Solaranlagen auf die Dächer: Rottweils Grüne wollen Bauvorschriften lockern

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ROTTWEIL. Die Rottweiler Grünen wollen die strengen Rottweiler Bauvorschriften ändern. Und zwar dahin gehend, dass künftig Solaranlagen auf die historischen Dächer kommen können. Bislang sind diese Sonnenkollektoren schlicht unzulässig. Einen entsprechenden Antrag haben sie nun gestellt. Sie wüssten, dass sie an einem Tabu rührten und erwarteten heftige Diskussionen, teilen die Grünen mit.

„War das ein Ringen! Viele Jahre lang tauschten wir immer mal wieder die Argumente für und gegen das Verbot von Solaranlagen in den örtlichen Bauvorschriften aus“, beginnen die Rottweiler Grünen ihre Pressemitteilung. Auch das Herz habe mitgeredet. In der jüngsten Fraktionssitzung fiel schließlich die Entscheidung für einen Antrag, Solaranlagen in der historischen Innenstadt nicht länger auszuschließen. Die Grünen wissen nach eigenen Angaben, dass sie damit an einem Tabu rühren und rechnen mit heftigen Diskussionen. „Unsachliche Shitstorms“ hielten sie aber für unangebracht. Gehe es doch „um ein ernsthaftes Problem: den Zielkonflikt zwischen Denkmal- und Klimaschutz.“

Wieso klärte sich die Meinung in der Gemeinderatsfraktion? In ihrer Begründung verweist sie zunächst auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das mehr Ehrgeiz im Klimaschutz fordert. Klimaschutz habe Verfassungsrang und müsse auch die Freiheitsrechte nachfolgender Generationen sichern. Auch die Bundesgesetzgebung verlangt neuerdings energischeres Handeln, denn der Ausbau erneuerbarer Energien liege „im überragenden öffentlichen Interesse“. Sie zieht damit eine Konsequenz aus dem brutalen Angriffskrieg gegen die Ukraine, erklären die örtlichen Grünen. Denn es gelte nun, sich von der Abhängigkeit von fossilen russischen Energieimporten befreien.

Angesichts dieser politischen Großwetterlage stehen die „Örtlichen Bauvorschriften für den historischen Stadtkern von Rottweil“ nach Ansicht der Grünen nicht im Einklang mit der vielzitierten Zeitenwende. Lauten diese doch etwa: „Sonnenkollektoren oder ähnliche Anlagen sind unzulässig“. Der Denkmalschutz rangiert demnach klar über dem Klimaschutz. Die Ministerin für Landesentwicklung und Wohnen, Nicole Razavi (CDU), hat sich im vergangenen Juli in ihren „Leitlinien: PV-Anlagen und Denkmalschutz“ in diesem Zielkonflikt jedoch anders positioniert: Die Errichtung einer Solaranlage auf Kulturdenkmalen ist zwar weiterhin eine Einzelfallentscheidung und bedarf einer denkmalschutzrechtlichen Genehmigung. Diese ist jedoch – unter gestalterischen Auflagen – „regelmäßig zu erteilen“.

In solch einer Änderung der Bauvorschriften sehen die Grünen „keinen Wildwuchs drohen, der Rottweils Dachschönheiten verschandelt“. Die Zahl der geeigneten Flächen sei ohnehin bescheiden. Auch setze die Statik Grenzen. Und der Denkmalschutz werde nicht ausgehebelt, argumentieren sie. Denn weiterhin gete, was die Grünen in ihrem Antrag betonen: „Unser Stadtbild besitzt einen unschätzbaren kulturellen Wert. Prägend und faszinierend ist dabei auch unsere vielgestaltige Dachlandschaft mit ihren zum Teil jahrhundertealten Ziegeln.“ Inzwischen gebe es aber PV-Module, die sich technisch und farblich verträglicher in denkmalgeschützte Gebäude integrieren lassen. Andere Städte wie Villingen, Schiltach, Konstanz, Wangen im Allgäu, deren Bewohnerinnen und Bewohner vergleichbar stolz und geschichtsbewusst wie Rottweil seien und ihre Dachlandschaft ebenso liebevoll pflegten, ließen Solaranlagen unter Auflagen schon länger zu.

Eine zeitgemäße Überarbeitung der Bauvorschriften ist in den Augen der Grünen ein vernünftiger Kompromiss zwischen Klima- und Denkmalschutz: „Anstelle eines rigorosen Verbots gewährt diese Anpassung Eigentümern die Freiheit, geeignete Flächen solarenergetisch zu nutzen. Nicht zügellos, sondern rücksichtsvoll gegenüber dem historischen Erscheinungsbild.“

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NRWZ-Redaktion
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