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    Streik an Rottweiler Schule: Nach Kündigung von Lehrer verweigern Schüler den Unterricht

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    Rottweil. Nachdem ein offenbar beliebter Lehrer gehen soll, verweigern gut 50 Schülerinnen und Schüler an der Edith-Stein-Schule in Rottweil seit Dienstagmorgen die Teilnahme am Unterricht. Ein langes Gespräch zwischen ihnen und der Schulleiterin ergab keine friedliche Lösung. Der Streik wurde fort-, die Schulleiterin unter Druck gesetzt. Die streikenden Schüler, alles angehende Heilerziehungspflegerinnen und -pfleger, wollen die Hintergründe für die Kündigung des Lehrers erfahren. Nur: Sie werden die Gründe im Detail nicht erfahren können.

    Krise beeindruckenden Ausmaßes

    Alexandra Bayart ist seit gut zwei Monaten im Job der Leiterin eines der beiden Fachbereiche an der Edith-Stein-Schule in Rottweil. Jetzt hat sie eine Krise von beeindruckendem Ausmaß zu managen: Gut 50 Schülerinnen und Schülern ihrer Fachschule für Heilerziehungspflege – die Rottweiler Einrichtung bietet zwei Ausbildungsgänge – sind am Dienstagmorgen in den Ausstand getreten. Sie wollen die Weiterbeschäftigung eines offenkundig beliebten Lehrers erreichen. Zunächst versammeln sich die Streikenden mit ihren Plakaten vor Unterrichtsbeginn vor der Schule, dann im ersten Stock vor den Zimmern der Schulleitung. Mehrere von ihnen haben im Vorfeld die NRWZ informiert. Es gehe um den Protest gegen eine „unsoziale Kündigung“.

    Schulleiterin Bayart nimmt sich viel Zeit für die jungen Leute, alles Erwachsene, beantwortet ihre Fragen, sofern sie dies „kann, darf und möchte“, wie sie immer wieder erklärt. So wird man als Beobachter zwei Dinge sehen müssen, bei allem Verständnis für die Anliegen der Schüler: Die Entscheidung, den Lehrer nicht weiterzubeschäftigen, ist eine Personalangelegenheit. Darüber kann und darf Bayart nicht sprechen. Und über die Gründe, die zu der Entscheidung geführt haben, möchte sie vielleicht auch gegenüber Dritten keine Rechenschaft ablegen.

    Bis zum Streik wäre das zudem ein Vorgang gewesen, der unter den Begriff „interne Angelegenheit“ fällt. Zumal der Lehrer, um den es hier geht, unstreitig innerhalb seiner Probezeit an der Schule gekündigt worden ist. Eine ganz alltägliche Geschichte in der freien Wirtschaft. Wenn Arbeitgeber und -nehmer aus welchen Gründen auch immer nicht zusammenpassen, dann zieht man einen Schlussstrich. Dazu ist die Probezeit da.

    Aber: Es handelt sich bei den Edith-Stein-Schulen, die am Institut für soziale Berufe Stuttgart angesiedelt sind, um welche mit einem sehr christlichen Leitbild. „Grundlage unserer Arbeit ist das biblisch-christliche Menschenbild, das den Menschen als mit Würde und Einmaligkeit begabtes und zu Freiheit und Verantwortung berufenes Geschöpf sieht“, heißt es etwa. Es geht um Würde, um gegenseitige Achtung.

    Protest vor …

    … und in der Schule: Streik der Schülerinnen und Schüler. Edith-Stein-Schulleiterin Bayart ist bei diesem Protest allein auf weitem Flur. Foto: Peter Arnegger

    Die große Frage nach dem Warum

    Um ihre Beweggründe zu unterstreichen, überreicht eine der protestierenden Schülerinnen der NRWZ ein Blatt Papier, mehrfach gefaltet, mit Kugelschreiber beschrieben in einer sauberen, weiblichen Handschrift. Darauf steht:

    An unserer Schule werden wir ausgebildet mit dem Hintergedanken, dass wir jeden und jede so akzeptieren, wie er oder sie ist. Eine Fachschule für Heilerziehungspflege, in der man vor allem lernt, wie man besonders mit Menschen mit Assistenzbedarf umgeht, und wie man Lösungen für Probleme findet, sollte nicht unseren …* ohne jeglichen Grund oder Gespräch in der Probezeit kündigen. Dies ist unserer Meinung nach sehr umprofessionell.

