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    Viereinhalb Haft für depressiven Erpresser

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    Der knapp 33-jährige Mann aus einer Umlandgemeinde, der drei Erpresserbriefe und zig -mails an Unternehmer, Oberbürgermeister, Fußballvereine und den Europpark geschickt hat, muss für viereinhalb Jahre in Haft. So lautet das Urteil der Strafkammer am Landgericht Rottweil. Der Richter empfahl dem Verurteilten, die Haftzeit zu nutzen und sich behandeln zu lassen – der Mann leidet seit Jahren an einer Depression.

    Die Strafkammer nahm sich Zeit für Ihr Urteil. Man habe viel zu besprechen, so der Vorsitzende Richter Karlheinz Münzer, nachdem Staatsanwaltschaft und Verteidigung ihre Plädoyers gehalten hatten, man brauche vorneweg eineinhalb Stunden Beratungszeit.

    Die Plädoyers hätten auch unterschiedlicher kaum sein können. Die Taten standen zwar fest – der Mann hatte reihenweise erpresserische E-Mails von seinem heimischen PC versandt, darunter allein an mehr als 30 Kliniken an Deutschland, an Oberbürgermeister wie den Rottweiler Ralf Broß, an Fußballvereine und Fluggesellschaften ebenso wie an Unternehmen und Flughäfen. Und an den Europapark. Immer hatte er Millionen in Bitcoin gefordert, mal 2,5, mal deutlich mehr. Drei Briefe hatte er verschickt an drei Unternehmer aus der Region, einem drohte er an, er werden seine Familienmitglieder töten. Doch während die Staatsanwältin dies einem eiskalt berechnenden Verbrecher zuschrieb – der dennoch eingeschränkt schuldfähig gewesen sei -, sah der Pflichtverteidiger einen kranken Mann.

    Die Staatsanwaltschaft: Ein Verlierer, der endlich an Geld kommen will

    „Der Angeklagte hat in seinem Leben wenig erreicht, weder schulisch oder beruflich noch privat.“ Mit gesenktem Kopf, die Haare verdeckten sein Gesicht, hörte sich der 33-Jährige das an. Weiter erklärte Staatsanwältin Isabel Gurski-Zepf , der Mann habe keines seiner Ziele erreichen können – und deshalb einmal ohne Anstrengung an Geld kommen wollen. Nach einer umfangreichen Planungsphase habe er seine Erpressungsversuche gestartet. Zunächst mit handschriftlich verfassten Briefen an Unternehmer, in denen er diesen drohte, öffentlich machen zu wollen, sie hätten sich an einem achtjährigen Mädchen begangen. Und in denen er ihnen zudem drohte, ihrer jeweiligen Familie etwas anzutun. Dahinter habe erhebliche kriminelle Energie gesteckt – denn er habe außerordentlich viele Menschen und Organisationen bedroht, habe exorbitant hohe Forderungen gestellt, habe vorab etwa zu den 500 reichsten deutschen recherchiert und habe sich technisch einigermaßen kundig gemacht, wie man etwa eine Bitcoin-Adresse einrichtet und wie man online seine Spuren verwischt.

    Und das alles eben aus Geldgier. Seine Krankheit, seine Depression: „nur eine Ausflucht“, so die Staatsanwältin.

    Die Folge: sechs Jahre Haft, so die Forderung von Gurski-Zepf.

    Die Verteidigung: ein kranker Mann, kaum steuerungsfähig

    Ganz anders sieht das die Verteidigung. „Wir können nicht von einem eiskalt planenden Täter ausgehen, er war vielmehr schwer in seine Steuerungsfähigkeit eingeschränkt, so Pflichtverteidiger Rüdiger Mack in seinem ebenso engagiert vorgetragenen Plädoyer. Sein Mandant habe nie wirklich damit gerechnet, dass auch nur einer der Adressaten seiner Erpresserschreiben die geforderte Summe bezahlen würde. Und wenn – „was hätte er dann getan?“ Er habe damals, als er die Erpresserbriefe und -mails schrieb, in einem vermüllten Zimmer, in einem menschenunwürdigen Zustand gelebt. Habe schon kaum mehr gegessen und getrunken, um sein Zimmer nicht verlassen zu müssen, um den übrigen Hausbewohnern, seinen Verwandten nicht begegnen zu müssen. Er hatte auch kein Chlorgas zur Verfügung, mit dem er laut seiner Schreiben angeblich Stadien fluten wollte. Und ebenso gar keine HIV-Viren, die er in Kliniken einschleusen zu wollen vorgegeben hatte. Tatsächlich handele es sich um einen Copy-and-paste-Erpresser – der die Drohungen im Internet gefunden hatte -, der in seiner verzweifelten Situation, bedingt durch seine Depression versucht habe, auf sich aufmerksam zu machen, einen Hilferuf abgesetzt habe.

