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    Wieder was zum Wunderfitzeln

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    Oft prächtig geschmückte Erker prägen das Rottweiler Stadtbild seit Jahrhunderten. Nun ist – und das hat Seltenheitswert – ein neuer Erker hinzugekommen: Auf der Rückseite des früheren Café Lüthy, am Gebäude Badgasse 8.

    Von Andreas Linsenmann und Peter Arnegger

    Es hat richtig Spaß gemacht“, sagt Zimmermeister und Restaurator Georg Albrecht im Gespräch mit der NRWZ. Der erfahrene Rottweiler Handwerksmeister hat den neuen Erker konzipiert und aus Tannenholz gezimmert – eine Aufgabe, die nicht alle Tage vorkommt und nicht zuletzt ein Gespür für Proportionen und eine angemessene Formensprache erfordert. Eher schon geht es um den Erhalt und die Instandsetzung der zahlreichen bestehenden Erker in Rottweil. Auch dafür braucht es neben fachlicher Expertise viel historische Sensibilität.

    Denn Erker sind in Rottweil in besonderer Weise ortsbildprägend – ein Sachverhalt, der nicht nur für Denkmalpfleger wichtig, sondern auch für das Stadtmarketing nicht zu unterschätzen ist.

    In mancher Hinsicht waren die Erker bereits im Mittelalter und der Frühen Neuzeit, als die meisten von ihnen entstanden, ein Marketing-Mittel: Sie signalisierten einen sozialen Status, dienten der Repräsentation – „wie heute vielleicht ein Mercedes“, erläutert Georg Albrecht. Wobei natürlich auch der praktische Nutzen nicht zu unterschätzen war: Ihre Ursprünge hatten Erker zwar in der Wehrtechnik. Nicht von Ungefähr geht der Begriff auf die französische Bezeichnung für Schützenstand oder Schießscharte zurück. Aber auch für das Wohnen in dicht bebauten mittelalterlichen Städten hatten Erker Vorteile: Sie erweitern die Wohnfläche, insbesondere aber sorgen sie durch den Zugewinn an Fensterfläche für eine bessere Beleuchtung von Räumen – vor der Erfindung des elektrischen Lichts war dieser Vorteil schwer zu toppen.

    Und recht förderlich waren sie auch fürs städtische Miteinander: „Man konnte besser in die Gasse schauen und wunderfitzeln“, formuliert es Zimmermeister Albrecht schmunzelnd.
    Heute stehen andere Aspekte im Vordergrund. Aber in gewisser Weise ist der neue Erker in der Badgasse gar kein völlig neuer. Eine Zeichnung aus dem 19. Jahrhundert zeigt am Gebäude Badgasse 8 bereits einen geschlossenen Vorbau im ersten Obergeschoss – was in einem historisch hoch sensiblen Umfeld gute Argumente gegenüber dem Denkmalamt lieferte.

    Dass er sich in einem solchen historischen Umfeld bewegt mit seinem Umbau, das ist dem Bäckermeister und Pensionsbetreiber Rainer Lüthy nur zu bewusst. Als er sich mit seiner Frau entschied, das ehemalige Mehllager im Rücken des „Backhauses Lüthy” zu einer Wohnung umzubauen, wollte er wieder die frühere Gestalt des Häuschens herstellen. Das bedeutete: Ein Erker musste her. „Das ist bestimmt seit vielen, vielleicht seit ein paar hundert Jahren der erste Erker, der nach historischem Vorbild gebaut worden ist”, sagt Lüthy im Gespräch mit der NRWZ.

    Er steht da gerade in der Frühlingssonne in der Badgasse, es ist Mitte April und schön warm. Lüthy weiß nur von den Erkern am Neuen Rathaus, aber die seien ja ganz anders als seiner, modern eben. Durch ganz Rottweil sei er gestreift, um sich die Vorbilder anzuschauen, zu entscheiden, wie sein Erker werden solle. Er entschied sich mit seiner Frau für eine ganz schlichte Variante. Weiter unten in der Badgasse findet sich ein ganz ähnliches Modell. Passt also gut in den historischen Straßenzug, der in den 1980-ern beinahe dem Abbruchbagger zum Opfer gefallen wäre, und der von den Rottweiler Sanierern statt dessen liebevoll wieder hergestellt worden ist und heute zu den schönsten der Stadt zählt.

    Während Lüthy so erzählt, hängen die Zimmerleute der Firma Albrecht den neuesten Erker Rottweils mittels eines Kranes an die dafür vorgesehenenen Balken, die aus dem bereits schön sanierten Mehllager heraus ragen. Später wird ein Flaschner das Kupferdach aufbringen.

