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    Warum die jüdische Mesusa immer schief hängt

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    Während die meisten Rottweiler Jugendlichen am vergangenen Samstag den Beginn des schul- und unterrichtsfreien Wochenendes genossen haben dürften und den Tag vermutlich
    eher langsam angehen ließen, traf sich eine Gruppe von Schülerinnen und Schülern des
    Albertus-Magnus-Gymnasiums schon morgens um 7.30 Uhr am Bahnsteig, um sich auf den
    Weg nach Konstanz in die dortige Synagoge zu machen: Gemeinsam mit ihrer Lehrerin
    besuchten die Hebräischkurse des AMG einen Gottesdienst zum Schabbat, dem
    wöchentlichen jüdischen Feiertag.

    Rottweil. Die Synagogengemeinde Konstanz ist eine Einheitsgemeinde, deren Mitglieder aus dem gesamten Bodenseekreis kommen. Von ihrer religiösen Praxis her folgt sie dem orthodoxen Ritus. Die Jugendlichen aus Rottweil jedenfalls konnten an diesem Vormittag viele Einblicke in eine den meisten von ihnen bis dahin weitgehend fremde Kultur und Religion sammeln: Von den – leider notwendigen – Sicherheitsvorkehrungen inklusive einer  Polizeistreife vor dem Eingang zur Synagoge während des Gottesdienstes, über den gut zweistündigen Gottesdienst, der erst beginnen kann, wenn zehn religionsmündige jüdische Männer anwesend sind und der nahezu vollständig auf Hebräisch abgehalten wird, die Geschwindigkeit, mit der hebräische Texte gelesen und hebräische Gebete gesprochen werden können und die überaus große Ehrfurcht, die der Tora, dem Wort Gottes, schon rein äußerlich entgegengebracht wird, bis hin zum rituellen Händewaschen vor dem Essen gab es viel Neues zu beobachten und zu lernen.

    Fasziniert fanden die Hebräischbegeisterten auch vieles des im Unterricht schon Gelernten in
    der religiösen Praxis ihrer Gastgeber wieder. Der Abschnitt aus der hebräischen Bibel, der an
    diesem Schabbat in allen Synagogen weltweit gelesen wurde, handelte, soviel konnten sie
    verstehen, vom Heiligtum G’ttes in der Wüste und begann mit einer Unterstreichung der
    Wichtigkeit des Schabbatgebotes.

    Im Anschluss an den Gottesdienst ließen sich die Schülerinnen und Schüler die vermutlich
    erste wirklich koschere Mahlzeit ihres Lebens schmecken. Sie waren zum Kiddusch
    eingeladen, einer gemeinsamen Mahlzeit mit Gemeindemitgliedern nach dem Vormittagsgottesdienst. Aufgetragen wurden verschiedene traditionelle Vorspeisen und als
    Hauptgang gab es Tscholent, ein Eintopfgericht aus der aschkenasisch-jüdischen Küche, das –
    da am Schabbat kein Feuer entzündet werden darf – am Freitag vor Beginn des Schabbat zum Kochen gebracht und anschließend bei geringer Hitze bis zum Samstagmittag fertig gegart wird. Schon Heinrich Heine kannte dieses Gericht und erwähnt es mehrmals in seinen
    Gedichten.

    Während des Essens stellten sich die Gemeindemitglieder geduldig den vielen Fragen ihrer
    Gäste, etwa danach, ob sie auch zu Hause die jüdischen Speisegebote (Kaschrut) einhielten, ob die Kinder des Rabbiners (die eine jüdische Schule in Zürich besuchen) tatsächlich sonntags
    zur Schule gehen müssen (die älteren ja), welche Bestimmungen das Gebot der
    Schabbatheiligung im Einzelnen umfasst (sehr viele, etwa darf ein gläubiger Jude sich am
    Schabbat nicht zu weit aus der Stadt entfernen, in der er lebt; er darf keine Gegenstände mit
    sich herumtragen und auch nicht mit Geld hantieren), oder was sich in der Mesusa befindet,
    jener häufig ornamental verzierten Schriftkapsel, die am Türrahmen eines jeden jüdischen
    Haushaltes und auch der Synagoge befestigt ist (das jüdische Glaubensbekenntnis in
    hebräischer Sprache).

