Kleine Ursache, umfangreiche Wirkung: Weil der Fahrer eines Traktorgespanns bei Rottweil-Göllsdorf am Montagabend nicht aufpasste, musste der Zugverkehr auf der Gäubahnstrecke zwischen Rottweil und Spaichingen rund eineinhalb Stunden lang eingestellt werden. Fahrgäste eines ICs strandeten bei vier Grad Außentemperatur am Rottweiler Bahnhof. Einer von ihnen schildert den Fall.
Rottweil – Es passierte am Montagabend: Ein Fahrer eines Traktorgespanns prallte mit seinem Anhänger gegen den Bahndurchlass zwischen Rottweil-Altstadt und -Göllsdorf. Der darf nur bis zu einer Gesamthöhe von 3,5 Metern durchfahren werden – „der Anhänger war wohl höher“, berichtete ein Sprecher des Polizeipräsidiums Konstanz lakonisch auf Nachfrage der NRWZ. Nach dem Aufprall seien kleine Betonteile herabgestürzt, notiert der Polizeibericht. Der dadurch entstandene Schaden an der Brücke: laut Polizei 500 Euro. Die Beamten vor Ort eröffneten ein Ordnungswidrigkeitenverfahren gegen den Treckerfahrer und informierten die Bahn.
Die Bahn entschied wiederum auf Streckensperrung. Zunächst müsse man in einem solchen Fall prüfen, ob die Verkehrssicherheit noch gewährleistet sei, begründete das ein Sprecher der Bahn gegenüber der NRWZ. Ein Spezialist prüfe das. In der Folge war die Gäubahnstrecke Stuttgart-Singen am Montagabend zwischen 18.13 und 19.45 Uhr ab Rottweil in Richtung Süden für den Bahnverkehr gesperrt.
Deshalb endete an diesem Abend der IC 381 Stuttgart-Zürich um 18.40 Uhr in Rottweil. Die Weiterfahrt hätte über die Brücke bei Göllsdorf geführt. So weit, so normal – aber offenbar schaffte es die Bahn in der Folge nicht, die vielen Fahrgäste zu versorgen, die eigentlich nach Tuttlingen, Singen oder Zürich unterwegs waren. Sie strandeten in Rottweil. Freilich ohne die für einen Strand nötige Sonne und das Meer.
Ein Fahrgast berichtet davon. Demnach seien die Fahrgäste zehn Minuten, nachdem der Zug am Rottweiler Bahnhof angehalten worden war, gebeten worden, ihn zu verlassen. „Es wurde erklärt, dass in 15 Minuten ein Ersatzbus bereitgestellt werden würde“, erinnert sich der Fahrgast. Und: „Die Zugbegleiter hatten in der Zwischenzeit den Zug verlassen, verschlossen und sind mit einem Taxi abgefahren.“
Zwischen 19 und 21.15 Uhr habe es dann am Bahnhof in Rottweil „keinerlei Kundeninformationen für die Nutzer von IC 381 und auch keine bereitgestellten Ersatzbusse“ gegeben, so der Fahrgast. Er und die anderen Leute aus dem Zug hätten deshalb knapp zweieinhalb Stunden lang bei Schneeregen und 4 Grad an der Bushaltestelle ausharren müssen. Der Zug allerdings, den sie alle hätten verlassen müssen, habe derweil noch leer eine Stunde lang am Bahnsteig gestanden, bis er nach Stuttgart zurückfuhr.
In der Zwischenzeit fuhren laut dem Fahrgast einige Regionalbusse der DB Südbadenbus am Busbahnhof vorbei, die im normalen Linienverkehr eingesetzt waren, die allerdings nicht für einen Ersatzverkehr vorgesehen waren.
Die Wartezeit in der Rottweiler Kälte, die machte den Fahrgast, der aus Vaihingen / Enz stammt, dann (verständlicherweise) sauer. Er wendet sich nicht nur an die örtliche Rottweiler Presse, sondern auch an die Bundes- und die Landespolitik sowie den Oberbürgermeister Rottweils – und natürlich an die Bahn selbst. Die deutsche ebenso wie die Schweizer. Von den Verantwortlichen erhofft er Antworten auf Fragen wie, wir zitieren, diese:
- Wieso müssen die Kunden bei solchen Temperaturen einen Zug verlassen, der dann eine Stunde noch abgestellt und leer dasteht?
- Wieso wird Kunden die Information vermittelt, dass ein Ersatzbus in 15 Minuten bereitgestellt wird, wenn dies gar nicht stimmt?
- Wie erfolgt und auf welche Weise erfolgt eine Kommunikation zwischen den Leitstellen der DB Fernverkehr AG und der DB Südbadenbus in solchen Fällen?
- Welche Busunternehmen sind vorgesehen, wenn Störungen am Bahnhof Rottweil auftreten?
- Wie sieht ein Ersatzkonzept im Falle einer Streckensperrung wie hier aus?
- Welche Entschädigung erhalten Kunden, die 2.5 Stunden dort bei 4 Grad an der Bushaltestelle gewartet haben, über die Ansprüche aus den Fahrgastrechten hinaus (also z.B 1.50 € bei D-Ticket)?
- Ist es vorgesehen, dass Kunden bei fehlenden Informationen sich auf eigene Kosten ein Taxi organisieren? Wenn ja, bis zu welchem Ort bzw. welcher Höchstgrenze wäre ein solche Taxiquittung erstattet worden?
- Welche Qualitätsansprüche hat die SBB, an einen Ersatzverkehr für einen Zug, der in Kooperation von DB und SBB betrieben wird?
Diese Fragen, gestellt noch an jenem Montagabend um 21.37 Uhr, sind bislang (Stand: Mittwoch, 13 Uhr) unbeantwortet. Ein Sprecher der Deutschen Bahn, dem die Fragen ebenfalls vorliegen, verwies darauf, in der Sache noch recherchieren zu müssen, noch keine Antworten geben zu können. Der Bahnsprecher versprach, die NRWZ in seine Antwort an den Fahrgast einzubeziehen.