    Und noch einiges später, wenn auch der Innenausbau geschafft ist, werden die Lüthys wunderfitzeln können. Sich mit den Nachbarn unterhalten, vom Erker aus. Den Touristenströmen, die sonntags durchziehen, zuschauen. Und, wenn sie sich bücken und rausbeugen, und wenn sie das überhaupt wollen, auch dem Kapellenturm zuwinken.

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    Von Andreas Linsenmann und Peter Arnegger

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    Denn Erker sind in Rottweil in besonderer Weise ortsbildprägend – ein Sachverhalt, der nicht nur für Denkmalpfleger wichtig, sondern auch für das Stadtmarketing nicht zu unterschätzen ist.

    In mancher Hinsicht waren die Erker bereits im Mittelalter und der Frühen Neuzeit, als die meisten von ihnen entstanden, ein Marketing-Mittel: Sie signalisierten einen sozialen Status, dienten der Repräsentation – „wie heute vielleicht ein Mercedes“, erläutert Georg Albrecht. Wobei natürlich auch der praktische Nutzen nicht zu unterschätzen war: Ihre Ursprünge hatten Erker zwar in der Wehrtechnik. Nicht von Ungefähr geht der Begriff auf die französische Bezeichnung für Schützenstand oder Schießscharte zurück. Aber auch für das Wohnen in dicht bebauten mittelalterlichen Städten hatten Erker Vorteile: Sie erweitern die Wohnfläche, insbesondere aber sorgen sie durch den Zugewinn an Fensterfläche für eine bessere Beleuchtung von Räumen – vor der Erfindung des elektrischen Lichts war dieser Vorteil schwer zu toppen.

    Und recht förderlich waren sie auch fürs städtische Miteinander: „Man konnte besser in die Gasse schauen und wunderfitzeln“, formuliert es Zimmermeister Albrecht schmunzelnd.
    Heute stehen andere Aspekte im Vordergrund. Aber in gewisser Weise ist der neue Erker in der Badgasse gar kein völlig neuer. Eine Zeichnung aus dem 19. Jahrhundert zeigt am Gebäude Badgasse 8 bereits einen geschlossenen Vorbau im ersten Obergeschoss – was in einem historisch hoch sensiblen Umfeld gute Argumente gegenüber dem Denkmalamt lieferte.

    Dass er sich in einem solchen historischen Umfeld bewegt mit seinem Umbau, das ist dem Bäckermeister und Pensionsbetreiber Rainer Lüthy nur zu bewusst. Als er sich mit seiner Frau entschied, das ehemalige Mehllager im Rücken des „Backhauses Lüthy” zu einer Wohnung umzubauen, wollte er wieder die frühere Gestalt des Häuschens herstellen. Das bedeutete: Ein Erker musste her. „Das ist bestimmt seit vielen, vielleicht seit ein paar hundert Jahren der erste Erker, der nach historischem Vorbild gebaut worden ist”, sagt Lüthy im Gespräch mit der NRWZ.

    Er steht da gerade in der Frühlingssonne in der Badgasse, es ist Mitte April und schön warm. Lüthy weiß nur von den Erkern am Neuen Rathaus, aber die seien ja ganz anders als seiner, modern eben. Durch ganz Rottweil sei er gestreift, um sich die Vorbilder anzuschauen, zu entscheiden, wie sein Erker werden solle. Er entschied sich mit seiner Frau für eine ganz schlichte Variante. Weiter unten in der Badgasse findet sich ein ganz ähnliches Modell. Passt also gut in den historischen Straßenzug, der in den 1980-ern beinahe dem Abbruchbagger zum Opfer gefallen wäre, und der von den Rottweiler Sanierern statt dessen liebevoll wieder hergestellt worden ist und heute zu den schönsten der Stadt zählt.

    Während Lüthy so erzählt, hängen die Zimmerleute der Firma Albrecht den neuesten Erker Rottweils mittels eines Kranes an die dafür vorgesehenenen Balken, die aus dem bereits schön sanierten Mehllager heraus ragen. Später wird ein Flaschner das Kupferdach aufbringen.

    Und noch einiges später, wenn auch der Innenausbau geschafft ist, werden die Lüthys wunderfitzeln können. Sich mit den Nachbarn unterhalten, vom Erker aus. Den Touristenströmen, die sonntags durchziehen, zuschauen. Und, wenn sie sich bücken und rausbeugen, und wenn sie das überhaupt wollen, auch dem Kapellenturm zuwinken.

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