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    SWR-Sendung: Rottweil als Beispiel für „Lust und Frust in der Provinz“

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    Um Rottweil und andere kleinere Städte ging es jüngst in der Diskussionssendung „SWR 2-Forum“: Warum veröden viele? Und was braucht es für eine gute Zukunft? Rottweil war mit Thomas C. Breuer und Moderator Martin Hecht profiliert vertreten – und kam in der Bilanz gar nicht so schlecht weg.

    „Lust und Frust in der Provinz – haben unsere Kleinstädte eine Zukunft?“, war die Sendung provokativ überschrieben. Die Problembeschreibung, mit der der in Rottweil aufgewachsene Politologe und Autor Martin Hecht einstieg, klang fast noch düsterer: Der Handwerksbäcker durch die Back-Factory ersetzt, Einzelhandel auf dem Rückzug, Gasthäuser immer öfter geschlossen – im Herzen der Städte zunehmend gähnender Leerstand.

    Die Diskutanten widersprachen Hechts Bestandsaufnahme, die von tristen Eindrücken aus Rottweil inspiriert schien, nicht. Die Runde war sich einig: Kleine Städte stehen unter Druck. Sie drohen weiter an Attraktivität und Lebensqualität zu verlieren – und dauerhaft abgehängt zu werden.

    Leerstand – wie hier in der Hochbrücktorstraße – war eines der Probleme kleiner Städte, die in der Diskussionsrunde angesprochen wurden. Foto: al

    Dann aber war es mit dem Konsens auch rasch vorbei. Martina Löw, Soziologie-Professorin an der TU Berlin, etwa, wies darauf hin, dass auch größere Städte ähnliche Probleme haben – andererseits jedoch auch mehr Anziehungs-Faktoren in die Waagschale werfen können, etwa bei Arbeitsplätzen, Infrastruktur sowie Freizeit- und Kulturangeboten.

    Der gängigen Lesart, dass junge Leute in Großstädte abwandern, hielt Löw entgegen, dass Kleinstädte auch Zuzug erlebten. Etwa von jungen Familien, die es wegen horrender Immobilienpreise verstärkt hinaus aus den Großstädten ziehe. Von einer Abwanderung der jungen Altersgruppen könne man daher nicht sprechen.

    Was die Nutzung des öffentlichen Raums betrifft, der in kleinen Städten ja augenscheinlich ausblutet, hatte die Soziologin bemerkenswerte Forschungsergebnisse: Gerade junge sowie ältere Leute würden vermehrt den öffentlichen Raum nachfragen. „Es ist die mittlere Generation, die sich in die eigenen vier Wände zurückzieht“, erklärte Löw. Leider hat gerade diese Gruppe die Kaufkraft, die den Innenstädten guttäte.

    Löw machte als zentrales Problem kleiner Städte Uniformität aus: Überall finde man die gleichen Geschäfte und Ketten statt unterschiedlicher Angebote. „Dann gibt es auch keinen Wunsch mehr, stöbern zu gehen, dann kann man auch gleich im Internet einkaufen“, bilanzierte sie. Da nun konnte Thomas C. Breuer zumindest ein Stück weit mit Rottweil gegenhalten: Die Stadt habe unter anderem mit dem Kino in neuer, reger Trägerschaft, wieder mehr Anziehung gewonnen – gerade private Initiativen könnten also etwas bewegen und zu Unverwechselbarkeit beitragen.

    Legte sich für Rottweil ins Zeug: Thomas C. Breuer. Archiv-Foto: al

    Insgesamt war Breuer freilich weniger als Wahl-Rottweiler denn als in Europa und den USA vielgereister Verfasser von Büchern unter anderem über die Provinz sowie als Kabarettist gefragt. Er wies darauf hin, dass oft Einkaufszentren auf der grünen Wiese den Innenstädten das Wasser abgraben. Und für den Fachkräftemangel in der Gastronomie, der vielerorts zu Schließungen führt, wollte er die Wirte nicht aus der Verantwortung lassen: Diese zahlten oft so schlecht, dass die Jobs dort eben nicht attraktiv seien, argumentierte Breuer.