    Oder kurz: Es geht den Schülerinnen und Schülern um die große Frage nach dem Warum – die eben nicht beantwortet werden kann.

    Und so versammeln sie sich vor der lindgrün gestrichenen Tür der Schulleiterin, dem Zimmer mit der Notfallnummer 112, und postulieren auf Plakaten: „Soziale Schule feuert sozialen Lehrer“, „Vertrauenslehrer wurde gegangen“, „Wir sind nicht HEPpy“, wobei HEP für Heilerziehungspflege steht, ein Wortspiel. Sie sind weiterhin anständige, höfliche junge Leute, schimpfen kaum durcheinander, warten Zwischenrufe anderer ab, bevor sie sich selbst mit einem zu Wort melden. Unterdessen geht der Unterricht weiter, der Reporter wird von ausnahmslos allen Passanten, ob noch ganz jung oder schon älter, angelächelt und freundlich gegrüßt. Ein ganz wunderbares Umfeld, wäre da nicht dieser Konflikt, dieser Streik.

    Allein auf dem weiten Flur

    Apropos Passanten: Schulleiterin Bayart hat keine Mitstreiterin, keinen Mitstreiter an ihrer Seite, sie steht allein auf dem weiten Flur den Protestierenden gegenüber. Die Lehrer gehen sanft lächelnd, aber seltsam unbeteiligt vorbei. Teils durch die Masse der Demonstrierenden hindurch. Man müsste doch meinen, dass eine solche Schule über Fachlehrkräfte verfügt, die einschreiten, wenn die Schüler in den Ausstand treten, die – so hätte man es früher gemacht – die jungen Leute erst zusammen-, dann rein ins Gebäude und schließlich ins Klassenzimmer treiben. Untermalt von Drohungen wie „Nachsitzen!“, „Eintrag ins Klassenbuch!“ oder „Rapport beim Rektor!“  Aber da sind sie alle ja schon, auch wieder wahr.

    Jedenfalls: Bayart muss diesen wirklich beeindruckenden Konflikt alleine lösen, niemand eilt ihr zu Hilfe, was für sich genommen schon einen gewissen Eindruck beim Beobachter hinterlässt. Die frischgebackene Schulleiterin, nach eigenen Angaben völlig überrumpelt vom Schülerprotest, hat dabei ihre liebe Not mit einer Erklärung. So sagt sie wiederholt: „Die Gründe sind gegeben und sie sind nicht durch mich zu verantworten.“ Nun, sie ist die Schulleiterin, also in der Verantwortung. Was sie meint, und es ist ein ganz feiner Unterschied: Sie setzt hier in ihrem Verantwortungsbereich etwas um, dessen Gründe in einer Zeit liegen, in der sie noch nicht die Verantwortung hatte. Sie habe jetzt die Situation eben zu handhaben und zu managen, sagt sie der NRWZ. Und: „Man macht mich zum Sündenbock.“ Sowie: „Ich bin jetzt zwei Monate im Amt. Kam hier an und muss einiges aufräumen.“

    Was die Schulleiterin mehr als unglücklich findet: Ganz offensichtlich versucht der Lehrer, dessen Probezeit nicht in ein dauerhaftes Arbeitsverhältnis führen, der zum Ende Juli gehen soll, die Schülerinnen und Schüler für sich einzunehmen. Er schreibt eine oder mehrere E-Mails an die jungen Leute. Aus dem Krankenstand heraus, in dem er sich seit der Kündigung befindet. Schreibt darin, so sagen es die Schüler, dass er selbst die Gründe für seine Entlassung nicht kenne. Und dass es keine Gespräche mit ihm gegeben habe.

    Ob das die Wahrheit ist? Oder ob er die jungen Leute instrumentalisiert, aufhetzt? Die Schülerinnen und Schüler glauben ihm jedenfalls und misstrauen der als streng wahrgenommenen Schulleiterin. Eines der Probleme für sie, dem sie mit aller Kraft und Geduld begegnet, sich viel Zeit nehmend für die Schüler und deren Anliegen. Ein weiteres Problem für sie: „Es wird jetzt innerhalb der Prüfungszeit massiv Stimmung gemacht“, sagt sie. Bis Ende Juni sind Prüfungen an der Schule anberaumt, eigentlich sollte eine andächtige, achtsame Stille im Haus herrschen. Ohnehin achten auch die wie kleine Gansterrapper gekleideten Kids auf diese Stille – keine Tür wird zugeworfen, man geht leise über den Gang, während der Unterricht läuft.

