Im Rahmen einer bewegenden Trauerfeier haben Menschen aus Stadt und Landkreis, hat die Familie und haben Freunde und Weggefährten am Samstag Abschied genommen von Dr. Winfried Hecht. Der Landkreis verneige sich vor dem Verstorbenen, sagte Landrat Dr. Wolf-Rüdiger Michel in seinem Nachruf. Die Stadt verneige sich vor einem großen Sohn, schloss sich Oberbürgermeister Dr. Christian Ruf an. Auch die Rottweiler Zünfte ehrten Hecht. Für sie erinnerte Zunftmeister Christoph Bechtold von der Narrenzunft an die überaus humorvolle Seite des Historikers.
„Er war Ehemann, Vater, Opa, Uropa, väterlicher Freund, ein Mensch mit vielen Beziehungen zu anderen Menschen.“ Wenngleich Dr. Winfried Hecht für seine Verdienste vor allem um Stadt und Landkreis in Erinnerung bleiben wird – Münsterpfarrer Timo Weber verwies einleitend auch auf die private Seite des Verstorbenen. Den er „unseren Bruder“ nannte. Dies an einem phasenweise sogar ein wenig sonnigen Samstagmorgen in der dann von Licht und Hoffnung durchfluteten Friedhofskapelle. Und dies vor einer großen Gemeinschaft an bekannten Persönlichkeiten aus Kommunalpolitik und dem Ehrenamt.
„Für unsere Stadt war er ein Glücksfall“, so Pfarrer Weber weiter. Hechts Wissen um die Geschichte Rottweils „war bewundernswert“, er habe jahrzehntelang das Narrenblättle herausgebracht, die Heimatblätter zudem, und für jede Zunft eine Broschüre. Zudem sei er ein „extrem humorvoller Mensch“ gewesen, „der sich nicht weggeduckt hat“, der auch zu inhaltlichen Diskussionen immer bereit gewesen sei. Eiun Mensch, der wissensdurstig gewesen sei – und der „in seinem Leben nichts geschenkt bekommen hat“.
Hecht verstarb am 17. Dezember 2024 83-jährig im Krankenhaus im Beisein zweier Töchter. Warum hunderte Menschen an seiner Trauerfeier teilnahmen, ergibt sich anteilig aus dem Beitrag „Dr. Winfried Hecht: eine Persönlichkeit, der Rottweil viel zu verdanken hat„, die Ausschnitte aus seinem Leben, aus seinem Wirken und Schaffen skizziert.
Nachrufe
Landrat Dr. Wolf-Rüdiger Michel sprach nach eigenen Angaben „für den Landkreis Rottweil, aber auch persönlich“. Auch der Kreistag und die Mitarbeiter der Behörde nach dem Tode Hechts trauerten mit, so Michel. Aktiv und kundig habe er etwa als Kreisrat an den Debatten teilgenommen. 1971 bis 2019 und 2020 bis 24 gehörte Hecht dem Gremium an. Er habe sich als „Kenner von Land und Leuten“ erwiesen, „on Beginn an aktiv dabei, den neu konfigurierten Landkreis zu formen“. Auch habe er viele wegweisende Entscheidungen mitgeprägt, primär im Bereich Schule und Soziales, „aber auch in den anderen Fragen der Kreispolitik haben wir uns gut verstanden“. Hecht habe als ausgewieser Historiker gewirkt, „der sich aber auch für die kleinen Aufgaben noch zu schade war“. Zudem habe sich der Verstorbene nicht nur für Grafen und Könige interessiert, sondern auch um die Lebensumstände der kleinen Leute gekümmert, den weniger privilegierten Menschen. Und: „Bei allen Verdiensten – Dr. Winfried Hecht hatte auch einen sehr feinen Humor“, sagte Michel, der sich als lanjährigen Weggefährten freundschaftlich verbunden mit Hecht sieht: „Er wird uns fehlen, ich werde ihn persönlich vermissen. Der Landkreis Rottweil verneigt sich heute vor Winfried Hecht.“
Dr. Christian Ruf erklärte als Oberbürgermeister von Rottweil: „Die Stadt Rottweil trauert um Dr. Winfried Hecht.“ Sein Wirken begegne einem an vielen Stellen in der Stadt. „Wir haben mit Hecht einen Menschen verloren, der für seine Arbeit gebrannt hat und der die Stadt geprägt und den Namen der Stadt weit über ihre Grenzen hinaus getragen hat.“ Als Archiv- und Museumsleiter und als Autor. Ein Mensch, der sich vor allem als Stadthistoriker verstand. Der außerdem in ungezählten ehrenamtlichen Positionen aktiv gewesen sei. „Seine Liebe galt seiner Heimatstadt, die er wie seine Westentasche kannte“, sagte Ruf. Auch wenn er nicht dem Mainstream folgte, „ein Wort, das ihm kaum über die Lippen kam“, ergänzte der OB und erntete in der ansonsten flüsterstillen Friedhofskapelle vernehmbare, amüsierte Zustimmung. „Die Stadt hat den Verstorbenen viel zu verdanken“, schloss Ruf seine Rede vor der Trauergemeinde. „Die Stadt Rottweil verneigt sich vor einem großen Sohn, möge er in Frieden ruhen.“ Da ist zu wissen, dass Hecht nicht in Rottweil, sondern in Stuttgart geboren worden ist, 1941, in Kriegszeiten. Doch wird, wer ihn nunmehr als sogenannten Reingeschmeckten bezeichnete, mutmaßlich aus der Stadt getrieben.