    Annett Steinführer vom Thünen-Institut für Lebensverhältnisse in ländlichen Räume in Braunschweig widersprach der These einer generellen Krise der Kleinstadt. Die Entwicklungen gingen weit auseinander. Auch kleine Städte schafften es, wieder anziehend zu werden, erklärte Steinführer. Als Beispiel nannte sie Bad Harzburg: Die Stadt sei wie viele Kurstädte in den Nullerjahren in eine tiefe Krise geraten, habe aber herausgefunden und sei nun erstaunlich belebt und attraktiv.

    Fragte mit viel Sympathie für kleinere Städte als Moderator nach erfolgversprechenden Strategien: Der in Rottweil aufgewachsene Martin Hecht. Archiv-Foto: al

    Moderator Martin Hecht, dem, wie auch Thomas C. Breuer, kleinere Städte erkennbar am Herzen liegen, wollte wissen, ob es ein Erfolgsrezept für kleine Städte gibt. Schnell wurde indes klar: Die eine, alle Probleme lösende Zauberformel gibt es nicht. Wovon beide Stadtforscherinnen zumindest abrieten, war ein Wettlauf um Sensationen: Da hinkten die Kleinstädte den urbanen Zentren meist hoffnungslos hinterher, bilanzierte Martina Löw.

    Schief gehe es außerdem oft – da waren sich Löw und Annett Steinführer ebenfalls einig – wenn sich Städte in die Hände von Beraterfirmen begäben und versuchten, vermeintliche Standards zu kopieren. Was aus diesen Büros komme, sei letztlich austauschbar.

    Erfolgschancen sahen die Forscherinnen vor allem dann, wenn Städte versuchten, eigene Potenziale und Besonderheiten zu stärken und sich bewusst zu machen. Es brauche die positive Erzählung davon, wer man sei und sein wolle. „Es gibt viele historische Kleinstädte mit Charakter, die in Landschaften eingebettet sind – da funktioniert die Erzählung vom Eigenen“, argumentierte Annett Steinführer.

    Kleine Städte brauchten für die Trendumkehr jedoch mehr als stimmige Narrative, unterstrich Soziologie-Professorin Löw: „Städte brauchen Unterstützung“, sagte sie – und meinte damit vor allem finanziellen Rückenwind.

    Als zentrale Ressource für Zukunftsfähigkeit machte die Runde abschließend den Faktor Identität aus – also Gefühle von Zugehörigkeit und Bindung, die auch dazu führen, dass sich Leute konstruktiv einbringen, engagieren. Und an dieser Stelle konnte Thomas C. Breuer natürlich darauf verweisen, dass Rottweil im Hinblick auf Identität geradezu leuchte – dank der Trumpfkarte Fasnet. Auf Martin Hechts Frage, was Städte ohne Fasnet denn tun sollten, hatte er freilich die eher laue Antwort, diese könnten sich in der eigenen Geschichte nach positiven Bezugspunkten umzuschauen.

    Bei allen negativen Beobachtungen war sich die Runde insgesamt einig: Für kleine Städte gibt es enorme Herausforderungen. Aber zum Niedergang verurteilt sind sie nicht. Sie haben reelle Chancen, lokale Lebenskultur erhalten und anziehend zu bleiben.

    Info: Die SWR-Sendung ist online hier aufrufbar:

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    Löw machte als zentrales Problem kleiner Städte Uniformität aus: Überall finde man die gleichen Geschäfte und Ketten statt unterschiedlicher Angebote. „Dann gibt es auch keinen Wunsch mehr, stöbern zu gehen, dann kann man auch gleich im Internet einkaufen“, bilanzierte sie. Da nun konnte Thomas C. Breuer zumindest ein Stück weit mit Rottweil gegenhalten: Die Stadt habe unter anderem mit dem Kino in neuer, reger Trägerschaft, wieder mehr Anziehung gewonnen – gerade private Initiativen könnten also etwas bewegen und zu Unverwechselbarkeit beitragen.