    Aber: „Ihre Aktion ist sichtbar, das haben Sie geschafft“, sagt sie den Schülerinnen und Schülern, die da vor ihr sitzen mit ihren Protestplakaten. Sie werde die Aktion weiter melden nach Stuttgart, an ihre Vorgesetzten, verspricht sie. Sie werde um eine Stellungnahme bitten. Sie werde sich nur nicht dazu zwingen lassen, das umgehend zu tun. Das werde Zeit benötigen, bittet Bayart um Verständnis. Den Konflikt befrieden kann sie damit freilich nicht. Er ist allenfalls vertragt.

    „Der Arbeitgeber merkt, es muss sein …“

    Zur Kündigung selbst lässt sich die Schulleiterin nur recht allgemein ein: So bestehe kein Hausverbot gegen den Lehrer und es sei keine fristlose Kündigung ausgesprochen worden. Das Arbeitsverhältnis dauere noch an. Es sei auch kein Schritt, den eine Schulleitung leichtfertig gehe: einen Fachlehrer zu kündigen, dessen Schulstunden, dessen Deputat dann ja vom verbliebenen Personal aufgefangen werden müsse.

    Aber: „Der Arbeitgeber merkt, es muss sein. Es handelt sich nicht um eine Laune“, sagt Bayart etwa. Und es fallen immer wieder Sätze wie dieser: „Personalentscheidungen, die nicht aus persönlichen, sondern anderweitigen Gründen getroffen werden, werden nie öffentlich diskutiert. Und das ist auch gut so.“ Oder: „Es gab Entwicklungen, die dafür gesorgt haben, dass die Entscheidung getroffen worden ist.“ Es seien „ausschließlich fachliche, sachliche Gründe. Es geht nicht darum, dass man ihn nicht mögen würde“,  fügt sie an und kann damit manch eine oder einen der Demonstranten überzeugen. Jedenfalls lösen sich aus der später wieder nach draußen abziehenden Gruppe der gut 50 zwei junge Frauen, die ganz persönlich mit Bayart reden wollen und denen sie ebenfalls zuhört und deren Fragen sie beantwortet, bis diese keine mehr zu haben scheinen.

    Im Übrigen, so Bayart zur NRWZ, glaube sie nicht, dass die Kündigung große Nachteile gebracht hätte für den betroffenen Lehrer. Solche würden händeringend gesucht.

    Schulleiterin unter Druck

    An diesem Morgen sind die Streikenden aber nicht bereit, zum Unterricht, zur Tagesordnung zurückzukehren. Vielmehr setzen sie die Schulleiterin weiterhin unter Druck. Die jungen Leute waren zwischenzeitlich draußen, hielten ihre Plakate in die sommerliche Sonne, sind nun zurückgekehrt in den ersten Stock vor die lindgrüne Tür. Und die Fachlehrer sind ganz offenkundig nicht willens, sich in den Konflikt einzumischen.

    Ob der mit der Weiterbeschäftigung des gekündigten Lehrers an der Rottweiler Edith-Stein-Schule endet? Unwahrscheinlich.

    [spacing size=“64″]

    Transparenzhinweis: Alexandra Bayart hat vor Jahren für den NRWZ-Verlag gearbeitet, war im Vertrieb und im Management beschäftigt. Sie und der Autor dieses Textes sind daher gut befreundet. Dies führt allerdings nicht zu einer Bevorzugung bei der Berichterstattung. 

    *Der Name des Betroffenen bleibt aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes ungenannt.

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    abcd
    abcd
    1 Jahr her

    Autor ist befreundet mit Schulleitung.
    Da kann man sich den voreingenommener Bericht auch sparen.