Berthold Kammerer erinnerte für die SPD-Kreistagsfraktion, den SPD-Orts- und den Kreisverband an Hechts Verdienste, der für die Partei auf kommunaler Ebene jahrzehntelang aktiv war. Für die Sozialdemokraten in Stadt und Kreis. Kammerer zeichnete das Bild eines beliebten Kommunalpolitikers. Hecht sei „ein vielfacher Impulsgeber“ gewesen, „ein echter Demokrat und für viele von uns ein Vorbild“, das weit über die Grenzen der Partei geachtet worden sei. Ein streitbarer Mensch, der aber immer auch zu Kompromissen bereit gewesen sei. „Mehrere Hundert Publikationen sind Zeugnis seiner Schaffenskraft“, verwies Kammerer auf die Lebensleistung Hechts. „Lieber Winfried, rufe in Frieden.“
Christoph Bechtold sah es als seine Aufgabe als Narrenmeister – und zugleich auch als Bewahrer von Tradition, wie auch Hecht einer war – an den humorvollen Mann zu erinnern. So sei Hecht jener Mann gewesen, der über das Original Rottweiler Narrenblättle am Schmotzigen Donnerstag vielen Leuten das erste Lächeln aufs Gesicht gezaubert habe. „Ein Mann, der uns mit seinem feinsinnigen und hintergründigen Humor oft erfreut und der viel auch für unsere Fasnet getan hat“, so Bechtold. Im Namen aller Ausschuss- und Ehrenmitglieder der Narrenzunft und im Namen des Viererbundes überbrachte der Narrenmeister der Trauerfamilie sein „tief empfundenes Beileid“. Hecht sei Historiker gewesen, mit großer Liebe zur Fasnet. „Er hat uns immer wieder auch gesagt, wie die Vergangenheit wirklich war, und nicht, wie wir sie vielleicht gerne gehabt hätten.“ Der Narrenmeister schloss mit den Worten: „Aus unserem Leben bist du gegangen, in unseren Herzen wirst du bleiben. Ruhe in Frieden.“
Für die Krämer- und Glaserzunft sprach, wie er sagte, der CDU-Stadtverbands-Beisitzer Michael Lacher. Die Zünfte der Stadt habe der Verstorbene mit viel fachlicher Expertise unterstützt. Die Zünfte, aber auch die Königlich Privilegierte Schützengilde ehrten den Verstorbenen mit ihren Fahnen, gaben ihm zudem das letzte Geleit von der Kapelle zur Grabstätte.
Der Vorsitzende des Rottweiler Geschichts- und Altertumsvereins (GAV), Dr. Harald Sellner, zitierte einen anderen für seinen besonders feinen Humor bekannten und ebenfalls verstorbenen Bürger der Stadt, Karl Lambrecht. Dieser habe gerne vom „Geschichts- und Hecht-Verein“ gesprochen, so Sellner. So habe es in der Stadt wohl kaum einen Verein gegeben, der dem Historiker Hecht „so am Herzen lag“. Sein Ehrenvorsitzender war er ab 2001. Hecht sei zudem ein Mensch gewesen, der Geschichte nicht nur über seine Bücher vermittelt habe, sondern auch als „brillanter Redner“ direkt seinen Zuhörern. Der GAV sei ihm zu größtem Dank verpflichtet, „ohne ihn wäre die Erforschung der Stadtgeschichte nicht so weit gediehen, wie sie ist.“
Eine einzelne Trompete zum Abschied
Nach der rund einstündigen Trauerfeier, bei der einige Teilnehmerinnen und Teilnehmer vor der Kapelle in der Kälte ausharren mussten, weil sie keinen Platz mehr drinnen bekommen haben, begleiteten die Menschen den verstorbenen Dr. Winfried Hecht zu seiner letzten Ruhestätte. Und als ein letzter Gruß an ihn erklang von einer einsamen, etwas abseits gespielten Trompete „Amazing Grace“, sehr einfühlsam vorgetragen von Volker Braun.
Und während die Trauernden Abschied nahmen, sich Stadt und Landkreis verneigten, strichen Sonnenstrahlen über den Rottweiler Stadtfriedhof. Auch ein letzter Gruß.