    Legte sich für Rottweil ins Zeug: Thomas C. Breuer. Archiv-Foto: al

    Insgesamt war Breuer freilich weniger als Wahl-Rottweiler denn als in Europa und den USA vielgereister Verfasser von Büchern unter anderem über die Provinz sowie als Kabarettist gefragt. Er wies darauf hin, dass oft Einkaufszentren auf der grünen Wiese den Innenstädten das Wasser abgraben. Und für den Fachkräftemangel in der Gastronomie, der vielerorts zu Schließungen führt, wollte er die Wirte nicht aus der Verantwortung lassen: Diese zahlten oft so schlecht, dass die Jobs dort eben nicht attraktiv seien, argumentierte Breuer.

    Annett Steinführer vom Thünen-Institut für Lebensverhältnisse in ländlichen Räume in Braunschweig widersprach der These einer generellen Krise der Kleinstadt. Die Entwicklungen gingen weit auseinander. Auch kleine Städte schafften es, wieder anziehend zu werden, erklärte Steinführer. Als Beispiel nannte sie Bad Harzburg: Die Stadt sei wie viele Kurstädte in den Nullerjahren in eine tiefe Krise geraten, habe aber herausgefunden und sei nun erstaunlich belebt und attraktiv.

    Fragte mit viel Sympathie für kleinere Städte als Moderator nach erfolgversprechenden Strategien: Der in Rottweil aufgewachsene Martin Hecht. Archiv-Foto: al

    Moderator Martin Hecht, dem, wie auch Thomas C. Breuer, kleinere Städte erkennbar am Herzen liegen, wollte wissen, ob es ein Erfolgsrezept für kleine Städte gibt. Schnell wurde indes klar: Die eine, alle Probleme lösende Zauberformel gibt es nicht. Wovon beide Stadtforscherinnen zumindest abrieten, war ein Wettlauf um Sensationen: Da hinkten die Kleinstädte den urbanen Zentren meist hoffnungslos hinterher, bilanzierte Martina Löw.

    Schief gehe es außerdem oft – da waren sich Löw und Annett Steinführer ebenfalls einig – wenn sich Städte in die Hände von Beraterfirmen begäben und versuchten, vermeintliche Standards zu kopieren. Was aus diesen Büros komme, sei letztlich austauschbar.

    Erfolgschancen sahen die Forscherinnen vor allem dann, wenn Städte versuchten, eigene Potenziale und Besonderheiten zu stärken und sich bewusst zu machen. Es brauche die positive Erzählung davon, wer man sei und sein wolle. „Es gibt viele historische Kleinstädte mit Charakter, die in Landschaften eingebettet sind – da funktioniert die Erzählung vom Eigenen“, argumentierte Annett Steinführer.

    Kleine Städte brauchten für die Trendumkehr jedoch mehr als stimmige Narrative, unterstrich Soziologie-Professorin Löw: „Städte brauchen Unterstützung“, sagte sie – und meinte damit vor allem finanziellen Rückenwind.

    Als zentrale Ressource für Zukunftsfähigkeit machte die Runde abschließend den Faktor Identität aus – also Gefühle von Zugehörigkeit und Bindung, die auch dazu führen, dass sich Leute konstruktiv einbringen, engagieren. Und an dieser Stelle konnte Thomas C. Breuer natürlich darauf verweisen, dass Rottweil im Hinblick auf Identität geradezu leuchte – dank der Trumpfkarte Fasnet. Auf Martin Hechts Frage, was Städte ohne Fasnet denn tun sollten, hatte er freilich die eher laue Antwort, diese könnten sich in der eigenen Geschichte nach positiven Bezugspunkten umzuschauen.

    Bei allen negativen Beobachtungen war sich die Runde insgesamt einig: Für kleine Städte gibt es enorme Herausforderungen. Aber zum Niedergang verurteilt sind sie nicht. Sie haben reelle Chancen, lokale Lebenskultur erhalten und anziehend zu bleiben.

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