    ValArne
    ValArne
    Antwort auf  abcd
    1 Jahr her

    Ja, und wäre dieser Hinweis dazu nicht gekommen, wäre auch dieser sinnlose Kommentar nicht entstanden. Merkst was?
    Ist man transparent, wird es negativ ausgelegt. Ist man es nicht, dann sowieso. Also spare die vorgefertigte Meinung und lass den Kommentar. Er bringt nichts und trägt inhaltlich zum Bericht nichts bei. Soll lediglich eine Semi-Parteinahme des Autors implizieren. Während die Berichterstattung neutral ist. Also was soll das?

    Peter Arnegger (gg)
    Peter Arnegger (gg)
    … ist seit gut 25 Jahren Journalist. Seine Anfänge hatte er bei der Redaktion der “Schwäbischen Zeitung” in Rottweil, beim Schwäbischen Verlag in Leutkirch volontierte er. Nach einem Engagement bei der zu diesem Verlag gehörenden Aalener Volkszeitung wechselte Arnegger zur PC Welt nach München, einem auf Computer-Hard- und -Software spezialisierten Magazin. Es folgten Tätigkeiten in PR und Webentwicklung.2004, wieder in seiner Heimat angekommen, half Arnegger mit, die NRWZ aus der Taufe zu heben. Zunächst war er deren Chefredakteur, und ist zwischenzeitlich Geschäftsführer der NRWZ Verwaltungs GmbH – und als solcher der verantwortliche Journalist der NRWZ.Peter Arnegger ist 1968 in Oberndorf / Neckar geboren worden.

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    Krise beeindruckenden Ausmaßes

    Alexandra Bayart ist seit gut zwei Monaten im Job der Leiterin eines der beiden Fachbereiche an der Edith-Stein-Schule in Rottweil. Jetzt hat sie eine Krise von beeindruckendem Ausmaß zu managen: Gut 50 Schülerinnen und Schülern ihrer Fachschule für Heilerziehungspflege – die Rottweiler Einrichtung bietet zwei Ausbildungsgänge – sind am Dienstagmorgen in den Ausstand getreten. Sie wollen die Weiterbeschäftigung eines offenkundig beliebten Lehrers erreichen. Zunächst versammeln sich die Streikenden mit ihren Plakaten vor Unterrichtsbeginn vor der Schule, dann im ersten Stock vor den Zimmern der Schulleitung. Mehrere von ihnen haben im Vorfeld die NRWZ informiert. Es gehe um den Protest gegen eine „unsoziale Kündigung“.

    Schulleiterin Bayart nimmt sich viel Zeit für die jungen Leute, alles Erwachsene, beantwortet ihre Fragen, sofern sie dies „kann, darf und möchte“, wie sie immer wieder erklärt. So wird man als Beobachter zwei Dinge sehen müssen, bei allem Verständnis für die Anliegen der Schüler: Die Entscheidung, den Lehrer nicht weiterzubeschäftigen, ist eine Personalangelegenheit. Darüber kann und darf Bayart nicht sprechen. Und über die Gründe, die zu der Entscheidung geführt haben, möchte sie vielleicht auch gegenüber Dritten keine Rechenschaft ablegen.

    Bis zum Streik wäre das zudem ein Vorgang gewesen, der unter den Begriff „interne Angelegenheit“ fällt. Zumal der Lehrer, um den es hier geht, unstreitig innerhalb seiner Probezeit an der Schule gekündigt worden ist. Eine ganz alltägliche Geschichte in der freien Wirtschaft. Wenn Arbeitgeber und -nehmer aus welchen Gründen auch immer nicht zusammenpassen, dann zieht man einen Schlussstrich. Dazu ist die Probezeit da.

    Aber: Es handelt sich bei den Edith-Stein-Schulen, die am Institut für soziale Berufe Stuttgart angesiedelt sind, um welche mit einem sehr christlichen Leitbild. „Grundlage unserer Arbeit ist das biblisch-christliche Menschenbild, das den Menschen als mit Würde und Einmaligkeit begabtes und zu Freiheit und Verantwortung berufenes Geschöpf sieht“, heißt es etwa. Es geht um Würde, um gegenseitige Achtung.