    Da aber keiner der angehenden Jung-Hebraisten vom AMG selbst jüdischen Glaubens ist, war
    es ihnen auch nicht verboten, am Samstag Nachmittag dann noch ein wenig durch Konstanz
    zu bummeln, ganz ohne sich Gedanken über zurückgelegte Entfernungen oder Stadtgrenzen
    zu machen, und dabei auch Geld für das eine oder andere Erinnerungsstück an diesen für alle
    sehr eindrücklichen Tag auszugeben. Einige genossen auch einfach nur den Blick auf den See
    und die an diesem Tag besonders klar zu sehenden schneebedeckten Berge auf Schweizer
    Seite, bevor die Gruppe am späten Nachmittag die Rückreise nach Rottweil antrat.

    Was aber hat es nun mit der schief hängenden Mesusa auf sich? Gläubige Juden berühren sie
    beim Durchgang durch den entsprechenden Türrahmen und sind dadurch in ihrem Alltag
    jeweils kurz an G’tt erinnert. Wie Rabbiner Radbil den Gästen vom AMG erklärte, überliefert
    der Talmud eine Diskussion unter jüdischen Gelehrten, ob die Mesusa senkrecht (so die
    Meinung eines Lehrers) oder waagrecht (so die Meinung eines anderen) anzubringen sei. Und
    obwohl man im Judentum selten Kompromisse eingehe, sondern sich in der Regel konsequent für eine Meinung entscheide, einigte man sich bei der Mesusa auf die geneigte Stellung als Kompromisslösung. So wird ein Jude jedes Mal beim Betreten seines Zuhauses, noch bevor er auf die Menschen trifft, mit denen er zusammenlebt, daran erinnert, dass die Bereitschaft zu Kompromissen eine Grundlage für gelingendes menschliches Miteinander ist – eine schöne Lektion, die auch die nichtjüdischen Besucher gerne zurück in ihr jeweiliges Zuhause mitnahmen.

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    Albertus-Magnus-Gymnasiums schon morgens um 7.30 Uhr am Bahnsteig, um sich auf den
    Weg nach Konstanz in die dortige Synagoge zu machen: Gemeinsam mit ihrer Lehrerin
    besuchten die Hebräischkurse des AMG einen Gottesdienst zum Schabbat, dem
    wöchentlichen jüdischen Feiertag.

    Rottweil. Die Synagogengemeinde Konstanz ist eine Einheitsgemeinde, deren Mitglieder aus dem gesamten Bodenseekreis kommen. Von ihrer religiösen Praxis her folgt sie dem orthodoxen Ritus. Die Jugendlichen aus Rottweil jedenfalls konnten an diesem Vormittag viele Einblicke in eine den meisten von ihnen bis dahin weitgehend fremde Kultur und Religion sammeln: Von den – leider notwendigen – Sicherheitsvorkehrungen inklusive einer  Polizeistreife vor dem Eingang zur Synagoge während des Gottesdienstes, über den gut zweistündigen Gottesdienst, der erst beginnen kann, wenn zehn religionsmündige jüdische Männer anwesend sind und der nahezu vollständig auf Hebräisch abgehalten wird, die Geschwindigkeit, mit der hebräische Texte gelesen und hebräische Gebete gesprochen werden können und die überaus große Ehrfurcht, die der Tora, dem Wort Gottes, schon rein äußerlich entgegengebracht wird, bis hin zum rituellen Händewaschen vor dem Essen gab es viel Neues zu beobachten und zu lernen.

    Fasziniert fanden die Hebräischbegeisterten auch vieles des im Unterricht schon Gelernten in
    der religiösen Praxis ihrer Gastgeber wieder. Der Abschnitt aus der hebräischen Bibel, der an
    diesem Schabbat in allen Synagogen weltweit gelesen wurde, handelte, soviel konnten sie
    verstehen, vom Heiligtum G’ttes in der Wüste und begann mit einer Unterstreichung der
    Wichtigkeit des Schabbatgebotes.

