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    Von Muffen und Brezeln – fünf junge Geflüchtete mit Vollgas auf der Überholspur

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    „Was um alles in der Welt sind denn Muffen?“ fragt Janina Kehrer Alidou, als sie sein Berichtsheft durchsieht. „Ja das ist für die Rohre, das kommt da außen drum“, erklärt er ihr daraufhin und zeigt ihr anschließend Bilder von Muffen auf dem Handy, die sich als Bauelemente zur Verbindung von Rohren herausstellen. Sie staunt. Wie so oft in ihrem Job in der Wohngruppe „Rückenwind“ der Stiftung Lernen-Fördern-Arbeiten in Rottweil.

    Rottweil – Der 18-jährige Alidou von der Elfenbeinküste, der vor gut anderthalb Jahren als Analphabet in Deutschland ankam, schreibt inzwischen jeden Abend nach der Arbeit fein säuberlich und akribisch genau in sein Berichtsheft, was er den Tag über auf der Baustelle gemacht und von seinen Kollegen und Ausbildern gelernt hat. Im September hat seine Ausbildung zum Anlagenmechaniker mit Einsatzgebiet Rohrsystemtechnik begonnen. Und das nach nur einem einzigen Jahr Deutschunterricht in einer Vorbereitungsklasse. Die Schäfer Rohrnetz und Anlagenbau GmbH in Balingen hat Alidou die Ausbildungsstelle angeboten, nachdem man während der Absolvierung eines Praktikums sehr zufrieden mit ihm war. Von 0 auf 100 – ein absoluter Schnellstart ins Berufsleben.

    Neben Alidou haben das noch vier weitere Bewohner der Wohngruppe geschafft. Die Wohngruppe „Rückenwind“ öffnete im September 2023 und wurde von insgesamt neun minderjährigen Geflüchteten bezogen, die im Verlauf des Frühjahrs und Sommers 2023 ohne Familien und ganz alleine nach Deutschland eingereist und dem Landkreis Rottweil zugewiesen worden waren. Die Jugendlichen der Wohngruppe, die aktuell aus Afghanistan, Syrien, Somalia, Guinea, Gambia und Elfenbeinküste stammen, waren bei ihrer Einreise zwischen 14 und 17 Jahre alt und haben in ihren Heimatländern oft nur wenige Jahre die Schule besucht – oder auch gar nicht.

    So ging es auch Alidou, der in seiner Heimat leider keine Schule besuchen konnte und daher auch nie die Möglichkeit hatte, richtig lesen und schreiben zu lernen. Dennoch hat er nach nur einem Jahr, in dem er sich jeden Tag nach dem Unterricht noch bis in den Abend an seinen Schreibtisch setzte, um Deutsch zu lernen, den Einstieg in eine Berufsausbildung geschafft. Eine beeindruckende Leistung.

    Ähnlich geht es auch anderen Bewohnern der Wohngruppe „Rückenwind“. Der inzwischen 18-jährige Rofiullah aus Afghanistan, der in seinem Heimatland mit neun Geschwistern aufgewachsen ist, hat auch nie eine Schule besuchen können und schon relativ früh zu arbeiten begonnen, um Geld für die Familie zu verdienen. Nach einem Jahr in der Deutsch-Vorbereitungsklasse und der Absolvierung mehrerer Praktika hat er nun ebenfalls eine Ausbildung zum Anlagenmechaniker begonnen – mit dem Schwerpunkt Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik. Schon nach den ersten Praktikumstagen war sein Ausbildungsbetrieb, die Heim Klima GmbH in Rottweil, begeistert von Rofiullahs guten Deutschkenntnissen, seinem Wissensdurst und seinem technischen Interesse

    Technisches Interesse der anderen Art zeigt der 17-jährige Amadou aus Guinea. Für ihn war von Anfang an klar gewesen: er möchte LKW-Fahrer werden! Dieser Berufswunsch war ihn ihm so tief verankert, dass er auch gar keine Praktika in anderen Bereichen absolvieren wollte. Es musste und sollte der LKW sein. Punkt. Und da sein Willen genauso ausgeprägt wie seine Lerngeschwindigkeit war, erarbeitete und erfüllte er sich schließlich auch diesen Traum. Erst schloss er die Deutsch-Vorbereitungsklasse nach einem Jahr als Klassenbester ab, dann angelte er sich seinen Ausbildungsvertrag zum Berufskraftfahrer mit dem Schwerpunkt Güterverkehr bei der Bucher Stahlhandel GmbH in Rottweil. Amadou ist mit Vollgas auf der Überholspur.

    In den kulinarischen Bereich verschlagen hat es den 17-jährigen Mohammad aus Afghanistan und den 18-jährigen Mahamed-Abaadir aus Somalia. Mohammad durfte eine Ausbildung zum Koch beim beliebten Restaurant „Villa“ in Rottweil beginnen und liebt es nun, seinen Mitbewohnern und seinen Betreuerinnen und Betreuern auf der Wohngruppe ständig zu erklären, mit welcher Technik man Tomaten richtig schneidet und in welchen Schritten Linsen mit Spätzle ordnungsgemäß zubereitet werden. Auf die Frage, was er denn am liebsten koche, hat Mohammad eine ganz klare Antwort: „Zwiebelrostbraten und Kalbsbäckchen. Das sind meine Lieblingsgerichte bei der Arbeit! Oh, das ist so lecker!“

