Die Landesgartenschau macht’s möglich: Nach Jahrhunderten könnte es wieder Wein aus Rottweil geben. Der Bauausschuss des Gemeinderats jedenfalls gab grünes Licht für die Anlage von zwei Weinbergen, die von der Stadt und der Landesgartenschau-gGmbH angelegt und von dem zu gründenden Verein „Civitis Bürgerweinberge“ sowie vielen Freiwilligen gepflegt und unterhalten werden soll.
Rottweil – Auch wenn Dr. Jürgen Mehl (SPD+FFR) an den alten Spruch erinnerte, „in Rottweil wächst a Wii, er könnt it suurer si“: Die drei Fachleute, die hinter dem Projekt stehen, sind zuversichtlich, ein gutes oder wenigstens ordentliches Tröpfchen hinzubekommen. Leichte Weißweine, so sagte Weinbautechniker Thomas Lippert, vielleicht auch samtene Rotweine können hier durchaus gedeihen – zumal es mit dem Klimawandel auch wärmer werde. Sorten wie Cabernet Sauvignon würden hier allerdings eher nicht gedeihen, fand er. Wobei der ebenfalls beteiligte Önologe und Weinhändler Michael Grimm anmerkte, dass Weinbaubetriebe aus Burgund und der Champagne inzwischen auch nach Südengland auswichen, wegen des Klimawandels.
Zwei Flächen sollen als Weinberge hergestellt werden: Ein Südlage am Höllenstein mit 1200 Quadratmetern und eine Lage am „Schwarzen Felsen“, oberhalb des Neckars, mit 2000 Quadratmetern Anbaufläche. In diesen „Mitmach-Weinbergen“ können insgesamt „600, maximal 1000 Weinstücke“ (Lippert) angepflanzt werden. Lippert schätzt, dass 500 Liter Wein so gewonnen werden können.
Wobei: Das geht nicht so schnell, daran erinnerten Lippert und Michael Grimm. Denn so ein Weinstock trage nicht sofort nach der Einpflanzung auch gleich Reben. Während allerdings Ira Hugger (Grüne) von bis zu neun Jahren sprach, meinte Fachmann Lippert: „Im dritten Jahr sollten wir eine normale Ernte haben“.
Dennoch ging er mit Huggers Feststellung, „die Zeit drängt“, einig: Damit dieses dritte Jahr auch das Gartenschau-Jahr 2028 ist, müsse nun gehandelt werden. Das heißt: Die Rebstöcke müssen noch in diesem Jahr bestellt werden. Der Zeitplan hat für das laufende Jahr noch mehr Punkte – schließlich ist hier noch ein Wald, und da kann man nicht einfach nur so roden und Wein anpflanzen. Auch hier ist Bürokratie, Behörden haben ein Mitspracherecht: „Einholung einer Umwandlungsgenehmigung bei der Forstbehörde, Einholung der Erlaubnis der Unteren Naturschutzbehörde für das Landschaftsschutzgebiet“, heißt es in der Vorlage, dazu die praktische Seite: „Bodenuntersuchungen durch Bohrkernsondierungen zur Ermittlung der durchwurzelbaren Bodentiefe. Ermittlung der Bodeneignung“. Und schließlich: „Auswertung der Ergebnisse durch das staatliche Weinbauinstitut.“ Bevor dann die Arbeiten beginnen.
Die Pflege des Weinbergs, sehr arbeitsintensiv, solle mit vielen Freiwilligen gemacht werden.
Lob für das Projekt gab es von allen Seiten im Ausschuss, auch wenn beim einen oder anderen Redebeitrag ein kleines oder größeres „Aber“ durchschien. Doch am Ende gab es eine einmütige Zustimmung. Und hier muss nicht noch das Rats-Plenum zustimmen, denn dieser Punkt liegt in der eigenen Zuständigkeit des Ausschusses.
Er hoffe, dass er den Rottweiler Wein noch probieren könne, solange er noch im Gemeinderat ist, sagte Reiner Hils (SPD+FFR). Das wäre nach der Rechnung von Lippert durchaus möglich. Eines allerdings ist sicher: Bei der LGS wird noch kein Wein aus den beiden Rotweiler Weinbergen ausgeschenkt werden. Doch dafür kam der Gedanke auf, man könne ja Wein der Sorten einkaufen, die in Rottweil angebaut werden, und den an die Besucher der LGS ausschenken. Natürlich ohne Etikettenschwindel.
Hinfort ist all mahnend Wort von der schwäbischen Hausfrau und der Schulden bremsenden Bremsen, wenn die gutbürgerliche Provinz im Rahmen eines Jahrhundertprojekts wie einer LGS mit Fördergeld förmlich „zugeschissen“ wird, dann treibt dieser düngend Mammon vom Geld anderer Leute, im Ergebnis oft manch bizarre Gewächse aus. So wie hier eben diese – Weinbaukultur an den dafür über die Grenzen des Landes hinaus berühmten Sonnenhügeln des oberen Neckars. Schon wähnt der Kenner in der arbeitsreichen Ferne, einen stattlichen Weinberg im Garten des Herrn zu erkennen, von fleiß’gen Händen unübersehbarer Zahl, zu dessen Wohlgefallen gehegt und gepflegt. Bereits zu Zeiten der römischen Kaiser, der pure Luxus an diesen wettergegerbten Gestaden. Für solch Mühen, wird dereinst gewiss eine reiche Ernte Lohn und Labsal für die Engagierten sein. Aber Luxus kostet Geld, denn Fördergelder des Landes oder gar Kreisen, decken nie die ganzen Erwartungen der zu Fördernden ab und so muss gespart werden. Dies macht man dann später am besten dort, wo aufgrund sowieso vorhandener bürgerlicher Abscheu vor allem und jedem, was nicht so „rächt“ isch wie man selbst, bei Tafeln, Wärmestuben und Taubenhäusern, also allem komischem Volk, dass nicht recht in die heimelige Welt der eigenen Erhabenheit passt. Aber genug des Klagens, es wird sowieso gemacht und die bestenfalls 500 Liter, werden gerade dafür reichen, Geschenkle für besondere zu Honorierende zu werden, oder im Ausschank für hochwohllöbliche Gäste zu landen und die müssen ja nicht wissen, dass sie dem Prinzip nach ja eigentlich das provinzielle Pendant der Kongolesischen Kobaltmine degustieren.