„Krummes Holz“ rückt der Künstler Jörg Obergfell in der Sommer-Ausstellung des Forum Kunst ins Sichtfeld. Es geht um Natur – und vielleicht mehr noch um den Menschen. Die Schau ist nur dieses Wochenende noch zu sehen.
Als „schön“ kann man wenig bezeichnen, was derzeit im Bürgersaal zu entdecken ist. Zumindest im vordergründig-konventionellen Sinne. Bruchstücke einer abgewrackten Hütte begrüßen am Eingang – irgendwo rinnt, als ob das Dach undicht wäre, sogar Wasser heraus.
Auf der Empore reckt sich ein Raster aus groben Stämmen zur Decke – halb Sperre, halb Durchgang. Und vor allem in der Pose eines widerständigen Kontrapunkts zum weißgetünchten, ausgeräumten Forumssaal, der zuverlässig die Aura bürgerlicher Kunstrezeption beisteuert. Auch eine Fotoserie mit Aufnahmen einer Hütte aus Altholz fügt sich in dieses Bild.
Auf Braves, Gefälliges wird man bei einem Besuch dieser Ausstellung kaum stoßen. Am geschmeidigsten ist noch ein Video-Gang durch ein verschneites Waldstück. Wobei Naturverfechter entgegnen könnten, das „Krumme“ fehle und dieser „Wald“ mit lauter kerzengeraden Nadelhölzern sei eigentlich eher eine monotone Plantage.
Es ist das Schroffe, Unbehauene, sichtbar schon Benutzte, das Jörg Obergfell in dieser Schau ins Sichtfeld rückt – und dabei im Wortsinne viel „krummes Holz“ präsentiert. Das irritiert. Und schärft doch den Blick dafür, wie sehr man – gerade wenn es um Konsum und Annehmlichkeiten geht – auf eine Ästhetik des Neuen, Glatten, konventionell „Schönen“ geeicht ist.
Dieser Gewohnheit hält der 1976 in St. Georgen geborene Jörg Obergfell ein radikales Plädoyer für das „Krumme“, das eben nicht zurecht Gehobelte, das vom Leben schon Gezeichnete entgegen. Das weist hin auf Fragen des Umgangs mit Ressourcen – beim Holz und darüber hinaus. Aber auch auf die Frage, was gesellschaftlich als attraktiv angesehen wird. Oder irgendwann keine Beachtung mehr findet – ein Muster, das sich letztlich auch im Umgang mit Menschen findet.
So lässt Jörg Obergfells „krummes Holz“ auch an ein Zitat des Philosophen Immanuel Kant denken. Er verstand den Menschen an sich als „krummes Holz“ – als Wesen, das man nicht nach Idealen zurechtzimmern kann. Sondern das eben so ist, wie es ist: Widersprüchlich, eigensinnig, zum Guten wie zum Schlechten imstande. Vielleicht heißt „krumm“ sein in diesem Sinne auch: menschlich sein.
Info: Die Ausstellung „So krummes Holz“ im Forum Kunst Rottweil (Friedrichsplatz 4) ist heute und morgen noch jeweils von 10 bis 13 sowie 14 bis 17 Uhr zu sehen.