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    Spazierfreude mit Prachtausblick

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    In Pandemie-Zeiten ist der Spaziergang wieder zu einem Glanzpunkt des Wochenendes geworden. In und um Rottweil gibt es dazu tolle Möglichkeiten, gerade im Herbst. Den vielleicht schönsten Spazierweg kennt Guntram Vater wie seine Westentasche. Denn er hat ihn angeregt und schon Hunderten Interessierten gezeigt: Den (Achtung, Zungenbrecher!) Höllensteinsaumpfad-Panoramaweg.

    Schon erstaunlich: Lange wurde der Spaziergang als Rentner-Ding belächelt. Galt als lasch und uncool: Kein Schwitzen, das Leistung anzeigt, keine teuren Outfits und Geräte, mit denen man renommieren kann. Keine langen Fahrten oder Flüge, die unterstreichen, dass man sich da was Tolles leistet.

    Und nun: Gelten die (vermeintlichen) Schwächen plötzlich als Stärken! Provinz ist nicht mehr peinlich, sondern ein Identitäts-Schatz. Und Spazierengehen so herrlich entschleunigt und nachhaltig-klimaneutral.

    Was heute gehypt wird, hätte man mit kühlem Kopf freilich auch schon früher wissen und sich an den schönen Dingen vor der eigenen Haustür noch mehr freuen können. „Noch in den 1950er Jahren war es eine Sonntags-Attraktion am Höllenstein spazieren zu gehen“, erinnert sich im Gespräch mit der NRWZ Guntram Vater. Am Neckar wurde gepicknickt und gebadet. Lausbuben erkletterten die treffend „Löwenmaul“ genannte imposante Muschelkalk-Formation unterhalb der Karlsbrücke. Dann zog es die Leute vermehrt in die Ferne. Und im Nahbereich zu bleiben galt als verschnarcht.

    Unterm „Löwenmaul“ wurde einst mit Wonne gebadet. Foto: al

    Hinzu kam, dass die Ostansicht der Stadt zuwuchs. Bäume und Büsche verstellten den Blick auf das, was Kupferstecher und Maler schon seit Jahrhunderten fasziniert hatte. Auf das, was ab dem 19. Jahrhundert auch Fotografen vom Höllenstein her festhielten. Und als Schokoladenseite Rottweils zigtausendfach mit Ansichtskarten populär machten – dem Instagram früherer, nicht weniger bildsüchtiger Generationen.

    Historische Postkarten waren denn auch ein Zugang Guntram Vaters. Seit den Achtzigerjahren sammelt er diese Zeugnisse von Zeitschichten und Sehnsüchten. Tausende nennt er mittlerweile, gut sortiert, sein eigen – ein Bildgedächtnis Rottweils und der Region ganz eigener Art. Und auf vielen glänzt schon ab den 1880er Jahren die Kernstadt auf dem markanten Bergsporn über dem Neckar in ihrer ganzen Pracht. „Mit dieser Ansicht wurden etliche Reiseandenken, Vereins- und Firmenbriefköpfe sowie Werbeprospekte der Stadt geschmückt“, erzählt Guntram Vater.

    Wie gemalt: Historische neben aktueller Stadtansicht. Foto: al

    So reifte die Idee, dass man diese Ansicht, für die viele Rottweil bewundern, wieder freilegen, durch einen Rundpfad erschließen und noch dazu die aktuelle mit historischen Ansichten verknüpfen könnte. Zusammen mit dem Bürgerforum Rottweil und der Stadt gelang letztlich mit viel Engagement das Freischlagen, Aufstellen von Wegweisern und der Aufbau dreier Stelen, die alte Ansichten präsentieren.

    Will man den Pfad erkunden, bietet sich als Startpunkt entweder am Ende des Viadukts die Fußweg-Abzweigung vor der ehemaligen Gärtnerei oder der Parkplatz am Schützenhaus in der Au an. Richtung Osten gewinnt man von dort aus flott an Höhe und erblickt, wenn man sich umwendet, schon nach gut 300 Metern die geradezu klassische Stadtansicht. Geht man am Waldrand entlang etwas weiter, erreicht man rasch den Punkt, von dem aus etliche Maler und Fotografen die pittoreske Stadtsilhouette samt Neckar einfingen – wie von einem privilegierten Balkon, auf dem sich die ganze Stadt- und Naturbühne öffnet.

