Bereits 2017 erlebte Bernhard Merz eine persönliche Niederlage, strich bis auf Weiteres, wie es damals hieß, ein Großprojekt in seiner Heimatstadt. Damals war es eine Herzensangelegenheit, die er nicht realisieren konnte – den Ausbau der ehemaligen Post zu einem Einzelhandelszentrum. Nun ist der Immobilieninvestor und -makler erneut brüskiert worden. Seine Pläne für eine Seniorenwohnanlage in der Rottweiler Altstadt lehnte der Bauausschuss am Mittwoch rundheraus ab. Und das, obwohl Merz‘ Pläne laut Bauamt die Vorschriften einhielten.
„Bauvoranfrage zum Neubau einer betreuten Seniorenwohnanlage, Armlederstraße“. Das sind die Titel, aus denen Sitzungen mit klaren Ansagen Rottweiler Stadträte entstehen können. Der Investor plane schlicht eine Wohnanlage für Bessergestellte, ätzte etwa Grünen-Stadträtin Ira Hugger. Er plane ein Projekt, das ihm maximalen Gewinn bringen solle, er plane es maximal kostenorientiert.
Sie und ihre Fraktion hätten sich ein Mehrgenerationenprojekt gewünscht, kritisierte Stadträtin Elke Reichenbach für die Fraktionsgemeinschaft SPD+FFR. Das vorgelegte Projekt sei „nicht mehr zeitgemäß.“
Schon da schritt Oberbürgermeister Ralf Broß ein, mahnte eine neutralere Wortwahl an. Und verwies darauf, dass dem Gemeinderatsausschuss eine Bauvoranfrage vorgelegt worden sei. „Wir haben nach den Kriterien der baulichen Art und Nutzung zu entscheiden“, so Broß. Und nannte die von den Stadträtinnen vorgetragenen Argumente „sachfremde Überlegungen“.
Aber auch weiteren Stadträten schien die Planung überdimensioniert. „Das ist städtebaulich eine einzige Katastrophe“, merkte etwa Reiner Hils, der ebenfalls für SPD+FFR im Gemeinderat sitzt, an. Er hielt sich damit nicht an die Anregung von OB Broß, doch bitte etwas zurückhaltender in der Wortwahl sein zu wollen. Ebenso Dr. Michael Gerlich von der FDP: „Es ist ein Riesenklotz, der da entstehen soll.“
Parkplatzprobleme – die Stadt fordert hier tendenziell eher wenige Stellplätze – , Hochwassergefahr – der Bau wird direkt an den Rand eines bestehenden Überschwemmungsgebiets geplant -, das sind weitere Punkte, die Stadträte, etwa Günter Posselt von der CDU, nachdenklich machten.
Gemeinderäte als die besseren Planer? Die Stadtverwaltung, das Bauamt versuchte, mit Argumenten gegenzuhalten. Das Hauptargument: Merz‘ Vorhaben hält sich an die Vorgaben etwa des Baugesetzbuchs. Und an die Vorschriften seitens des Umweltschutzamts zum Hochwasserschutz, nach jenen es jedenfalls nicht ablehnbar sei.
Die Verwaltung formuliert es so: „Im Ergebnis lässt sich aus planungsrechtlicher Sicht daher festhalten, dass das Vorhaben als zulässig betrachtet wird, da mit den Überschreitungen des Rahmens keine städtebaulichen oder beachtlichen bodenrechtlichen Spannungen begründet werden und das Vorhaben trotz seines Bauvolumens am geplanten Standort nicht rücksichtslos und mit negativer Vorbildwirkung in Erscheinung tritt.“
Ergo: „Das Vorhaben ist baurechtlich genehmigungsfähig.“
Darauf bezieht sich der Gemeinderat aber nicht. Er mag mehrheitlich das Projekt so nicht. Lothar Huber, der Fachbereichsleiter Bauen und Stadtentwicklung, fasste die Lage so zusammen: Es gebe eine „deutliche Stimmungslage im Gremium“. Man könne nun dem Investor sagen, dass planungsrechtlich alles okay ist, dass der Gemeinderat aber mehrheitlich dagegen sei. War er dann auch. Im Ausschuss mit acht zu drei Stimmen bei zwei Enthaltungen. Wie es scheint, entspricht die Stimmung einer Altstädter im Übrigen der des Stadtrats.
Das Vorhaben: Es ist beabsichtigt, auf den Baugrundstücken gegenüber der St. Pelagius-Kirche ein vorhandenes Doppelhaus abzubrechen und mit einer Wohnanlage für betreutes Seniorenwohnen wieder zu bebauen. Die dreigeschossig geplante Seniorenwohnanlage soll winkelförmig errichtet werden, sodass 18 Wohnungen jeweils nach Südwest und Nordwest ausgerichtet sind. Im vorderen Grundstücksbereich soll ein Bewohnertreff beziehungsweise ein Café – für die Bewohner – mit Freibereich zum Innenhof entstehen. In den zwei Geschossen über dem Bewohnertreff befindet sich jeweils eine weitere Wohneinheit. Die Wohnanlage soll mit einer
Tiefgarage für zehn Kfz-Stellplätze unterbaut werden. Oberirdisch sind weitere vier Kfz-Stellplätze geplant. Für manchen Stadtrat zu wenig.
Oder, wie FDP-Stadtrat Gerlich etwas abschätzig formulierte: „Da kommt so etwas heraus wie Zimmern-Downtown.“ OB Broß versuchte, dem die Schärfe zu nehmen: „Sie wollen doch Rottweil-Altstadt nicht mit Zimmern vergleichen.“ Er erntete Gelächter. In Zimmern hat Merz auch investiert – und gebaut.
Ob es dazu in der Altstadt kommt? Dass Merz baut? Unklar. Man stehe hier in einem Spannungsverhältnis, so der Oberbürgermeister. Die Verwaltung wolle nun mit dem Bauherrn noch mal ins Gespräch gehen.
2017 war das ebenfalls so. Damals zog Merz sich als Investor zurück.
Bedauerlich, dass der Gemeinderat sich doch tatsächlich die Bauanfragen anschaut. Ich (und ich glaube ich spreche für alle Rottweiler) hätte so gerne noch den 20. Supersportwagen mit RW-BM xxx auf Rottweils Straßen gesehen. Auch Bernhards eigene Tiefgarage in der Marx-/Stadtgrabenstraße hätte, soweit mir bekannt, noch Platz für die 20. Zuhälterkarre im weit 6stelligen Bereich.
19 Bonzenschlitten sind einfach nicht genug, das muss doch jeder bitte einsehen in diesem kleinkarierten Rottweiler Gemeinderat.
Schade. Sehr ärgerlich!
Schön ironisch formuliert. Es geht hier aus meiner Sicht allerdings mehr um den Ton, der bekanntlich die Musik macht.