anteilnahme ist sehr groß. Es hat sich eine Art Solidargemeinschaft gebildet, die uns und vor allem ihm zur Seite steht. Gestern erst hat eine Gruppe von jungen Ärzten für Daniel eine Patenschaft übernommen und kümmern sich neben ihrer Arbeit um sein Wohlergehen. 

Nicht zuletzt haben wir einen sehr großen Zulauf an Spenden erhalten. Über 2500 Spenden sind bereits eingegangen, Künstler versteigern Bilder, Weinhändler legen einen Sonderverkauf auf, Firmen und Clubs sammeln für ihn. Das bringt uns in die glückliche Lage, dass wir bereits den ersten Behandlungsabschnitt, die sechsstufige Chemotherapie zu 80 % gespendet bekommen haben. Es ist zwar noch ein weiter Weg, aber das mach auch uns, von Hamami, Hoffnung, dass wir Daniel letztlich vollumfänglich behandeln lassen können, so wie es der Behandlungsplan vorsieht.

Eine Randgeschichte gibt es noch über Daniels Vater zu erzählen. Samolom Samari sitzt seit dem 6. Februar neben seinem Kind in dessen Krankenzimmer, schläft dort und kann nur dann ein wenig Ablenkung bekommen, wenn wir zu zweit nach Tübingen fahren. Dann kann einer von uns zwei mit ihm ein wenig spazieren gehen. Hinaus in eine Welt, die ihm so fremd ist, dass er vieles nicht verstehen kann, was er sieht und was ihm begegnet. 

Er und seine Familie leben im Noren Kameruns am Rande einer Stadt mit 40.000 Einwohnern. Ohne Strom und fließendes Wasser. Sehr einfach und auch so, dass es gerade so reicht, dass die Familie ernährt werden kann. Er ist Motorrad-Taxifahrer und seine Frau arbeitet auf dem Feld, was üblich ist in Kamerun. Bei dieser Arbeit kann sie ihre Kinder mitnehmen, die, die noch nicht in die Schule gehen.

Salomon macht das sehr gut. Er bringt eine riesige Geduld auf, er kümmert sich rührend und spricht ständig seine Dankbarkeit aus, dafür, dass Daniel und ihm so viele Leute helfen. Das ist er nicht gewohnt. So wie Samuel und seine Familie lebt, gibt es Unterstützung nur in der Gemeinschaft, in der sie leben, aber nicht von außen. Darüber gäbe es noch viel zu erzählen. Vielleicht später einmal.

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