    Hier spürt man, was seit Generationen fesselt: Die Verdichtung von Historie, Kunstsinn, Tatkraft und Glaubenstiefe, von der das Panorama zeugt – bekrönt von Kapellen-, Hoch- und Münsterturm. Wenn dann noch, etwa am Sonntagmorgen, die Glocken von Heilig Kreuz rufen, fühlt man sich rasch um Jahrhunderte entrückt. Zumal sich kaum Verkehrslärm aufdrängt.

    Am Rand des Abhangs folgt man dem gesicherten Pfad zur Höllensteinquelle und einer Aussichtsplattform. Etwas weiter kreuzt man, nun mit Blick auf den Testturm, den Weg „Lebendige Industriekultur“. Schließlich geht es windungsreich zum Neckar hinunter, wo das Löwenmaul Ehrfurcht gebietet, ehe man an der Straße wieder in Richtung Stadt einfädelt.

    Die Lage am Neckar war lange ein Imagefaktor für Rottweil, der auf vielen Ansichtskarten idyllisch ins Bild gesetzt wurde. Foto: al

    Selbst wenn man es gemütlich angeht, wird man für die dreieinhalb Kilometer allenfalls zwei Stunden benötigen – ideal also für einen wunderbaren Spaziergang, der, gerade im steten Wechsel der Jahreszeiten und selbst wenn man ihn zum x-ten Mal gehen sollte, zweifellos der Glanzpunkt eines Wochenendes werden kann.

    Info: Für Radfahrer ist der Höllensteinsaumpfad-Panoramaweg nicht zugelassen. Flyer mit einer Karte und Informationen gibt es bei der Tourist-Information (Hauptstr. 21, Tel. 0741-494-280), die auch regelmäßig Führungen anbietet.

    Der Höllenstein-Panoramarundweg bietet unzähliche An- und Durchblicke. Foto: al
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    In Pandemie-Zeiten ist der Spaziergang wieder zu einem Glanzpunkt des Wochenendes geworden. In und um Rottweil gibt es dazu tolle Möglichkeiten, gerade im Herbst. Den vielleicht schönsten Spazierweg kennt Guntram Vater wie seine Westentasche. Denn er hat ihn angeregt und schon Hunderten Interessierten gezeigt: Den (Achtung, Zungenbrecher!) Höllensteinsaumpfad-Panoramaweg.

    Schon erstaunlich: Lange wurde der Spaziergang als Rentner-Ding belächelt. Galt als lasch und uncool: Kein Schwitzen, das Leistung anzeigt, keine teuren Outfits und Geräte, mit denen man renommieren kann. Keine langen Fahrten oder Flüge, die unterstreichen, dass man sich da was Tolles leistet.

    Und nun: Gelten die (vermeintlichen) Schwächen plötzlich als Stärken! Provinz ist nicht mehr peinlich, sondern ein Identitäts-Schatz. Und Spazierengehen so herrlich entschleunigt und nachhaltig-klimaneutral.

    Was heute gehypt wird, hätte man mit kühlem Kopf freilich auch schon früher wissen und sich an den schönen Dingen vor der eigenen Haustür noch mehr freuen können. „Noch in den 1950er Jahren war es eine Sonntags-Attraktion am Höllenstein spazieren zu gehen“, erinnert sich im Gespräch mit der NRWZ Guntram Vater. Am Neckar wurde gepicknickt und gebadet. Lausbuben erkletterten die treffend „Löwenmaul“ genannte imposante Muschelkalk-Formation unterhalb der Karlsbrücke. Dann zog es die Leute vermehrt in die Ferne. Und im Nahbereich zu bleiben galt als verschnarcht.