    Protest vor …

    … und in der Schule: Streik der Schülerinnen und Schüler. Edith-Stein-Schulleiterin Bayart ist bei diesem Protest allein auf weitem Flur. Foto: Peter Arnegger

    Die große Frage nach dem Warum

    Um ihre Beweggründe zu unterstreichen, überreicht eine der protestierenden Schülerinnen der NRWZ ein Blatt Papier, mehrfach gefaltet, mit Kugelschreiber beschrieben in einer sauberen, weiblichen Handschrift. Darauf steht:

    An unserer Schule werden wir ausgebildet mit dem Hintergedanken, dass wir jeden und jede so akzeptieren, wie er oder sie ist. Eine Fachschule für Heilerziehungspflege, in der man vor allem lernt, wie man besonders mit Menschen mit Assistenzbedarf umgeht, und wie man Lösungen für Probleme findet, sollte nicht unseren …* ohne jeglichen Grund oder Gespräch in der Probezeit kündigen. Dies ist unserer Meinung nach sehr umprofessionell.

    Oder kurz: Es geht den Schülerinnen und Schülern um die große Frage nach dem Warum – die eben nicht beantwortet werden kann.

    Und so versammeln sie sich vor der lindgrün gestrichenen Tür der Schulleiterin, dem Zimmer mit der Notfallnummer 112, und postulieren auf Plakaten: „Soziale Schule feuert sozialen Lehrer“, „Vertrauenslehrer wurde gegangen“, „Wir sind nicht HEPpy“, wobei HEP für Heilerziehungspflege steht, ein Wortspiel. Sie sind weiterhin anständige, höfliche junge Leute, schimpfen kaum durcheinander, warten Zwischenrufe anderer ab, bevor sie sich selbst mit einem zu Wort melden. Unterdessen geht der Unterricht weiter, der Reporter wird von ausnahmslos allen Passanten, ob noch ganz jung oder schon älter, angelächelt und freundlich gegrüßt. Ein ganz wunderbares Umfeld, wäre da nicht dieser Konflikt, dieser Streik.

    Allein auf dem weiten Flur

    Apropos Passanten: Schulleiterin Bayart hat keine Mitstreiterin, keinen Mitstreiter an ihrer Seite, sie steht allein auf dem weiten Flur den Protestierenden gegenüber. Die Lehrer gehen sanft lächelnd, aber seltsam unbeteiligt vorbei. Teils durch die Masse der Demonstrierenden hindurch. Man müsste doch meinen, dass eine solche Schule über Fachlehrkräfte verfügt, die einschreiten, wenn die Schüler in den Ausstand treten, die – so hätte man es früher gemacht – die jungen Leute erst zusammen-, dann rein ins Gebäude und schließlich ins Klassenzimmer treiben. Untermalt von Drohungen wie „Nachsitzen!“, „Eintrag ins Klassenbuch!“ oder „Rapport beim Rektor!“  Aber da sind sie alle ja schon, auch wieder wahr.

    Jedenfalls: Bayart muss diesen wirklich beeindruckenden Konflikt alleine lösen, niemand eilt ihr zu Hilfe, was für sich genommen schon einen gewissen Eindruck beim Beobachter hinterlässt. Die frischgebackene Schulleiterin, nach eigenen Angaben völlig überrumpelt vom Schülerprotest, hat dabei ihre liebe Not mit einer Erklärung. So sagt sie wiederholt: „Die Gründe sind gegeben und sie sind nicht durch mich zu verantworten.“ Nun, sie ist die Schulleiterin, also in der Verantwortung. Was sie meint, und es ist ein ganz feiner Unterschied: Sie setzt hier in ihrem Verantwortungsbereich etwas um, dessen Gründe in einer Zeit liegen, in der sie noch nicht die Verantwortung hatte. Sie habe jetzt die Situation eben zu handhaben und zu managen, sagt sie der NRWZ. Und: „Man macht mich zum Sündenbock.“ Sowie: „Ich bin jetzt zwei Monate im Amt. Kam hier an und muss einiges aufräumen.“

    Was die Schulleiterin mehr als unglücklich findet: Ganz offensichtlich versucht der Lehrer, dessen Probezeit nicht in ein dauerhaftes Arbeitsverhältnis führen, der zum Ende Juli gehen soll, die Schülerinnen und Schüler für sich einzunehmen. Er schreibt eine oder mehrere E-Mails an die jungen Leute. Aus dem Krankenstand heraus, in dem er sich seit der Kündigung befindet. Schreibt darin, so sagen es die Schüler, dass er selbst die Gründe für seine Entlassung nicht kenne. Und dass es keine Gespräche mit ihm gegeben habe.

