Wissen Sie, liebe Leser, was Stockschilder sind? Vom Namen her vielleicht nicht – und da sind Sie in Rottweil in guter Gesellschaft – aber gleich macht’s Klick: Stockschilder sind kleine, bunte Blechschildchen, die auf den Wanderstock des geneigten Touristen genagelt werden können. Und wissen Sie was? Sowas gibt es in und von Rottweil nicht. Und das ist ein Mangel.
Tourismus und Einzelhandel in Rottweil: Es fehlt etwa an Stockschildern. Das weiß der Chef des Gewerbe- und Handelsvereins, Detlev Maier, seit kurzem. Eine Kundin hatte den Einzelhändler angesprochen, sich als Touristin und auf der Durchreise zu erkennen gegeben und ihn gefragt, wo es denn so Stockschilder gebe. Ob sie sich den Turm, die Türme, die mittelalterliche Innenstadt, deren Silhouette oder den Hund auf den Stock nageln wollte – unklar. Aber GHV-Chef Maier brachte das Erlebnis eine andere Erkenntnis.
„Wir sind vom Sortiment her noch nicht auf die Touristen eingestellt“, äußerte sich der EDEKA-Marktleiter selbstkritisch gegenüber der NRWZ. Touristen, deren Durchschnittsalter jenseits der 60 liege, wie Maier und der GHV herausgefunden haben. Menschen mit Interesse an Stockschildern, zum Beispiel. Aber auch an kleinen Mitbringseln, nicht an teuren: „Höherwertige Souvenirs wurden praktisch nicht nachgefragt, hingegen haben die Besucher Postkarten, Magnetschilder und Schlüsselanhänger gekauft, alles im Bereich 3 bis 5 Euro.“
So fasst der GHV in einem der NRWZ vorliegenden Protokoll seiner jüngsten Ausschusssitzung die Lage zusammen. Die Erfahrung hätten die zehn an der Turmhütte beteiligten Rottweiler Einzelhändler gemacht. Diese befindet sich am Testturm und soll Touristen anlocken.
Diese Leute hätten lediglich Turmmotive nachgefragt – das Interesse an klassischen Rottweiler Artikeln wie Schwarzes Tor, die Silhouette oder der Rottweiler Hund etwa auf einem Sofakissen sei gering gewesen.
Tagestouristen hätten Schnitt 25 Euro auszugeben, rechnet der Einzelhandelsverband vor und bezieht sich laut Maier damit auf einen deutschen Durchschnittswert. Bei 9 Euro Eintritt in den Turm und genau so viel für den Verzehr „wird es da für den Einzelhandel bei im Schnitt verbleibenden 7 Euro schon dünn“, schlussfolgert der GHV.
Und dann ist da noch das: „Die Erfahrung an der Turmhütte zeigte uns, dass am Freitag und Samstag schätzungsweise 80 Prozent der Turmbesucher mit einem Reisebus kommen“, so der GHV weiter. Deren Programm sei voll durchgetaktet – entweder sofortige Abfahrt zum nächsten Reiseziel oder eben eine Stadtführung in Rottweil. Rund 30.000 Personen hätten dies gemacht. Aber auch nach der Stadtführung sei die sofortige Abfahrt angesagt.
Schade für Rottweils Gastronomie: Ein Großteil der Bustouristen bringt laut GHV eigene Getränke und Verpflegung mit.
Doch hat der GHV auch noch ein bisschen Kritik an der bisherigen Arbeit der Stadtverwaltung parat: „Allgemein ist zu sagen, dass es bezüglich Infrastruktur (Besucherzentrum als Stichwort), Wegeführung in die Stadt und Schilder für Fußwege noch erhebliche Mängel gibt. Der Shuttlebus in die Stadt wurde auch nicht so toll angenommen, wobei die Bustouristen ja Ihren eigenen Bus haben und somit nicht auf den Shuttle zurückgreifen.“
Alles in Allem seien das subjektive Eindrücke, so Maier zur NRWZ. Der GHV befinde sich zudem weiter im Gespräch mit der Stadt. So beraten beide Seiten gerade über die Installation eines sogenannten City-Managers, der sich mit der gesamten Innenstadt unter ökonomischen Gesichtspunkten befassen, und daher in der Wirtschaftsförderung angesiedelt sein soll. Der GHV stellte hier eine finanzielle Beteiligung der organisierten Einzelhändler in Aussicht. Ziel sei „ein gesunder Mix aus Gastronomie, Handel, Dienstleistern, Turm, Hängebrücke, Handel und Gewerbe“, hieß es.