    Im Anschluss an den Gottesdienst ließen sich die Schülerinnen und Schüler die vermutlich
    erste wirklich koschere Mahlzeit ihres Lebens schmecken. Sie waren zum Kiddusch
    eingeladen, einer gemeinsamen Mahlzeit mit Gemeindemitgliedern nach dem Vormittagsgottesdienst. Aufgetragen wurden verschiedene traditionelle Vorspeisen und als
    Hauptgang gab es Tscholent, ein Eintopfgericht aus der aschkenasisch-jüdischen Küche, das –
    da am Schabbat kein Feuer entzündet werden darf – am Freitag vor Beginn des Schabbat zum Kochen gebracht und anschließend bei geringer Hitze bis zum Samstagmittag fertig gegart wird. Schon Heinrich Heine kannte dieses Gericht und erwähnt es mehrmals in seinen
    Gedichten.

    Während des Essens stellten sich die Gemeindemitglieder geduldig den vielen Fragen ihrer
    Gäste, etwa danach, ob sie auch zu Hause die jüdischen Speisegebote (Kaschrut) einhielten, ob die Kinder des Rabbiners (die eine jüdische Schule in Zürich besuchen) tatsächlich sonntags
    zur Schule gehen müssen (die älteren ja), welche Bestimmungen das Gebot der
    Schabbatheiligung im Einzelnen umfasst (sehr viele, etwa darf ein gläubiger Jude sich am
    Schabbat nicht zu weit aus der Stadt entfernen, in der er lebt; er darf keine Gegenstände mit
    sich herumtragen und auch nicht mit Geld hantieren), oder was sich in der Mesusa befindet,
    jener häufig ornamental verzierten Schriftkapsel, die am Türrahmen eines jeden jüdischen
    Haushaltes und auch der Synagoge befestigt ist (das jüdische Glaubensbekenntnis in
    hebräischer Sprache).

    Da aber keiner der angehenden Jung-Hebraisten vom AMG selbst jüdischen Glaubens ist, war
    es ihnen auch nicht verboten, am Samstag Nachmittag dann noch ein wenig durch Konstanz
    zu bummeln, ganz ohne sich Gedanken über zurückgelegte Entfernungen oder Stadtgrenzen
    zu machen, und dabei auch Geld für das eine oder andere Erinnerungsstück an diesen für alle
    sehr eindrücklichen Tag auszugeben. Einige genossen auch einfach nur den Blick auf den See
    und die an diesem Tag besonders klar zu sehenden schneebedeckten Berge auf Schweizer
    Seite, bevor die Gruppe am späten Nachmittag die Rückreise nach Rottweil antrat.

    Was aber hat es nun mit der schief hängenden Mesusa auf sich? Gläubige Juden berühren sie
    beim Durchgang durch den entsprechenden Türrahmen und sind dadurch in ihrem Alltag
    jeweils kurz an G’tt erinnert. Wie Rabbiner Radbil den Gästen vom AMG erklärte, überliefert
    der Talmud eine Diskussion unter jüdischen Gelehrten, ob die Mesusa senkrecht (so die
    Meinung eines Lehrers) oder waagrecht (so die Meinung eines anderen) anzubringen sei. Und
    obwohl man im Judentum selten Kompromisse eingehe, sondern sich in der Regel konsequent für eine Meinung entscheide, einigte man sich bei der Mesusa auf die geneigte Stellung als Kompromisslösung. So wird ein Jude jedes Mal beim Betreten seines Zuhauses, noch bevor er auf die Menschen trifft, mit denen er zusammenlebt, daran erinnert, dass die Bereitschaft zu Kompromissen eine Grundlage für gelingendes menschliches Miteinander ist – eine schöne Lektion, die auch die nichtjüdischen Besucher gerne zurück in ihr jeweiliges Zuhause mitnahmen.

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