    So sei kein materieller Schaden entstanden. Außerdem sei der Mann seit seiner Verhaftung geständig gewesen, habe nicht einmal versucht, Spuren zu verwischen, habe etwa noch Erpresserschreiben offen im Drucker liegen gehabt. Und seine DNA an den verschickten Briefen hinterlassen, indem er sie ableckte vor dem Zukleben. Seine DNA hatte die Polizei aus früheren Fällen, der Mann ist vorbestraft etwa wegen Verbreitens kinderpornografischer Schriften – einer Videodatei, die er per Filesharing angeboten hatte – und wegen 14-fachen Internetbetrugs. Deshalb fand die Polizei so schnell zu ihm. Ein Profi mit ernsthaften Absichten gehe anders vor, so der Verteidiger.

    Macks Pädoyer: eine Freiheistsstrafe im untersten möglichen Bereich. Also zwei Jahre. Zehn Monate davon hätte der 33-Jährige bereits in seiner U-Haft verbüßt.

    Die Kammer: „Nutzen Sie die Zeit in der Haft“

    Auf viereinhalb Jahre Haft lautet das Urteil, das der knapp 33-Jährige mit tief gesenktem Kopf vernahm. Versuchte räuberische Erpressung, mal in Tateinheit mit Nötigung, mal mit Störung des öffentlichen Friedens, das führte im Wesentlichen zur Strafzumessung. Die Kammer bewertete fast jede der Mails einzeln, welche, die im Minutentakt gesendet worden sind, auch als eine zusammenhängende Tathandlung. Die Kammer bewertete zudem die drei handschriftlichen Briefe als besonders schwerwiegend, weil der Erpresser hier auch die Familien der Opfer mit dem Tode bedroht hatte. Er habe damit Angst und Unsicherheit bei seinen Opfern ausgelöst.

    „Nutzen Sie die Zeit in Haft“, schrieb Richter Münzer dem Erpresser ins Stammbuch. Er solle sich behandeln lassen und einen realistischen Lebens- und Berufsweg einschlagen.

    Der Erpresser: „Es tut mir von Herzen leid“

    Nachdem die Staatsanwältin ihm erklärt hatte, dass sie ein Wort an seine Opfer vermisst habe, nutzte der Erpresser die Gelegenheit noch vor der Urteilsverkündung. Sein letztes Wort, er brachte es nur unter größten Mühen hervor: „Ich möchte sagen, dass es mir von Herzen leid tut. Ich möchte mich aufrichtig entschuldigen.“

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    Peter Arnegger (gg)
    Peter Arnegger (gg)
    … ist seit gut 25 Jahren Journalist. Seine Anfänge hatte er bei der Redaktion der “Schwäbischen Zeitung” in Rottweil, beim Schwäbischen Verlag in Leutkirch volontierte er. Nach einem Engagement bei der zu diesem Verlag gehörenden Aalener Volkszeitung wechselte Arnegger zur PC Welt nach München, einem auf Computer-Hard- und -Software spezialisierten Magazin. Es folgten Tätigkeiten in PR und Webentwicklung.2004, wieder in seiner Heimat angekommen, half Arnegger mit, die NRWZ aus der Taufe zu heben. Zunächst war er deren Chefredakteur, und ist zwischenzeitlich Geschäftsführer der NRWZ Verwaltungs GmbH – und als solcher der verantwortliche Journalist der NRWZ.Peter Arnegger ist 1968 in Oberndorf / Neckar geboren worden.

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    Die Strafkammer nahm sich Zeit für Ihr Urteil. Man habe viel zu besprechen, so der Vorsitzende Richter Karlheinz Münzer, nachdem Staatsanwaltschaft und Verteidigung ihre Plädoyers gehalten hatten, man brauche vorneweg eineinhalb Stunden Beratungszeit.

    Die Plädoyers hätten auch unterschiedlicher kaum sein können. Die Taten standen zwar fest – der Mann hatte reihenweise erpresserische E-Mails von seinem heimischen PC versandt, darunter allein an mehr als 30 Kliniken an Deutschland, an Oberbürgermeister wie den Rottweiler Ralf Broß, an Fußballvereine und Fluggesellschaften ebenso wie an Unternehmen und Flughäfen. Und an den Europapark. Immer hatte er Millionen in Bitcoin gefordert, mal 2,5, mal deutlich mehr. Drei Briefe hatte er verschickt an drei Unternehmer aus der Region, einem drohte er an, er werden seine Familienmitglieder töten. Doch während die Staatsanwältin dies einem eiskalt berechnenden Verbrecher zuschrieb – der dennoch eingeschränkt schuldfähig gewesen sei -, sah der Pflichtverteidiger einen kranken Mann.