    Ob das die Wahrheit ist? Oder ob er die jungen Leute instrumentalisiert, aufhetzt? Die Schülerinnen und Schüler glauben ihm jedenfalls und misstrauen der als streng wahrgenommenen Schulleiterin. Eines der Probleme für sie, dem sie mit aller Kraft und Geduld begegnet, sich viel Zeit nehmend für die Schüler und deren Anliegen. Ein weiteres Problem für sie: „Es wird jetzt innerhalb der Prüfungszeit massiv Stimmung gemacht“, sagt sie. Bis Ende Juni sind Prüfungen an der Schule anberaumt, eigentlich sollte eine andächtige, achtsame Stille im Haus herrschen. Ohnehin achten auch die wie kleine Gansterrapper gekleideten Kids auf diese Stille – keine Tür wird zugeworfen, man geht leise über den Gang, während der Unterricht läuft.

    Aber: „Ihre Aktion ist sichtbar, das haben Sie geschafft“, sagt sie den Schülerinnen und Schülern, die da vor ihr sitzen mit ihren Protestplakaten. Sie werde die Aktion weiter melden nach Stuttgart, an ihre Vorgesetzten, verspricht sie. Sie werde um eine Stellungnahme bitten. Sie werde sich nur nicht dazu zwingen lassen, das umgehend zu tun. Das werde Zeit benötigen, bittet Bayart um Verständnis. Den Konflikt befrieden kann sie damit freilich nicht. Er ist allenfalls vertragt.

    „Der Arbeitgeber merkt, es muss sein …“

    Zur Kündigung selbst lässt sich die Schulleiterin nur recht allgemein ein: So bestehe kein Hausverbot gegen den Lehrer und es sei keine fristlose Kündigung ausgesprochen worden. Das Arbeitsverhältnis dauere noch an. Es sei auch kein Schritt, den eine Schulleitung leichtfertig gehe: einen Fachlehrer zu kündigen, dessen Schulstunden, dessen Deputat dann ja vom verbliebenen Personal aufgefangen werden müsse.

    Aber: „Der Arbeitgeber merkt, es muss sein. Es handelt sich nicht um eine Laune“, sagt Bayart etwa. Und es fallen immer wieder Sätze wie dieser: „Personalentscheidungen, die nicht aus persönlichen, sondern anderweitigen Gründen getroffen werden, werden nie öffentlich diskutiert. Und das ist auch gut so.“ Oder: „Es gab Entwicklungen, die dafür gesorgt haben, dass die Entscheidung getroffen worden ist.“ Es seien „ausschließlich fachliche, sachliche Gründe. Es geht nicht darum, dass man ihn nicht mögen würde“,  fügt sie an und kann damit manch eine oder einen der Demonstranten überzeugen. Jedenfalls lösen sich aus der später wieder nach draußen abziehenden Gruppe der gut 50 zwei junge Frauen, die ganz persönlich mit Bayart reden wollen und denen sie ebenfalls zuhört und deren Fragen sie beantwortet, bis diese keine mehr zu haben scheinen.

    Im Übrigen, so Bayart zur NRWZ, glaube sie nicht, dass die Kündigung große Nachteile gebracht hätte für den betroffenen Lehrer. Solche würden händeringend gesucht.

    Schulleiterin unter Druck

    An diesem Morgen sind die Streikenden aber nicht bereit, zum Unterricht, zur Tagesordnung zurückzukehren. Vielmehr setzen sie die Schulleiterin weiterhin unter Druck. Die jungen Leute waren zwischenzeitlich draußen, hielten ihre Plakate in die sommerliche Sonne, sind nun zurückgekehrt in den ersten Stock vor die lindgrüne Tür. Und die Fachlehrer sind ganz offenkundig nicht willens, sich in den Konflikt einzumischen.

    Ob der mit der Weiterbeschäftigung des gekündigten Lehrers an der Rottweiler Edith-Stein-Schule endet? Unwahrscheinlich.

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    Transparenzhinweis: Alexandra Bayart hat vor Jahren für den NRWZ-Verlag gearbeitet, war im Vertrieb und im Management beschäftigt. Sie und der Autor dieses Textes sind daher gut befreundet. Dies führt allerdings nicht zu einer Bevorzugung bei der Berichterstattung. 

    *Der Name des Betroffenen bleibt aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes ungenannt.

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