    Unterm „Löwenmaul“ wurde einst mit Wonne gebadet. Foto: al

    Hinzu kam, dass die Ostansicht der Stadt zuwuchs. Bäume und Büsche verstellten den Blick auf das, was Kupferstecher und Maler schon seit Jahrhunderten fasziniert hatte. Auf das, was ab dem 19. Jahrhundert auch Fotografen vom Höllenstein her festhielten. Und als Schokoladenseite Rottweils zigtausendfach mit Ansichtskarten populär machten – dem Instagram früherer, nicht weniger bildsüchtiger Generationen.

    Historische Postkarten waren denn auch ein Zugang Guntram Vaters. Seit den Achtzigerjahren sammelt er diese Zeugnisse von Zeitschichten und Sehnsüchten. Tausende nennt er mittlerweile, gut sortiert, sein eigen – ein Bildgedächtnis Rottweils und der Region ganz eigener Art. Und auf vielen glänzt schon ab den 1880er Jahren die Kernstadt auf dem markanten Bergsporn über dem Neckar in ihrer ganzen Pracht. „Mit dieser Ansicht wurden etliche Reiseandenken, Vereins- und Firmenbriefköpfe sowie Werbeprospekte der Stadt geschmückt“, erzählt Guntram Vater.

    Wie gemalt: Historische neben aktueller Stadtansicht. Foto: al

    So reifte die Idee, dass man diese Ansicht, für die viele Rottweil bewundern, wieder freilegen, durch einen Rundpfad erschließen und noch dazu die aktuelle mit historischen Ansichten verknüpfen könnte. Zusammen mit dem Bürgerforum Rottweil und der Stadt gelang letztlich mit viel Engagement das Freischlagen, Aufstellen von Wegweisern und der Aufbau dreier Stelen, die alte Ansichten präsentieren.

    Will man den Pfad erkunden, bietet sich als Startpunkt entweder am Ende des Viadukts die Fußweg-Abzweigung vor der ehemaligen Gärtnerei oder der Parkplatz am Schützenhaus in der Au an. Richtung Osten gewinnt man von dort aus flott an Höhe und erblickt, wenn man sich umwendet, schon nach gut 300 Metern die geradezu klassische Stadtansicht. Geht man am Waldrand entlang etwas weiter, erreicht man rasch den Punkt, von dem aus etliche Maler und Fotografen die pittoreske Stadtsilhouette samt Neckar einfingen – wie von einem privilegierten Balkon, auf dem sich die ganze Stadt- und Naturbühne öffnet.

    Hier spürt man, was seit Generationen fesselt: Die Verdichtung von Historie, Kunstsinn, Tatkraft und Glaubenstiefe, von der das Panorama zeugt – bekrönt von Kapellen-, Hoch- und Münsterturm. Wenn dann noch, etwa am Sonntagmorgen, die Glocken von Heilig Kreuz rufen, fühlt man sich rasch um Jahrhunderte entrückt. Zumal sich kaum Verkehrslärm aufdrängt.

    Am Rand des Abhangs folgt man dem gesicherten Pfad zur Höllensteinquelle und einer Aussichtsplattform. Etwas weiter kreuzt man, nun mit Blick auf den Testturm, den Weg „Lebendige Industriekultur“. Schließlich geht es windungsreich zum Neckar hinunter, wo das Löwenmaul Ehrfurcht gebietet, ehe man an der Straße wieder in Richtung Stadt einfädelt.

    Die Lage am Neckar war lange ein Imagefaktor für Rottweil, der auf vielen Ansichtskarten idyllisch ins Bild gesetzt wurde. Foto: al

    Selbst wenn man es gemütlich angeht, wird man für die dreieinhalb Kilometer allenfalls zwei Stunden benötigen – ideal also für einen wunderbaren Spaziergang, der, gerade im steten Wechsel der Jahreszeiten und selbst wenn man ihn zum x-ten Mal gehen sollte, zweifellos der Glanzpunkt eines Wochenendes werden kann.

    Info: Für Radfahrer ist der Höllensteinsaumpfad-Panoramaweg nicht zugelassen. Flyer mit einer Karte und Informationen gibt es bei der Tourist-Information (Hauptstr. 21, Tel. 0741-494-280), die auch regelmäßig Führungen anbietet.

    Der Höllenstein-Panoramarundweg bietet unzähliche An- und Durchblicke. Foto: al
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