    Die Staatsanwaltschaft: Ein Verlierer, der endlich an Geld kommen will

    „Der Angeklagte hat in seinem Leben wenig erreicht, weder schulisch oder beruflich noch privat.“ Mit gesenktem Kopf, die Haare verdeckten sein Gesicht, hörte sich der 33-Jährige das an. Weiter erklärte Staatsanwältin Isabel Gurski-Zepf , der Mann habe keines seiner Ziele erreichen können – und deshalb einmal ohne Anstrengung an Geld kommen wollen. Nach einer umfangreichen Planungsphase habe er seine Erpressungsversuche gestartet. Zunächst mit handschriftlich verfassten Briefen an Unternehmer, in denen er diesen drohte, öffentlich machen zu wollen, sie hätten sich an einem achtjährigen Mädchen begangen. Und in denen er ihnen zudem drohte, ihrer jeweiligen Familie etwas anzutun. Dahinter habe erhebliche kriminelle Energie gesteckt – denn er habe außerordentlich viele Menschen und Organisationen bedroht, habe exorbitant hohe Forderungen gestellt, habe vorab etwa zu den 500 reichsten deutschen recherchiert und habe sich technisch einigermaßen kundig gemacht, wie man etwa eine Bitcoin-Adresse einrichtet und wie man online seine Spuren verwischt.

    Und das alles eben aus Geldgier. Seine Krankheit, seine Depression: „nur eine Ausflucht“, so die Staatsanwältin.

    Die Folge: sechs Jahre Haft, so die Forderung von Gurski-Zepf.

    Die Verteidigung: ein kranker Mann, kaum steuerungsfähig

    Ganz anders sieht das die Verteidigung. „Wir können nicht von einem eiskalt planenden Täter ausgehen, er war vielmehr schwer in seine Steuerungsfähigkeit eingeschränkt, so Pflichtverteidiger Rüdiger Mack in seinem ebenso engagiert vorgetragenen Plädoyer. Sein Mandant habe nie wirklich damit gerechnet, dass auch nur einer der Adressaten seiner Erpresserschreiben die geforderte Summe bezahlen würde. Und wenn – „was hätte er dann getan?“ Er habe damals, als er die Erpresserbriefe und -mails schrieb, in einem vermüllten Zimmer, in einem menschenunwürdigen Zustand gelebt. Habe schon kaum mehr gegessen und getrunken, um sein Zimmer nicht verlassen zu müssen, um den übrigen Hausbewohnern, seinen Verwandten nicht begegnen zu müssen. Er hatte auch kein Chlorgas zur Verfügung, mit dem er laut seiner Schreiben angeblich Stadien fluten wollte. Und ebenso gar keine HIV-Viren, die er in Kliniken einschleusen zu wollen vorgegeben hatte. Tatsächlich handele es sich um einen Copy-and-paste-Erpresser – der die Drohungen im Internet gefunden hatte -, der in seiner verzweifelten Situation, bedingt durch seine Depression versucht habe, auf sich aufmerksam zu machen, einen Hilferuf abgesetzt habe.

    So sei kein materieller Schaden entstanden. Außerdem sei der Mann seit seiner Verhaftung geständig gewesen, habe nicht einmal versucht, Spuren zu verwischen, habe etwa noch Erpresserschreiben offen im Drucker liegen gehabt. Und seine DNA an den verschickten Briefen hinterlassen, indem er sie ableckte vor dem Zukleben. Seine DNA hatte die Polizei aus früheren Fällen, der Mann ist vorbestraft etwa wegen Verbreitens kinderpornografischer Schriften – einer Videodatei, die er per Filesharing angeboten hatte – und wegen 14-fachen Internetbetrugs. Deshalb fand die Polizei so schnell zu ihm. Ein Profi mit ernsthaften Absichten gehe anders vor, so der Verteidiger.

    Macks Pädoyer: eine Freiheistsstrafe im untersten möglichen Bereich. Also zwei Jahre. Zehn Monate davon hätte der 33-Jährige bereits in seiner U-Haft verbüßt.

    Die Kammer: „Nutzen Sie die Zeit in der Haft“

    Auf viereinhalb Jahre Haft lautet das Urteil, das der knapp 33-Jährige mit tief gesenktem Kopf vernahm. Versuchte räuberische Erpressung, mal in Tateinheit mit Nötigung, mal mit Störung des öffentlichen Friedens, das führte im Wesentlichen zur Strafzumessung. Die Kammer bewertete fast jede der Mails einzeln, welche, die im Minutentakt gesendet worden sind, auch als eine zusammenhängende Tathandlung. Die Kammer bewertete zudem die drei handschriftlichen Briefe als besonders schwerwiegend, weil der Erpresser hier auch die Familien der Opfer mit dem Tode bedroht hatte. Er habe damit Angst und Unsicherheit bei seinen Opfern ausgelöst.

    „Nutzen Sie die Zeit in Haft“, schrieb Richter Münzer dem Erpresser ins Stammbuch. Er solle sich behandeln lassen und einen realistischen Lebens- und Berufsweg einschlagen.

    Der Erpresser: „Es tut mir von Herzen leid“

    Nachdem die Staatsanwältin ihm erklärt hatte, dass sie ein Wort an seine Opfer vermisst habe, nutzte der Erpresser die Gelegenheit noch vor der Urteilsverkündung. Sein letztes Wort, er brachte es nur unter größten Mühen hervor: „Ich möchte sagen, dass es mir von Herzen leid tut. Ich möchte mich aufrichtig entschuldigen.“

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