    Mahamed-Abaadir aus Somalia hingegen hat sich für eine Ausbildung zum Bäcker entschieden. Vor etwa anderthalb Jahren wäre das für ihn allerdings noch absolut undenkbar gewesen. Als er als minderjähriger Geflüchteter im Frühjahr 2023 in Rottweil ankam, ging er nämlich gestützt auf eine Krücke. Durch schwere Misshandlungen auf der Flucht waren seine Hüfte und Beine so schwer verletzt, dass er sich überhaupt nur mit großer Anstrengung und gebückt an einer Krücke fortbewegen konnte. Nach einer komplizierten Hüft-Operation und einer langwierigen Behandlung kämpfte Mahamed-Abaadir sich nach und nach wortwörtlich zurück auf seine Beine. Nachdem es ihm bei seiner Ankunft in Rottweil nicht möglich war, überhaupt aufrecht zu stehen, steht er nun gut gelaunt stundenlang in der Backstube der Rottweiler Traditionsbäckerei Mink und zwirbelt Brezelteig. Bis zu 600 Brezeln produziert er gemeinsam mit seinen Kolleginnen und Kollegen jeden Tag. Dazu steht er auch gerne täglich um zwei Uhr morgens auf, bevor er los läuft in die Backstube. Dass ihm das jemals möglich sein würde – zu Fuß zu einer Ausbildung zu gehen – das hätte er sich bei seiner Ankunft hier in Rottweil nicht träumen lassen.

    Fünf Geschichten, fünf Kämpferherzen, fünf erfolgversprechende Starts ins Berufsleben. Alidou, Rofiullah, Amadou, Mohammad und Mahamed-Abaadir zeigen, was alles möglich sein kann – wenn es zunächst auch noch so unmöglich erscheinen mag. In kürzester Zeit haben sie sich mit großem Willen und großem Engagement so gute Deutschkenntnisse angeeignet, dass sie einige der namhaftesten und traditionsreichsten Handwerksbetriebe in der Umgebung für sich gewinnen konnten. Und dass das Handwerk dringend Nachwuchskräfte braucht, das ist schon lange klar. Hier kommen nun also fünf besonders engagierte Nachwuchstalente.

    Welche Träume sie sich noch erfüllen wollen, da sind sich alle ziemlich einig: „Wir wollen in Frieden leben, noch weiter lernen und dann einfach ein ganz normales Leben hier haben.“ „Und natürlich noch den Führerschein machen!“ wirft Amadou ein und lacht. Nicht nur er, sondern auch Rofiullah haben sich dafür bereits angemeldet und büffeln nun abends mit ihrer Führerschein-App die Verkehrsregeln. „Es gibt sehr viele Verkehrsregeln in Deutschland, aber kein Problem, das lerne ich schnell!“ gibt Rofiullah sich zuversichtlich. Verkehrsregeln gibt es in Deutschland wahrscheinlich fast genauso viele wie Grammatikregeln. Aber dass die fünf Jungs den nötigen Biss besitzen, um auch das noch zu meistern, haben sie ja inzwischen bewiesen.

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    Mahamed-Abaadir aus Somalia hingegen hat sich für eine Ausbildung zum Bäcker entschieden. Vor etwa anderthalb Jahren wäre das für ihn allerdings noch absolut undenkbar gewesen. Als er als minderjähriger Geflüchteter im Frühjahr 2023 in Rottweil ankam, ging er nämlich gestützt auf eine Krücke. Durch schwere Misshandlungen auf der Flucht waren seine Hüfte und Beine so schwer verletzt, dass er sich überhaupt nur mit großer Anstrengung und gebückt an einer Krücke fortbewegen konnte. Nach einer komplizierten Hüft-Operation und einer langwierigen Behandlung kämpfte Mahamed-Abaadir sich nach und nach wortwörtlich zurück auf seine Beine. Nachdem es ihm bei seiner Ankunft in Rottweil nicht möglich war, überhaupt aufrecht zu stehen, steht er nun gut gelaunt stundenlang in der Backstube der Rottweiler Traditionsbäckerei Mink und zwirbelt Brezelteig. Bis zu 600 Brezeln produziert er gemeinsam mit seinen Kolleginnen und Kollegen jeden Tag. Dazu steht er auch gerne täglich um zwei Uhr morgens auf, bevor er los läuft in die Backstube. Dass ihm das jemals möglich sein würde – zu Fuß zu einer Ausbildung zu gehen – das hätte er sich bei seiner Ankunft hier in Rottweil nicht träumen lassen.

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    Welche Träume sie sich noch erfüllen wollen, da sind sich alle ziemlich einig: „Wir wollen in Frieden leben, noch weiter lernen und dann einfach ein ganz normales Leben hier haben.“ „Und natürlich noch den Führerschein machen!“ wirft Amadou ein und lacht. Nicht nur er, sondern auch Rofiullah haben sich dafür bereits angemeldet und büffeln nun abends mit ihrer Führerschein-App die Verkehrsregeln. „Es gibt sehr viele Verkehrsregeln in Deutschland, aber kein Problem, das lerne ich schnell!“ gibt Rofiullah sich zuversichtlich. Verkehrsregeln gibt es in Deutschland wahrscheinlich fast genauso viele wie Grammatikregeln. Aber dass die fünf Jungs den nötigen Biss besitzen, um auch das noch zu meistern, haben sie ja inzwischen bewiesen.

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